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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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dass wir weiter das glückliche Paar mimen. Ob er da mitmacht? Ich habe leise Zweifel. Aber darüber zerbreche ich mir den Kopf, wenn es so weit ist.
    »Regine hat mir erzählt, dass du sie heute im Laden vertreten hast. Das war nett von dir«, meint meine Mutter und legt dankbar ihre Hand auf meine.
    »Alex’ Begeisterung hielt sich in Grenzen.«
    Mama legt den Kopf schief. »Du kennst ihn. Er ist ein Mann, der sein Revier abstecken muss.«
    Ich kichere.
    Meine Mutter schmunzelt. Ich fühle mich gerade richtig elend, sie anzulügen. Pass du lieber auf, dass du nicht Mamas Herz brichst, waren Alex’ Worte. Allmählich hege ich den Verdacht, dass ich es ihr so oder so brechen werde.
    »Trinkst du einen Tee mit mir?«
    »Gerne.«
    Mama holt zwei Teetassen aus dem Schrank und setzt Wasser auf.
    Die Eieruhr klingelt. Ich ziehe mir die Handschuhe an, hole den Kuchen aus dem Ofen und stelle ihn auf den Gitterrost. Dann bestreiche ich den goldbraunen Streuselkuchen mit Zitronenzuckerguss.
    Meine Mutter beugt sich über das Blech und blickt mich anerkennend an. »Der sieht phantastisch aus.«
    Ich lächele stolz.
    »Soll ich mal raten, für wen der ist?« Das Grinsen reicht ihr bis über beide Ohren.
    Augenblicklich werde ich rot. Ich hasse es, durchschaubar zu sein, auch wenn es diesmal allzu offensichtlich ist. »Ich … na ja … ich wollte …«, stammele ich, hektisch nach Worten suchend.
    »Übernachtest du heute bei David?«
    »Mama!«
    »Ich hab dir den Zweitschlüssel auf die Kommode gelegt.«
    »Mama!«
    Sie ignoriert meinen entrüsteten Blick und gießt das kochende Wasser über die Teebeutel. Ein angenehmer Duft nach Limette und Zitronengras breitet sich in der Küche aus. Sie schiebt mir die Zuckerdose hin und nimmt mit ihrer Teetasse in einem der Korbstühle Platz.
    »Ein Stückchen von deinem Streuselkuchen wäre jetzt die Krönung«, gesteht sie sehnsüchtig, »aber ich werde mich beherrschen.«
    Ich setze mich zu ihr an den Tisch. »Ich kann morgen einen neuen backen«, rutscht es mir heraus. Ärgerlich beiße ich mir auf die Unterlippe. Meiner Mutter Hoffnungen zu machen ist wahrlich das Letzte, was ich will. Sie denkt sonst womöglich, dass ich in Wismar sesshaft werde, David heirate und ihr ein halbes Dutzend Enkelkinder schenke.
    Mama betrachtet mich intensiv wie ein Präparat unter dem Mikroskop. »Wieso hast du die Bäckerlehre abgebrochen, Miriam?«, will sie wissen.
    Unruhig rutsche ich auf dem Stuhl umher. »Weil es nicht das Richtige für mich war.«
    Meine Mutter kräuselt die Lippen. »Und das geistes- und sozialwissenschaftliche Studium war es?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Zu dem Zeitpunkt, ja.«
    Mama rührt nachdenklich in ihrer Tasse herum. Überzeugt sieht sie nicht aus.
    Aber ich bin es ja auch nicht.

11
    Davids Fotoatelier sowie seine Privatwohnung liegen in einer Seitenstraße unweit des Markts. Der zweistöckige Altbau wurde jüngst aufwendig restauriert; bis vor einigen Jahren stand an gleicher Stelle ein heruntergekommenes Gebäude mit nur einem halben Dachstuhl. Die Fassade erstrahlt nun in einem hellen Gelbton, die zerbrochenen Fensterscheiben wurden erneuert und im Erdgeschoss durch ein großes Schaufenster ersetzt, auf dem in weißen Druckbuchstaben »Fotostudio Vahrenberg« zu lesen ist.
    Die Glocke der Heiligen-Geist-Kirche läutet achtmal. Mit langsamen Schritten bricht die Nacht über der Stadt herein.
    Ich nage nervös an meiner Unterlippe und versuche angestrengt, das flattrige Gefühl in meinem Bauch zu ignorieren. Am liebsten würde ich auf der Stelle die Flucht ergreifen. Was habe ich mir bloß dabei gedacht, David einen verdammten Kuchen zu backen? Glaube ich wirklich, dass ich ihn mit einem lächerlichen Streuselkuchen dazu überreden kann, weiter dieses Theater mitzuspielen?
    »Wie lange willst du da eigentlich noch stehen bleiben?«
    Ich kreische los wie eine kaputte Heckenschere. Das Kuchenblech droht mir aus den Händen zu gleiten, aber im letzten Moment bekomme ich es mit den Fingern zu fassen.
    Wütend starre ich David an, der amüsiert im Eingang steht. Die Hände hat er lässig in den Taschen seiner tiefsitzenden Jeans vergraben, die Pulloverärmel bis zu den sehnigen Oberarmen hochgekrempelt. Bei seinem Anblick wird mir ganz schwummerig vor Augen und ich vergesse für eine Sekunde den eigentlichen Grund für mein Kommen.
    Energisch schüttele ich den Kopf, um meine Gedanken in die richtige Bahn zu lenken. Ich werde mich von einem attraktiven Fotografen

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