Zuckerblut
berichtete.
»Ach, Oskar«, meinte der, »sei doch zufrieden, dass der Baumbach wenigstens in U-Haft sitzt. Wir müssen uns eben anstrengen, um schlüssige Beweise vorzulegen.«
»Hast ja Recht«, brummte Lindt, während er in seinen Taschen nach Pfeife und Tabak kramte. »Als Anwalt hat er zwar genügend auf dem Kerbholz, aber wie und wann er seinem Onkel über den Jordan geholfen hat, wird er wohl kaum aufnotiert haben.«
»Falls er die Tat überhaupt begangen hat!«
»Also bitte, Paul. Bei der Indizienlage! Geld ist immer noch Motiv Nummer eins, wenn es um Verbrechen geht.«
Das Handy des Kommissars klingelte schon wieder und ›Conradi‹ stand abermals auf dem Display: »Keine Chance, die Räume des Anwalts zu durchsuchen, meint der Richter. Zu viele rechtlich geschützte Daten von Unbeteiligten könnten dabei eingesehen werden und die Wahrscheinlichkeit, Unterlagen über ein mögliches Tötungsdelikt an dem alten Baumbach zu finden, sind auch wirklich gering. Das wird sein Neffe wohl kaum aufgeschrieben haben.«
»So weit waren wir gerade auch schon«, knurrte Lindt in sein Handy, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen. »Hoffentlich fällt uns ein, wie wir ihm die Tat nachweisen können.«
»Aber Herr Lindt, Ihnen ist doch noch immer eine gute Idee gekommen, Ihre Einfälle sind ja geradezu schon Legende«, streichelte der Staatsanwalt das Ego des Kriminalisten und wünschte gleichzeitig einen schönen Abend.
»Der hat gut reden!« Die Laune des Kommissars sank zusehends und wortlos verließ er den Kommandowagen der Bereitschaftspolizei. Die Kollegen an den Computern und Funkgeräten begannen schon auffallend zu hüsteln, als sie von den Rauchschwaden aus seiner Pfeife umweht wurden.
Er rief erst einmal Carla an, um ihr von den Ereignissen des Tages zu erzählen. Die Verfolgung Weinbrechts – die Verhaftung Baumbachs – dann die Blamage im Klinikum – Weinbrecht jetzt flüchtig – aber der Anwalt wenigstens hinter Schloss und Riegel.
»Ich fürchte, es wird sehr spät heute«, meinte Lindt abschließend und auch Carla bedauerte es: »Wenigstens konntest du an unserem verlängerten Wochenende etwas Energie tanken.«
›Schon wieder alles verflogen, die ganze Erholung‹, dachte er, doch vor seinem geistigen Auge tauchte wieder das Bild des herrlichen Steaks vom Hinterwälder Rind auf, das er im Schwarzwald genossen hatte.
Mit einem Satz erklomm er die Stufen zum Einsatzleitwagen, öffnete die Tür, winkte Paul Wellmann – »Komm, wir müssen!« und warf noch schnell seine Visitenkarte auf den Tisch. »Rufen Sie mich bitte an, falls sich was tut – Handynummer steht drauf!«
Sein Kollege konnte sich schon denken, was Lindt in solch ungewöhnliche Eile brachte. In den vielen Jahren der Zusammenarbeit kannte er seinen Vorgesetzten mitt-lerweile so gut, dass er draußen nur sagte: »Gute Idee, Oskar, mir knurrt auch der Magen.«
Über die Moltkestraße erreichten sie schnell den Adenauerring und bogen dann zu einer der vielen Vereinsgaststätten ab, deren Hinweisschilder an der vierspurigen Straße aufgereiht standen.
»Es muss ja nicht immer italienisch sein«, meinte Lindt, als sie auf dem fast vollständig belegten Parkplatz ausstiegen. »Der Wirt hier ist Metzger und außerdem bekommt er immer frisches Wild von den Jägern der Umgebung. Da finden wir bestimmt was zu zivilen Preisen.«
Wellmann nickte und zeigte auf die vielen geparkten Wagen: »Wenn die alle dort in der Wirtschaft sind, muss es hier wirklich gut schmecken. So was spricht sich meistens schnell herum.«
»Vielleicht sind ja auch einige beim Sport, Tennis oder Fußball, sonst wird’s eng da drin.«
»Ja, früher war das mal ein großer Sportverein mit kleiner Gastwirtschaft, heute ist es wohl grad andersrum.«
Ein kleiner Ecktisch auf der geschützt gelegenen Terrasse war aber noch frei und die beiden Kommissare machten es sich gemütlich.
»Die Schonzeit scheint vorbei zu sein«, zeigte Wellmann auf das Tagesgericht ›Rehragout vom Maibock‹.
»Einverstanden«, sagte Lindt und bestellte bei der Bedienung zwei Portionen.
»Wo würdest du denn am ehesten hingehen, wenn du Weinbrecht wärst?«, begann Lindt halblaut, damit die Gäste an den Nebentischen nicht mithören konnten.
Wellmann strich sich den Schaum seines Weizenbieres vom struppigen Schnauzbart. »Außer Landes natürlich, so schnell wie möglich.«
»Aber wie? Züge und Flughäfen sind ja mittlerweile strengstens überwacht und Auto hat er keines
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