Zuckerblut
telefoniert. Die haben das Original archiviert und werden es uns gleich mal ...«
Das Faxgerät neben Sternbergs Schreibtisch begann zu rattern.
»Genau, da kommt es schon. Für einen ersten Vergleich von Schriftbild und Unterschrift dürfte ein Fax ja genügen. Der Verlag dieser Fachzeitschrift sitzt übrigens hier in Karlsruhe. Vielleicht können Sie noch eine Streife hinschicken, um die Originale abzuholen.«
Oskar Lindt nickte: »Das ging aber fix!«, goss dem Staatsanwalt seinen speziell für ihn reservierten Kaffeebecher voll und gab den Kurierauftrag an die Schutzpolizei weiter.
Dann nahm er die eben eingetroffenen fünf Blätter aus dem Faxgerät und verglich sie aufmerksam mit dem Text auf der Einäscherungsverfügung. Der Staatsanwalt und die beiden Kripo-Kollegen beugten sich auch über die Seiten und studierten abwechselnd den Artikel zum Thema Erbrecht und das aus der Friedhofsverwaltung stammende Schriftstück.
»Hier«, Paul Wellmann zeigte mit der Spitze eines Bleistiftes an mehreren Stellen der Texte auf ein ›u‹, dessen kleiner oberer Querstrich an der linken Seite fehlte. »Das kleine ›u‹ sieht in beiden Texten gleich beschädigt aus. An diesem Buchstaben kann man zweifelsfrei erkennen, dass sie mit derselben Maschine getippt worden sind.«
Jan Sternberg nahm noch eine Lupe zu Hilfe, betrachtete das ›u‹ und wies dann auf ein großes ›T‹, das an seinem unteren Rand unvollständig war. »Diese beiden Schreibmaschinentypen sind sicherlich im Lauf der Zeit abgenutzt worden oder mal beim Verkanten abgebrochen. Auf jeden Fall stimmen die Schriftbilder überein.«
»Also«, fasste Staatsanwalt Conradi zustimmend zusammen, »können wir davon ausgehen, dass die Anweisung zur Feuerbestattung doch keine Fälschung ist. Auch die Unterschrift des Richters sieht wirklich echt aus. Schade, diesen Baumbach hätte ich gar zu gerne mal drangekriegt.«
Resigniert zuckten Paul Wellmann und Jan Sternberg mit den Schultern, doch ihr Chef wollte noch nicht so schnell aufgeben.
Lindt nahm die Pfeife aus dem Mund und schaute in Richtung des ›Kurzen‹. »Wenn ich mich recht an unser Telefongespräch erinnere, Herr Conradi, dann haben Sie sich doch schon öfter darüber geärgert, dass dieser Anwalt offensichtlich gekaufte Zeugen und gefälschte Beweismittel präsentierte, nur beweisen konnten Sie es ihm bisher nicht.«
Heftig zustimmend nickte der Staatsanwalt: »Es lag schon ein paar Mal quasi auf der Hand, dass die ganze Vorstellung getürkt war, aber so sehr wir uns auch bemühten, der Nachweis dafür war nicht zu erbringen. Dieser Baumbach hat sich dabei schön ins Fäustchen gelacht.«
»Mal sehen«, antwortete der Kommissar und nahm den Telefonhörer in die Hand. »Es kann ja sein, dass die Verfügung mit derselben Schreibmaschine getippt worden ist, wie dieser Artikel hier. Das besagt aber noch gar nichts, denn die Schreibmaschine seines Onkels hatte der Anwalt ja zur Verfügung.«
Er zeigte auf die Unterschrift des alten Richters.
»... sieht zwar täuschend echt aus, aber wenn man nur lange genug übt ... Die Schulzeit liegt bei mir ja schon einige Jahrzehnte zurück, aber ich erinnere mich an einen meiner Klassenkameraden. Der hatte ein solches Geschick in der Hand, dass er die Schriftzüge sämtlicher Lehrer und seiner Eltern perfekt nachmachen konnte. Die Unterschrift des alten Baumbach auf dieser Verfügung sieht zwar wirklich echt aus, das gebe ich gerne zu, aber das alles besagt für mich noch gar nichts.«
Es war Lindts immer grimmiger werdendem Tonfall anzumerken, dass er diesen halbkriminellen Anwalt auf jeden Fall zur Strecke bringen wollte. »Ein Element hier wird uns aber auf jeden Fall verraten, ob der Richter wirklich selbst bestimmt hat, im Krematorium zu enden.«
Unter den ungläubigen Blicken seiner Kollegen wählte Lindt eine Nummer, schaltete sein Telefon auf Mithören und begrüßte gleich darauf einen alten Bekannten: »Hallo Ludwig, hier spricht die Abteilung für Mord und Totschlag.«
Noch ehe eine Antwort kam, war allen im Raum sofort klar, dass sich Ludwig Willms, der Leiter der Kriminaltechnik am anderen Ende der Leitung befinden musste.
»Aha«, tönte es flapsig aus dem Lautsprecher, »wie üblich, die Herren kommen nicht weiter und wir vom Labor sind mal wieder die letzte Rettung. Habt ihr denn den Mörder eurer Krankenschwester immer noch nicht gefunden? Ich möchte nur wissen, wofür ihr überhaupt bezahlt werdet.«
»Also bitte, lieber Ludwig, wir
Weitere Kostenlose Bücher