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Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Titel: Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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wie Papier. »Das ist gelber Ampfer«, sagte er, »Ihr müsst ihn in warmes Essigwasser legen, drei Tage lang darin ziehen lassen und Euer Gesicht dann mit der Flüssigkeit waschen.«
    Er wickelte das Blatt in braunes Papier und antwortete, als ich ihn fragte, was ich ihm dafür schuldig sei, dass Sarah eine gute Kundin sei und ich das Blatt umsonst mitnehmen könne. Ich zögerte kurz und fragte ihn dann, ob ich irgendetwas tun könne, um mein Haar weniger rot und lockig zu machen.
    »Ihr könntet es mit einem Bleikamm kämmen«, sagte er. »Es soll das Haar um einiges dunkler machen.«
    »Habt Ihr...«, setzte ich an, doch er schüttelte den Kopf und starrte mich über seine Brille hinweg an.
    »Ich verkaufe keine Bürsten, Kämme oder Schminke für Damen. Doch wenn Ihr möchtet, dass Euer Haar weniger lockig ist, könnte es sein, dass Beifuß -ein wenig von dieser Pflanze als Kräuteraufguss zubereitet - hilft, es zu glätten. Und dieses Kraut wächst überall am Wegrand.«
    Ich dankte ihm herzlich für seinen Rat und für das Blatt, knickste und wollte mich auf den Weg machen. Doch als ich die Tür öffnete, kam mir ein großes schwarz-weißes Schwein entgegen und versuchte, mich wieder hineinzuschubsen. Ich war gerade dabei, es zurückzudrängen, als mehrere Hühner in den Laden liefen, denn am anderen Ende der Straße war Markt, und mehr Tiere als sonst schnüffelten, grunzten und watschelten in der Gegend herum. Ich fing zwei Hühner, doch ein drittes, gelbbraun gefiedertes, schlitterte mit seinen Krallen auf dem Marmorboden auf den Doktor zu. Dieser brüllte es allerdings derartig an, dass es auf der Stelle kehrtmachte und mit flatternden Federn gackernd hinausrannte. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
    Auf der Straße musste ich wegen des starken Sonnenlichts blinzeln. Der Tag war wieder sehr heiß und die Luft fühlte sich feucht an. Rauch und Dampf stiegen aus den Schornsteinen der Gerber in der nächsten Straße empor, ein Seifensieder kochte stinkende Knochen in einem Kessel vor seinem Laden aus, und von den Abfallhaufen, die nachts von den Kloakenreinigern zusammengekehrt worden waren, stieg ein widerwärtiger Geruch auf.
    Das entlaufene Schwein war mittlerweile eingefangen worden und wurde nun von zwei in der Nähe spielenden Kindern als Pony benutzt. Diese zwei kleinen Jungen, Dickon und Jacob, wohnten in einer Gasse unweit des Crown and King Place und trieben sich oft in der Nähe unseres Geschäfts herum, in der Hoffnung, dass sich (wie es bisweilen vorkam) ein oder zwei Stücke Konfekt als misslungen herausstellten und entweder Sarah oder ich sie ihnen zuwarf. Sie waren fünf oder sechs Jahre alt und verdingten sich als Laufburschen, überbrachten den Kunden Nachrichten von den Ladenbesitzern, kehrten betuchten Besuchern den Weg von Schmutz frei oder besorgten Sänften für diejenigen, die vom Einkaufen erschöpft waren und von fremden Beinen zu ihrem nächsten Treffen getragen zu werden wünschten. Sie fragten mich, ob ich auf dem Schwein nach Hause reiten wollte. Obwohl ich versucht war, ihr Angebot anzunehmen - in Chertsey hätte ich meine Unterröcke zusammengerafft und wäre darauf geritten, als sei es das Ross des Königs, aber in London war ich anders -, lehnte ich lachend ab und ging weiter.
    Jetzt, wo ich wieder draußen war und vom Londoner Leben umringt, von geschäftigen Menschen, die ihren Angelegenheiten nachgingen, schien alles wieder normal zu sein. Der Schrecken der Geschichte, die mir der Doktor erzählt hatte, legte sich bereits wieder. Es waren also sieben Menschen gestorben - doch High Holborn war ein Stück entfernt, und die Pest würde möglicherweise durch die Bemühungen des französischen Arztes aufgehalten werden. Mutter hatte uns gelehrt, uns nie über etwas Sorgen zu machen, bevor wir dazu gezwungen waren.
    Als ich zum Laden zurückkam, wog Sarah gerade einer Kundin kandierte Veilchen ab. Ich machte einen Knicks. Die junge Frau sprach gerade davon, dass die Veilchen sie belebten und ihren Atem erfrischten und die Damen, für die sie arbeitete, sie auch zu schätzen wüssten.
    Ich sah mir unsere Kundin mit großem Interesse an. Sie trug ein tief ausgeschnittenes blassgelbes Seidenkleid, das unten hochgerafft war (wie es die neueste Mode vorschrieb), so dass man darunter ihren gelbrot gepunkteten Unterrock sehen konnte. Auf dem
    Kopf trug sie eine kleine, über und über mit bunten Perlen besetzte Samtkappe, und darunter - oh, wie ich es anstarrte! - war ihr Haar

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