Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin
wieder einen Blick auf die Waage und fügte noch ein paar würzige Safranfäden hinzu. »Ich habe Tom nach High Holborn geschickt, damit er sich erkundigt, was der französische Quacksalber gegen die Pest unternimmt.«
Ich hätte ihm gern noch mehr Fragen dazu gestellt, aber ich hatte zu viel Angst vor dem, was ich erfahren könnte; außerdem hatte ich großen Respekt vor ihm, also ließ ich es bleiben.
Doch nach einem Augenblick wandte er sich mir wieder zu und erklärte in eher verächtlichem Ton: »Der Franzose sagt, dass er einen Weg gefunden hat, der Heimsuchung vorzubeugen. Er sagt, dass er der Pest in Lyon und in Paris Einhalt geboten hat.«
»Und, stimmt das?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Pah!«, sagte er. »Wenn irgendjemand die Pest aufhalten könnte, würde er so reich werden wie der König. Und das ist es, worauf der Franzose aus ist!« Er spuckte auf den Boden. »Franzosen! Sie sind zu nichts gut, außer als Tanzmeister.«
»Also kann nichts die Pest aufhalten?«, fragte ich, mit einem Mal ziemlich beunruhigt.
Er warf mir über seine Brille hinweg einen ernsten Blick zu. »Wir alle haben unsere Schutzmittel und Talismane. Manchmal helfen sie, manchmal auch nicht. In meinen Augen verhält es sich jedoch so: Wenn diese gefürchtete Krankheit sich erst einmal eingenistet hat, sei es in einem Menschen oder in einer Stadt, muss sie ihren Lauf nehmen.«
»Macht der Franzose denn Pillen zum Einnehmen? Ist es etwas, das man essen kann?«, fragte ich mit dem Hintergedanken, selbst auf der Stelle dort hinzugehen und es zu kaufen, was auch immer es sei, denn es würde gewiss nicht schaden, es auszuprobieren.
Der Doktor schüttelte den Kopf. »Es ist eine Art, ein Haus, äh, auszuräuchern. Dabei wird ein Feuer mit Schwefel angezündet; Schwefel und ein paar anderen
Zutaten, die der Franzose geheim hält. Es stinkt fürchterlich und soll - wie er behauptet - das Haus von den Pestkeimen reinigen.« Wieder spuckte er aus. »Der Lord Mayor von London hat gestern angeordnet, seine Methode auszuprobieren. Bestimmt steht er im Sold dieses Mannes.«
»War die Pest denn in dem Haus, das ausgeräuchert wird?«
»Ja, sie war dort«, sagte er ernst. »Sieben Tote - die ganze Familie -, obwohl die Behörden bisher noch nicht zugeben, dass die Pest sie dahingerafft hat. Auf der Totenliste werden sie vermutlich ein Fieber als Todesursache angeben, um die Leute nicht zu beunruhigen.«
Dafür war ich jetzt ganz gewiss beunruhigt. Sieben Tote in einem Haus!
Der Doktor gab mir den Safran, nahm die Bezahlung entgegen und fragte mich dann, ob ich noch etwas wünschte. Ich dachte an meine Sommersprossen, entschied jedoch - angesichts unserer Unterhaltung -, dass die Angelegenheit zu banal war, um sie anzusprechen. Deshalb war ich überrascht, als der Doktor mich eingehend betrachtete und dann fragte: »Euer Teint. Ich nehme an, Ihr wärt gern blass?«
Ich nickte. »Oh ja!«, sagte ich eifrig. »Ich habe alles Mögliche ausprobiert - ich habe mein Gesicht in Maitau gebadet, habe es mit dem Saft einer Zitrone gewaschen, aber es hat alles nichts geholfen.«
»Unter welchem Himmelszeichen seid Ihr geboren?«
Verwirrt sagte ich: »Das weiß ich nicht, Sir.«
»Das frage ich, weil ich nach der Methode von Ni-cholas Culpeper vorgehe.«
Verständnislos schüttelte ich den Kopf. Ich hatte von diesem Mann gehört und wusste, dass er ein Naturheilkundiger war, doch ich wusste nicht, von welchen Methoden Doktor da Silva sprach.
»Culpepers Meinung nach sind die Planeten am Himmel für die unterschiedlichen Krankheiten verantwortlich, die uns plagen, und beeinflussen auch die unterschiedlichen Teile unseres Körpers - unser Blut, unsere Haut, das Herz und so weiter.«
Ich nickte, die Stirn vor Anstrengung gerunzelt.
»Zur Heilung verwendet er also Pflanzen, die von den Planeten beeinflusst werden, die im Gegensatz zu denen stehen, welche mit den unterschiedlichen Körperteilen in Verbindung gebracht werden.«
Ich verstand seine Worte nicht wirklich, doch ich versuchte, sie mir einzuprägen. Dann würde mich Tom, wenn ich ihn wiedersah, nicht für völlig unwissend halten, was den Beruf anging, den er sich ausgesucht hatte.
Der Doktor fragte mich nach meinem Geburtstag, und als ich erwiderte, dass ich am 23. Juli geboren sei, sagte er, es sei kein Wunder, dass ich eine feurige Färbung habe, da ich ein Untertan der Sonne sei.
Er zog eine Schublade unter der Ladentheke auf und zeigte mir ein langes Blatt, trocken
Weitere Kostenlose Bücher