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Zuckerblut

Zuckerblut

Titel: Zuckerblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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seine zahllosen Ermittlungserfolge ins Gedächtnis zurück, wurde aber dennoch immer nervöser. Er fühlte sich gefangen in diesem Fall, eingeengt durch die Sackgasse, in der er mit seiner Arbeit steckte – genauso gefangen wie in diesem verd... Stau!
    Er musste raus, sofort hier heraus!
    Reflexartig warf er seine Pfeife in den offenen Aschenbecher, riss, ohne sich umzublicken die Fahrertüre auf und stieg, nein, er sprang auf die Straße. Die erschrockenen Blicke der Familie aus dem Opel hinter ihm sah er glücklicherweise nicht, aber irgendwie fühlte er sich gleich besser, als er aufrecht stand und tief durchatmen konnte. Er drehte sich so, dass die Sonnenstrahlen des Frühlings seinen Rücken wärmten, lehnte sich an den Wagen und schloss für zehn oder zwanzig Sekunden die Augen.
    Vielleicht brauchte er ja auch Abstand zu dem Fall, Distanz zu seiner Ermittlungsarbeit, Entfernung, um einen anderen Blickwinkel zu bekommen.
    ›Oskar, wo bleiben deine unkonventionellen Methoden, auf die du doch selbst so stolz bist?‹
    Lindt ging einige Meter nach vorne, als wenn er das Ende des Staus sehen wollte. Nein, das Ende, die Lösung war noch lange nicht in Sicht, aber der Gedanke, dass eine andere Perspektive nötig wäre, eine Zäsur, um an einer neuen Stelle wieder frisch ansetzen zu können, bohrte sich tiefer und tiefer in sein Gehirn.
    ›Morgen ist Freitag‹, überlegte er. Ein verlängertes Wochenende vielleicht? Ob seine Frau wohl frei bekommen könnte? Aber wohin?
    Er schaute nach Süden, ahnte die dunklen tiefen Wälder des Schwarzwaldes und fühlte, dass er dorthin musste.
    »Ganz nach oben, Oskar«, antwortete Carla, die er vom Handy aus umgehend anrief. Sie war für spontane Unternehmungen immer zu begeistern und wusste auch sofort, wohin der Wochenendtrip gehen sollte: »Schwarzwaldhochstraße, ›Schliffkopfhotel‹, mal auf alles herunterblicken. Tolle Aussichten hat der Orkan ›Lothar‹ dort vor ein paar Jahren geschaffen. Gemütlich wandern, sich verwöhnen lassen und natürlich gut essen. Das wäre genau das Richtige, damit du auf andere Gedanken kommst.«
    Eine kurze Rückfrage bei einer ihrer Chefinnen und zwei Tage Urlaub für Freitag und Montag waren genehmigt.
    »Ich freue mich schon sehr«, klang ihre fröhliche Stimme durchs Telefon und hellte damit die Stimmung des Kommissars schlagartig wieder auf.
    Auch mit Paul Wellmann waren die beiden Urlaubstage schnell besprochen. Er würde ihn falls nötig vertreten und hatte vollstes Verständnis für die Auszeit, die sein Kollege brauchte.
    »Wenn etwas wirklich Wichtiges passiert, könnt ihr mich ja immer noch übers Handy ...«, begann Lindt und überlegte es sich aber gleich wieder anders. »Nein, das Handy bleibt aus, ich brauche einfach Abstand.«
    Der Kommissar fühlte sich durch die Vorfreude auf das lange Wochenende schon deutlich wohler – trotz des Autobahnstaus. Er zündete seine Pfeife wieder an, genoss die Musik auf SWR 4 und selbst die Meldung in den Vierzehn-Uhr-Nachrichten, dass die A 8 noch weiterhin blockiert sei, nahm er mit Gelassenheit.
    Ein Reporter berichtete ausführlich von der Unfallstelle und über die ausgelaufene Ladung des querliegenden Sattelschleppers. Neunzehn Tonnen griechisches Olivenöl in Glasfaschen, die meisten davon zerbrochen und ihr Inhalt auf der gesamten Fahrbahn verteilt – Lindt begann, sich den Kampf Feuerwehr gegen Salatöl vorzustellen und musste bei dem Gedanken unwillkürlich lächeln.
    Selbst Carla wunderte sich über den wesentlich heitereren Ton seiner Stimme, als er sie nochmals anrief, um von der schmierigen Autobahn zu erzählen.
    Die Hotelbuchung war mittlerweile auch schon vorgenommen und sie konnten sogar am heutigen Abend noch anreisen. »Dann wird es Zeit, dass der Stau sich jetzt endlich auflöst«, kommentierte Lindt die Aussicht auf die bevorstehenden erholsamen Tage und versprach, so bald als möglich heim zu kommen.
     
    »Ich war vollkommen lahm gelegt, nichts ging mehr, weder vorwärts noch zurück«, erzählte er seiner Frau, als sie Baden-Baden auf der B 500 durchquerten. Instinktiv versuchte er das Stau-Erlebnis verbal zu verarbeiten: »Neben mir ein alter dreckiger Ostblock-Laster, vorne die hohe Heckseite eines Transporters und der Mittelstreifen war auch wie eine Wand – fast ein Gefängnis. Da konnte ich es nicht mehr im Wagen aushalten. Raus, nur noch raus.«
    »Jetzt weißt du endlich«, lachte Carla, »wie sich deine Kunden fühlen, die du hinter Schloss und Riegel

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