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Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
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Monica ihre ganze Sorge mit dem verstorbenen Zuckerfabrikarbeiter Filippo Calabrese in einer langen Serie kurzer Sätze von sich gibt.
    Wladyka Borimirović betrachtet die fremde Frau eingehend, und dann wendet er sich an Dušan.
    »Штa ħе oнa?«, fragt der Wladyka seinen Sekretär Dušan.
    »Ein Zuckerfabrikarbeiter hat sich in ihrem Hotel erhängt, wohl wegen der Krise. Die italienischen Behörden haben festgestellt, dass es Selbstmord war, und gemeint, sie würden keine Obduktion machen und dass man den Toten seiner Familie zuführen könne. Signora di Garozzo, die Besitzerin des Hotels, hat versucht, die Verwandten des Dahingeschiedenen ausfindig zu machen; es hat sich aber herausgestellt, dass er keine hat. Da hat sie wieder die Carabinieri kontaktiert. Die meinten dazu, sie würden den Toten frühestens am Montag abholen können, weil die Polizei derzeit wegen der Berlusconi-Demonstration in Rom voll ausgelastet sei und sogar Verstärkung aus der Umgebung holen müsse. Da Signora di Garozzo den Toten aber unmöglich bis Montag in ihrem Hotel lagern kann, würde sie ihn gerne sofort bestatten und bräuchte dafür sehr dringend einen Priester. Die Frau sagt: ›Ich bin sehr verzweifelt.‹«
    Der Wladyka stellt Dušan drei Fragen, die Letzterer der Hotelbesitzerin zügig ins Italienische übersetzt.
    »Ist der Dahingeschiedene getauft?«
    »Ja. Ist er.«
    »Ist er rechtgläubig getauft?«
    »Wie bitte?«
    »Ist der Zuckerfabrikarbeiter orthodox?«
    »Nein, er ist katholisch.«
    »Dann muss ihn ein katholischer Priester bestatten«, erklärt ihr Dušan mit einem Gesichtsausdruck, als sei die Mailänderin immer noch davon überzeugt, dass die Erde eine Scheibe ist. Signora di Garozzo spricht wieder schnell auf Dušan ein, wobei sie verstärkt gestikuliert, um ihrem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen.
    Wladyka Borimirović wartet geduldig mit auf der Hotelbesitzerin ruhenden Blicken und streicht sich durch den dichten Bart.
    »Die sind auch alle bei der Berlusconi-Demonstration in Rom oder was?«, fragt er und bricht in ein dezentes Gelächter aus.
    »Sie hat das versucht«, sagt Dušan, »aber es ging nicht, weil der Verstorbene seine Kirchensteuer seit den 1980ern nicht mehr bezahlt hat.«
    Der Wladyka schweigt einen Moment lang.
    »Der Kapitalismus ist den Katholiken wohl zu Kopf gestiegen.«
    Er fängt an, im Zimmer hin und her zu gehen; bleibt dann stehen und verlangt, den Mann der Hotelbesitzerin zu sprechen. Nachdem schnell geklärt ist, dass Monica nicht verheiratet ist, weil sie noch nicht den Richtigen gefunden hat, richtet der Wladyka das Wort wieder in seiner melodischen Sprechweise an Dušan, als würde er mit seiner tiefen Stimme die slawischen Wörter singen.
    »Sie mögen zum Aufbewahrungsort des Toten hinuntergehen und den Zuckerfabrikarbeiter gründlich waschen. Der Wladyka wird unterdessen alles für die Taufe vorbereiten.«
    »Für die Taufe?«, fragt Monica.
    »Дa, für die Taufe.«
    01:15
    Tolyan Andreewitsch ist bereits ein wenig betrunken; er sieht Angelo mit einer nostalgischen und verträumten Miene an und lallt ein wenig beim Sprechen.
    »Weißt du, Angelo, als ich in deinem Alter war, konnte mir keine Krise etwas anhaben. Ich hatte ein glückliches Leben in der Sowjetunion, und ich fühlte mich jedem und allem haushoch überlegen. Dem Westen sowieso: In der Schule lernten wir, dass die westliche Jugend sich Rambo-Filme anschaut, mit einer Mode der Gewalt und des Rassismus aufwächst, Drogenprobleme hat und dass die Kinder der Armen in den NATO -Staaten vor Hunger verenden. Da spendete ich gerne 5   Kopeken für die Linderung der Armut in den Slums von Amerika und half sogar bei deren Kollekte. Ich hatte das Gefühl, Berge versetzen zu können. Ich brauchte es nur zu wollen.«
    »Und was passierte dann?«
    »Was dann passierte? Das Leben ging in seinen gewohnten Bahnen weiter. Jedenfalls so lange, bis langsam ein gesellschaftlicher Zersetzungsprozess begann: Eines Tages wurden die Löhne nicht mehr ausbezahlt. Die Staatsbetriebe schlossen einer nach dem anderen. Dann wurden die Geschäfte immer leerer, bis es wirklich nichts mehr zu kaufen gab außer diesen länglichen Aluminiumkämmen für 3   Kopeken. Und weißt du, was das Problem mit diesen länglichen Aluminiumkämmen für 3   Kopeken ist?«
    »Was?«
    »Sie schmecken nicht so gut … Ja, und dann wurde schrittweise der Strom abgeschaltet und nichts ging mehr. Das Wirtschaftssystem und das Sozialsystem brachen gleichzeitig

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