Zuckerblut
Faserstift.«
Der Kriminaltechniker ging zurück zu seinem Computer und zeigte auf einige weitere Internet-Artikel. »In der Schweiz haben sie zum Beispiel im Jahr 2000 einmal festgestellt, dass man das Alter von ›Schreib-Einfärbungsmitteln‹ nicht angeben könne. Allerdings ging es da um eine vergleichende Untersuchung. Das LKA Bayern und auch verschiedene private Labore dagegen behaupten, es wäre möglich, das Alter von Dokumenten herauszufinden. Alles in allem finde ich hier recht widersprüchliche Angaben und denke deshalb, wir bringen das Schreiben mal schnell nach Stuttgart und legen es dort den Spezialisten vor.«
Lindt war einverstanden und nach einem kurzen Telefonat mit der zuständigen Abteilung des Landeskriminalamtes meldete er sich bei der Zentrale, um einen Wagen zu bestellen.
»Leider alle Mann im Einsatz«, war die Antwort. Frühestens am Nachmittag würde die Kurierfahrt möglich sein, so dass der Kommissar entweder warten oder jemanden aus der eigenen Ermittlungsgruppe beauftragen musste.
Er entschied sich dafür, selbst zu fahren, damit seine beiden Mitarbeiter ihre begonnenen Arbeiten nicht unterbrechen mussten.
»Außerdem«, verabschiedete er sich von Ludwig Willms, »kann ich ja vielleicht den Spezialisten dort ein wenig über die Schulter schauen.«
»Versprich dir nicht zu viel, Oskar. Beim LKA sind sie etwas eigen, da kannst du nicht gerade ins Allerheiligste reinspazieren, wie hier bei mir. Die lassen sich nicht gern bei der Arbeit beobachten.« Und hinter vorgehaltener Hand fuhr er fort: »Halten sich eben für was Besseres.«
16
Tatsächlich kam es so, wie Willms vorhergesagt hatte. Lindt übergab die Unterlagen, die Verfügung über Feuerbestattung und die Originale des juristischen Fachaufsatzes an den zuständigen Sachbearbeiter. Der machte sich ein paar Notizen und erklärte in eher emotionslosem Ton, man würde sich darum kümmern und wieder Bescheid geben. Der Kommissar versuchte noch die Wichtigkeit der Untersuchung zu betonen, bekam aber nur die kühle Antwort, dass beim LKA alle Angelegenheiten wichtig wären.
»Eins nach dem andern«, meinte der Beamte und erhob sich, um das Gespräch zu beenden und den Karlsruher zur Tür zu bringen.
Ernüchtert stieg der wieder in seinen weinroten Citroën und trat die Rückfahrt an. ›Nein‹, sprach er halblaut vor sich hin und schüttelte den Kopf, ›ob die auch so richtig mit kriminalistischem Herzblut bei der Arbeit sind?‹
Die Fahrerin eines Ford Fiesta hatte das kleine Selbstgespräch des Kommissars wohl beobachtet und schaute ihn kopfschüttelnd mit einem eindeutigen Gesichtsausdruck an.
Nichts wie heim, nahm er sich vor und gab Gas.
Das Autobahnkreuz Stuttgart und auch das Leonberger Dreieck passierte er trotz starkem Verkehrsaufkommen recht zügig, aber kurz nach Pforzheim-West erwischte es ihn dann doch. Der Verkehrsfunk in Lindts Lieblingssender SWR 4 hatte bisher keine Störung gemeldet und dennoch war die Autobahn dicht. Über Funk bekam er schnell Klarheit. Kurz vor der Ausfahrt Karlsbad waren zwei Lkw beim Überholen kollidiert. Einer davon blockierte nun querliegend sämtliche Fahrbahnen. Personenschaden hatte es nicht gegeben und die Kollegen von der Autobahnpolizei waren gerade dabei, die Bergung zu organisieren.
Der Kommissar stellte den Motor ab. Er schätzte, dass bis zur Unfallstelle mindestens fünf Kilometer Vollstau vor ihm lagen und fügte sich in sein Schicksal.
Er senkte beide Seitenscheiben und tastete an die Taschen seiner Jacke. Glücklicherweise fühlte er die Tabaksdose und zwei Pfeifen. ›Also etwas Zeit, um nachzudenken‹, nahm er die unfreiwillige Pause positiv und begann den gepressten Navy-Flake-Tabak zu zerkrümeln.
Es war schon kurz nach zwölf und sein Magen meldete sich, aber leider saß er wie mehrere tausend anderer Fahrzeuge auch in diesem Stau fest. Er hätte natürlich das Magnet-Blaulicht aufsetzen und sich mit Sondersignal eine Gasse bahnen können, aber den Kollegen vorne an der Unfallstelle dann irgendeine erfundene Geschichte zu erzählen, warum es dem Kripo-Kommissar aus Karlsruhe so pressiert, war gar nicht Lindts Stil. Geglaubt hätte es wahrscheinlich doch keiner und vielleicht gab es ja überhaupt kein Durchkommen, bis die Lkws geborgen waren. Er malte sich die Blamage aus, erst mit Tatü-Tata durch zu fahren und dann doch noch warten zu müssen. Die Gesichter der grinsenden und achselzuckenden Kollegen vom Autobahnrevier wollte er sich lieber
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