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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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Es wird wild getuschelt. Ich betrachte die zwei leeren Champagnerflöten in meinen Händen. Super. Morgen heißt es bestimmt, dass ich Alkoholikerin bin.
    Der Barkeeper, der gerade erst den Windeln entschlüpft zu sein scheint, wirft mir einen fragenden Blick zu. Ich reiße ihm das neu gefüllte Champagnerglas förmlich aus den Händen, ehe ich mir einen dummen Kommentar anhören muss, und flüchte eilig durch das Haus nach draußen auf die Straße. Auf den Eingangsstufen zum Laden lasse ich mich keuchend nieder. Endlich allein. Endlich Ruhe. Ich lege den Kopf zwischen die Knie und beginne langsam, bis zehn zu zählen. 1, 2, 3, 4, …
    »Hallo.«
    Entnervt hebe ich den Kopf. Vor mir steht der aufdringliche Fotograf vom Strand und grinst mich frech an. »Sagen Sie mal, verfolgen Sie mich?«
    »Genauso kratzbürstig wie heute früh. Hat das einen tieferen Grund?«, will er wissen und lässt sich neben mir auf der Treppe nieder, die Beine ausgestreckt.
    Entrüstet schnappe ich nach Luft. »Habe ich Ihnen gestattet, sich zu mir zu setzen?«
    »Innerlich vielleicht nicht, aber äußerlich haben Sie eindeutig Signale gesendet!«
    »Habe ich nicht!«
    Er winkt lässig ab. »Sie sollten aufhören, sich dagegen zu wehren.«
    »Wogegen?«
    »Dass Sie mich im Grunde charmant finden.«
    »Sie sind wohl gar nicht von sich eingenommen.«
    »Null.« Er lächelt mich sonnig an und deutet mit dem Daumen auf das Schild im Schaufenster. »Sind Sie mit der Familie Behrens bekannt?«
    »Kann man so sagen«, seufze ich und ärgere mich, dass ich ihm diese Information überhaupt habe zukommen lassen. Schließlich geht ihn das nichts an.
    Er legt den Kopf schief und betrachtet mich eindringlich. »Und, wann gehen Sie mit mir einen Kaffee trinken?«, fragt er mit seinem Hollywoodlächeln und entblößt eine Reihe schneeweißer Zähne.
    Ich verstehe nicht, warum er wegen des Kaffees so hartnäckig ist. Wahrscheinlich müsste er nur die Hand heben und fünf andere Frauen würden ihn liebend gerne zu einem Kaffee einladen. Garantiert auch zu mehr. Wieso hat er sich ausgerechnet mich ausgesucht? Sehe ich wirklich derartig bemitleidenswert aus, dass sich sogar Typen wie er im Urlaub meiner annehmen wollen? Oh Gott, gehöre ich damit in die Kategorie Sozialfall?
    Während ich darüber nachdenke, wie ich diesen Touri-Schnösel schnellstmöglich loswerden kann, kommt mir die Idee bezüglich meines ›Freund-Problems‹. Die Idee ist dermaßen gaga, dass sie schon fast wieder genial ist. Warum bin ich darauf nicht eher gekommen?
    »Ich schlage Ihnen einen Deal vor.«
    »Da bin ich neugierig.«
    Ich räuspere mich. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Augen zu und durch. »Ich lade Sie statt eines Kaffees zu einem Glas Champagner ein, und Sie tun dafür so, als ob Sie mein Freund wären.«
    Er zieht überrascht die rechte Augenbraue hoch. »Sie wollen, dass ich Ihr Freund bin?«
    »Sie sollen ihn bloß spielen .« Als würde das die ganze Angelegenheit weniger absurd machen.
    »Läuft das nicht auf dasselbe hinaus?«
    Ich verdrehe die Augen. »Ja oder nein?«
    Er fährt sich nachdenklich über seinen Dreitagebart. »Ihnen ist aber bewusst, dass Sie diesen Gefallen nicht mit einem lausigen Glas Schampus aufwiegen können?«
    Wieso funktionieren solche Aktionen in blöden Romantikschnulzen, aber nie im wirklichen Leben? Dabei sollte ich es in meinem Alter wahrlich besser wissen – Märchenprinzen, Machos und angeblich schwule Männer, die sich am Ende trotz allem als Traummann herausstellen, gibt es eben nur in kitschigen Liebesfilmen.
    »Was fordern Sie als Gegenleistung?«
    »Lassen Sie mich nachdenken …«
    »Gut, ich bezahle Sie dafür«, höre ich mich da bereits sagen. Sekunde, habe ich das gerade laut gesagt? Vorsichtig schiele ich zu ihm hinüber. Er starrt mich für einen Moment an, als ob mir soeben Hörner auf der Stirn gewachsen wären.
    Anscheinend schon.
    Heilige Scheiße!
    »Sie wollen mich dafür bezahlen?« Er klingt nicht halb so entsetzt wie befürchtet. Immerhin würde ich ihn mit dieser bescheuerten Idee quasi zum Callboy machen. Das muss man sich mal vorstellen, ich flehe praktisch einen völlig Fremden an, meinen Freund zu spielen. Ich will ihn für seine Dienste sogar bezahlen. Das lässt nur einen Rückschluss zu: Ich muss den Verstand verloren haben!
    »Vergessen Sie’s!«, krächze ich mit knallrotem Kopf.
    »Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht.«
    Ich habe es geahnt, aus der Nummer komme ich nicht wieder raus, hätte

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