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Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Titel: Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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sein Fleisch derart mit den Fingernägeln, dass seine Arme und seine Brust blutüberströmt waren. Wir sahen auch einen Totenkarren vorbeiruckeln, der so voll beladen war, dass einige Leichen neben den Fuhrmann auf die Sitzbank gerutscht waren.
    Tom scheuchte uns an all diesen Dingen vorbei, bis wir in die Nähe von Haus Belle Vue gelangten, wo die Straßen ruhiger wurden, da sich die meisten Einwohner bereits vor einiger Zeit aufs Land zurückgezogen hatten.
    Mein Herz war schwer, als ich um das Haus herum nach hinten ging, und ich fragte mich voller Angst, in welchem Zustand ich Abby wohl antreffen würde. Sollte es ihr besser gehen, fürchtete ich mich davor, was passieren würde, wenn sie das Baby weggab, weil sie Grace liebte und einen Grund zum Leben hatte, solange sie sich um sie kümmerte. Und wenn es ihr schlechter ging... Nun, ich wagte mir nicht vorzustellen, was dann wäre.
    Wie beim letzten Mal bekam ich keine Antwort auf mein Rufen. Wir versuchten es alle zusammen, riefen sie erst leise, dann lauter, und schließlich gab Tom einen äußerst durchdringenden Pfiff von sich, wie eine Schwarzdrossel, doch selbst dann kam sie nicht ans Fenster.
    »Ich fürchte, sie ist tief und fest eingeschlafen«, sagte ich, denn ich hatte gehört, dass das für gewöhnlich geschah, kurz bevor die Pestkranken starben.
    »Ich fürchte, sie...«, setzte Tom an, doch dann warf er mir einen Blick zu und unterbrach sich.
    Wir sahen uns um. Das Haus war mit einem großen grün-goldenen Rebstock bewachsen, der bis in den vierten Stock reichte. Doch Sarah entschied, dass er nicht kräftig genug war, um Tom zu tragen, sonst hätte er daran hochklettern können.
    Wir riefen noch eine Zeit lang weiter, doch dann mussten wir damit aufhören, weil der Wachposten, der seinen Dienst vor dem Haus versah, zu uns kam und wissen wollte, was wir hier zu suchen hätten. Glücklicherweise hatten wir den Klang seiner Stiefel auf dem Kopfsteinpflaster gehört, und Tom war schnell in einen der leer stehenden Ställe geschlüpft, so dass der Mann ihn nicht sah.
    »Unsere Schwester arbeitet als Magd in diesem Haus, und wir sind in Sorge um ihre Gesundheit«, teilte ich dem Wächter mit - allerdings in ausgesucht höflichem Ton, weil mir klar war, dass wir weder seinen Verdacht erregen noch uns seine Feindseligkeit zuziehen durften.
    »Wann habt Ihr das letzte Mal jemandem in diesem Haus etwas zu essen gebracht?«, fragte Sarah besorgt.
    »Der Milchesel ist wie üblich heute Morgen vorbeigekommen, und eine Schenkkanne voll Milch ist hochgeschickt worden«, sagte er und beäugte miss-trauisch unsere Kleiderbündel, die auf dem Boden lagen. »Alles, was in dieses Haus gelangt, muss durch meine Hände gehen. Und es darf nichts herauskommen!«
    Nachdem wir ihm versichert hatten, dass natürlich nichts herauskäme, kehrte er zur Vorderseite des Hauses zurück.
    Tom kam wieder zum Vorschein. »Ich habe eine Idee«, sagte er. »Es sieht so aus, als ob das hier länger dauern könnte. Geht doch schon zum Adler und Kind und holt die Kutsche. Ich bleibe solange hier und rufe Abby. Wenn ihr wiederkommt und sie ist bis dahin noch nicht aufgetaucht, werde ich darauf bestehen, ins Haus gelassen zu werden. Ich werde einfach sagen, dass ich Apotheker bin und die Gemeinde mich geschickt hat.«
    »Wir können nicht von dir verlangen, dass du ...«, setzte Sarah an, doch Tom brachte sie zum Schweigen.
    »Geht los und holt die Kutsche«, sagte er, »wir müssen uns beeilen.«
    Sarah kannte die Gastwirtschaft Adler und Kind, ein großes, bekanntes Lokal in der Gracechurch Street mit Ställen hinter dem Haus. Als wir dort ankamen, blieb sie im Hof und wartete, während ich hineinging und nach der Frau des Wirts fragte.
    Sie erschien, und ich erzählte ihr, ich sei Magd im Haus Belle Vue und meine Herrin sei Mrs. Beauchurch. »Habt Ihr etwas für uns?«, fragte ich sie.
    Offensichtlich war sie auf meine Ankunft gefasst, denn sie nickte und holte eine Pergamentrolle aus einem abgeschlossenen Schrank. Dann brachte sie mir eine große Segeltuchtasche. Ich rollte das Pergament auf und fand darin etwas Geld sowie die zwei Gesundheitsbescheinigungen, von denen Abby gesprochen hatte - eine auf ihren Namen und eine auf den von Mrs. Beauchurch. Sie besagten, dass wir frei von Pestilenz seien und sicheres Geleit aus London heraus bekommen sollten, und sie waren vom Lord Mayor Sir John Lawrence höchstpersönlich unterzeichnet.
    In der Segeltuchtasche befanden sich ein weicher

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