Zuckerguss und Liebeslieder Roman
mit der Rolle von William Armstrong, dem Gründer von Barnsley, besetzt.
»Also«, sagt Mr. Horner, »glauben Sie, Sie könnten glänzende schwarze Schuhe mit Messingschnallen beschaffen? Ich nehme an, so etwas wird in London nach wie vor getragen.«
Ich kann nur hoffen, dass Mr. Horner niemals nach London kommt, sonst trifft ihn am Piccadilly Circus der Schlag.
»Da kann ich sicher welche auftreiben«, sage ich, lege das Sieb weg und greife nach meinem Notizbuch.
Als Nächstes schildert Mr. Horner mir sein Kostüm. »Und ich bräuchte noch schwarze Strumpfhosen«, fügt er an. »Den Dreispitz und den Gehrock habe ich bereits ausfindig gemacht.«
Wyatt bläst Ballons auf, klappt zwischendurch den Mund auf und zu, was bla-bla-bla bedeuten soll, und beschreibt mit Daumen und übrigen Fingern die universale Geste für »Quasselkopf«. Ich drohe ihm stirnrunzelnd mit dem Finger, als wäre ich Mr. Horner höchstpersönlich.
Dann geht es um die aktuelle Ergänzung zur Website der Historischen Vereinigung von Barnsley. Ich baue jede neue Seite ein, sobald Mr. Horner damit fertig ist - was seine Zeit braucht, da er sämtliche Fakten pedantisch überprüft. Endlich kommt er zum Schluss. »Ich glaube, das war alles für heute. Ihnen noch einen schönen Tag!«
Ich lege auf und schreibe »Schnallenschuhe« auf die Siedlerwagen-Liste, die sich in meinem Notizbuch zwischen der Party-Liste für heute und der Stephen-Liste befindet. Trotz der vielen Meilen, die uns trennen, erinnere ich Stephen weiterhin daran, sein medizinisches Shampoo gegen
trockene Kopfhaut bei Boots zu besorgen und dabei gleich auch noch den Vorrat an Hühneraugenpflastern aufzustocken. Der letzte Posten auf der Stephen-Liste ist Kostenvoranschläge für Regenrinnen . Stephen hat mich gebeten, bei fünf verschiedenen britischen Baumärkten Preisangebote für einfache Plastikregenrinnen einzuholen.
»Ich bin dem nicht gewachsen, Alice. Mein Fall mit den Traktorreifen steht an einem kritischen Punkt«, sagte er völlig aufgelöst bei dem letzten unserer allwöchentlichen Telefonate.
»Na, dann immer sachte mit den jungen Pferden.«
»Was?«
Sollte ein Witz sein.
Die Kostenvoranschläge für die Regenrinnen werden für die heutige Eigentümerversammlung benötigt. Das große viktorianische Einfamilienhaus, in dem wir wohnen, ist vor einigen Jahren zu vier Wohneinheiten umgebaut worden. Die Besitzer der anderen drei Wohnungen verstehen sich prima und grillen im Sommer oft zusammen, das sehen wir von unserem Küchenfenster aus. Stephen ist völlig außer sich wegen der bereits vorliegenden Kostenvoranschläge für die Instandsetzung der Regenrinnen. »Sie sind unverhältnismäßig und grenzen an Verschwendungssucht, Alice. Ich verlasse mich auf dich.«
Also habe ich die fünf Angebote eingeholt und Stephen gemailt. Er hat versprochen, mich wissen zu lassen, wie es heute Abend läuft, und mich gewarnt, er werde sich »auf keine Kompromisse einlassen«.
Wyatt springt vom Stuhl und entrollt ein Spruchband aus Plastik mit der Aufschrift Alles Gute zum 12. Geburtstag , das er auf Rachels Anweisung quer vor das Fenster hängen soll. Er trägt ein graues T-Shirt und von der Sonne ausgeblichene
Khakishorts und summt eine Melodie vor sich hin. Keiner seiner Songs. Mittlerweile kenne ich alle seine Alben. Ich höre sie mir beim Autofahren an, rein aus Recherchegründen.
Wyatt späht in Rachels Schachtel. »So, das wär’s. Ich lade Casey und seine Kumpels zum Geburtstagsfrühstück ein. Kommen Sie mit?«
Würde ich liebend gern, aber ich muss noch einen Kuchen backen, plus zwei Dutzend Scones und eine Ladung Sandwichs. Ich schüttle den Kopf. »Grüßen Sie Nancy und Dolores von mir.«
Mit den beiden bin ich abends oft beim Bowling. Die Barnsleyer Damenmannschaft hat mich als fünftes Mitglied rekrutiert, nachdem Dolores mit ihrem neuen, künstlichen Knie länger als erwartet nicht mitspielen konnte. Trotzdem ist sie immer zum Anfeuern mitgekommen - Amerikaner nehmen Bowling und Teamgeist sehr ernst. Die Barnsley Belles haben immerhin einen achtbaren dritten Platz in der Mid-Ohio League errungen. Die Trophäe, die alle Mitspielerinnen bekommen haben, steht in meinem Cottage auf dem Kaminsims.
Wyatt zögert. »Ein Stündchen nur.«
»Ich habe einen äußerst straffen Zeitplan«, sage ich spitz. »Jede Minute zählt.«
»Na gut.« Wyatt seufzt. »Bis später.«
Die Tür schlägt hinter ihm zu, und ich wende mich mit voller Aufmerksamkeit meiner
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