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Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Titel: Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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so rot wie meines.
    Sie und ich lächelten uns an, und es schien mir, dass wir nicht nur wegen unseres Haars zusammenpassten, sondern auch vom Alter her. Es war nur schade, dass ich nicht sehen konnte, ob sie auch Sommersprossen hatte, denn ihr Gesicht war gepudert und sie trug einige herzförmige Schönheitspflästerchen.
    Sarah räusperte sich. »Darf es noch etwas anderes sein?«, fragte sie, und ich sah sie verwundert an, weil ihre Stimme so kühl und abweisend klang.
    »Nein, vielen Dank!«, antwortete die junge Dame freundlich. Sie schien Sarahs Ton nicht bemerkt zu haben, zahlte, steckte die Papiertüten mit den Veilchen in ihren gelben Seidenmuff, lächelte noch einmal zu mir herüber und entfernte sich dann. Sie blieb einen Augenblick in der Tür stehen und zog alle Blicke und das bewundernde Murmeln eines vorbeikommenden Kavaliers auf sich, doch dies alles ignorierte sie. Dann steckte sie plötzlich die Finger in den Mund und pfiff durchdringend. Eine Sänfte fuhr vor, die Tür wurde für sie geöffnet und sie stieg ein und verschwand. Als sie in die Sänfte kletterte, sah ich, dass ihre Schuhe genauso gelbrot gepunktet waren wie ihr Unterrock.
    »Oh! Wer war das denn?«, fragte ich Sarah atemlos.
    »Das war Nelly Gwyn«, schnaubte sie.
    »Aber wer ist sie?«
    »Nun, früher hat sie als Orangenverkäuferin im
    Theater gearbeitet, aber jetzt bezeichnet sie sich als Schauspielerin, wenn mich nicht alles täuscht.«
    »Eine Schauspielerin!«, rief ich aus. Natürlich hatte ich davon gehört, dass Frauen und Mädchen auf der Bühne auftraten, doch ich hatte nie zuvor eine Schauspielerin gesehen.
    »Du brauchst nicht so beeindruckt zu sein«, sagte Sarah, »sie ist weiß Gott nichts Besonderes. Ihre Mutter ist dafür bekannt, dass sie ständig betrunken ist, und niemand hat je ihren Vater gesehen.«
    »Nun, jedenfalls muss sie eine sehr gute Schauspielerin sein, um sich so kleiden zu können«, sagte ich (und ich sagte es in neidischem Ton, denn ich trug noch immer die abgelegte Kleidung der Vikarstochter).
    »Ja, aber das Geld dafür hat sie nicht mit der Schauspielerei verdient«, sagte Sarah mit einem seltsamen Unterton. »Es kommt woandersher.«
    Ich sah meine Schwester an. »Willst du damit sagen ... Willst du damit sagen, dass sie eine Hure ist?«, sagte ich dreist, denn obwohl ich dieses Wort in London schon mehrmals gehört hatte, war diese Ausdrucksweise für uns auf dem Land verboten.
    Sarah nickte unmerklich.
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Aber wie dem auch sei, sie ist sehr hübsch.« Und dann platzte ich heraus: »Können wir mal hingehen? Können wir ins Schauspielhaus gehen und sie uns ansehen?«
    »Tja«, sagte Sarah stirnrunzelnd, »ich weiß nicht, ob es das Richtige ist.«
    »Bitte!«, flehte ich. »Heutzutage kann man ruhig hingehen - sogar feine Leute gehen ins Schauspielhaus, oder nicht? Selbst der König geht dorthin!«
    »Es geht nicht darum, was für einen Eindruck es macht«, sagte Sarah, »es kennen uns so wenig Leute in London, dass das kaum etwas ausmachen würde. Aber ich denke an die Pest. Es ist bereits so weit, dass die Adligen London verlassen und aufs Land ziehen, und die Leute sagen, dass man große Menschenansammlungen meiden soll.«
    »Aber das ist doch nicht offiziell, oder?«, fragte ich und war froh, dass ich ihr noch nicht von den sieben Toten in High Holborn erzählt hatte.
    »Wir werden jemanden um Rat fragen«, sagte Sarah. »Wir werden uns bei einem der Gemeindediener erkundigen, ob es ratsam ist, sich zurzeit ein Schauspiel anzusehen.«
    Ich bot mich an, in der Kirche von St. Dominic nachzufragen, denn ich wollte die Frage so formulieren, dass die Antwort des Gemeindedieners - die ich Sarah übermitteln würde - so ausfiel, dass wir gehen durften. Ich war sehr darauf erpicht, ein Theaterstück zu sehen, und, nachdem ich Nelly Gwyn gesehen hatte, insbesondere eines, in dem sie mitspielte.
    Doch bevor ich dazu kam, zur Kirche zu gehen -sogar noch am Abend desselben Tages -, ging ein Ausrufer durch die Straßen. Nachdem er seine Glocke so laut geläutet hatte, dass Miau sich in eine Kiste unter dem Bett flüchtete, rief er aus, dass alle Schauspielhäuser aus Furcht vor der Heimsuchung durch die Pest auf Befehl des Lord Mayors auf der Stelle geschlossen würden und die Öffnungszeiten der Gasthäuser verkürzt werden müssten.
    Ich war zutiefst enttäuscht, denn ich hatte so viel darüber gehört, wie es in den Theatern zuging - das Rufen und Singen und Tomatenwerfen

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