Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
Vom Netzwerk:
ihrer Nachbarin, der alten Dosja. Die alte Dosja behauptet, Tjotja Rimma hätte sich einen Teil von ihrem Vieh, nämlich vier Milchziegen und zwanzig Enten, angeeignet. Dieses Vieh sei laut Dosja auf Rimmas Grundstück hinübergelaufen, als Dosja bei ihrem Sohn drüben im Rayon Dubăsari, im Transnistrischen, zu Besuch war – Taufe. Jetzt ist es aber so, dass Rimma in Dosjas Abwesenheit auf deren Vieh aufgepasst hat – auf energische Bitte Dosjas hin, unentgeltlich. Verstehst du? Problematisch dabei ist natürlich, dass Rimma theoretisch schon die Möglichkeit gehabt hätte, sich ein paar Ziegen und Enten von Dosja unter den Nagel zu reißen. Aber ehrlich gesagt, glaub ich nicht daran. Jetzt ist Dosja nach zwei Monaten aus dem Transnistrischen zurück und verlangt ihre vier Ziegen und zwanzig Enten von Tante Rimma zurück. Rimma meint, sie hätte von der Dosja nichts genommen und dass die Dosja ihr noch dankbar sein sollte, dafür, dass die Rimma der Dosja ihre Viecher mitversorgt hätte. Dosja ist jedoch felsenfest davon überzeugt, im Recht zu sein. So. Jetzt sind die beiden im Clinch, und ich als Bulibascha darf jetzt entscheiden, wer im Recht ist und wer nicht. Zu diesem Punkt hätte ich gerne unser ZGB konsultiert. Deswegen war ich dabei, den Artikel 147 des ZGB s über unbeaufsichtigtes Vieh zu studieren. Und deswegen hab ich dich gebeten, Nichifor, das Zivilgesetzbuch der Moldawischen SSR abzuholen, aus dem Büro unten in der Stadt. So. Verstehst du das jetzt, Nichifor? Wo ist das Büchlein?«
    Der Reine zögert, antwortet dann langsam, in einem beschwichtigenden Ton:
    »Im Schaft des linken Cowboystiefels von Zuckerfabrikdirektor Hlebnik, Bulibascha.«
    »Bist du deppert? Warum habt ihr … warum hast du so was Schwachsinniges getan, în chizda mătii , Nichifor?!«
    Pause.
    »Du hast doch gesagt, dass wir Hlebnik mit allem Drum und Dran ins Boot reinsetzen sollten. Und da wir mit ihm im Kofferraum unterwegs waren und du uns in die Reinigung und ins Büro nach dem Büchlein –«
    »Ich hab gesagt, mit seinen Sachen, mit Hlebniks Sachen, du Wiffzack . Nicht mit meinem ZGB- Bücherl, das ich jetzt dringend brauch …«, der Bulibascha steht auf und stößt dem Reinen die Krallen der Känguru-Pfote in die Hoden.
    Nichifor verzieht das Gesicht. Zwei der Leibwächter stehen von ihren armenischen Faltsesseln unter den Palmen auf, sehr aufmerksam das sich Abspielende beobachtend, bereit, wenn nötig, einzuschreiten. Der dritte von ihnen massiert zwar weiterhin der Wildsau die borstigen Rückenhaare, beobachtet dabei aber argwöhnisch den Reinen.
    »Sag jetzt bitte nicht, Nichifor, ihr habt meinen Borsalino von der Reinigung abgeholt und auch noch Hlebnik auf den Kopf gesetzt. Zwing mich nicht dazu, die Burschen unter der Palme zu bitten, Gogol-Mogol aus deinen Eiern zu machen, Nichifor!«
    »Aber Bulibascha. Wir dachten, dass der Hut und diese Broschüre Hlebnik gehören …«
    Tudorel-Deomid Balmus quetscht Nichifors Testikel mit dem Känguru-Pfötchen enger aneinander; Nichifor verschließt die Augen und seine Stimme quietscht vor Pein; dann lässt der Bulibascha von Otaci plötzlich von des Reinen Hoden ab.
    »Und du, stolzierst hier ganz in Weiß herum wie der Franz Adolph auf der Balz, wenn er mit seinem wippenden Schwanz die schirche Pfauenhenne da rumzukriegen versucht. Und der Nutzen? Wo bleibt der Nutzen von dir, Nichifor? Wenn’s drauf ankommt, zu reflektieren oder analytisch zu denken, da merkst du gar nicht, dass der Borsalino zu den Cowboystiefeln wie die Faust aufs Auge passt …«
    »Aber Bulibascha, der Gawril hätte doch auch was sagen können, und der hat auch nichts –«
    »Nix da! Der Gospod Gott hat Gawril leider ein bisschen bestraft, was die Auffassungsgabe betrifft, deswegen habe ich ja dich mit ihm geschickt, als Hirn der Operation. Gawril hätte dir physisch zur Hand gehen sollen, aber das Denken, das wär deine Aufgabe gewesen. Also versuch hier nicht, dem armen Gawril die Sache unterzujubeln!«
    Der Bulibascha setzt sich an den Tisch und kramt in seinen Unterlagen, deutet mit seiner Känguru-Kralle zu einem der Leibwächter.
    »Kolja! Nimm dem Nichifor bitte die Waffen und mein Petschaft ab! Das braucht er als zukünftiger Asylant in Deutschland nicht mehr.«
    Und zu Nichifor dem Reinen gewandt, mit der Känguru-Pfote wippend:
    »Du weißt, dass auf der ZGB -Broschüre meine Fingerabdrücke sind, oder?«
    »Ja und? Das ist doch ein Bibliotheksexemplar. Da sind die

Weitere Kostenlose Bücher