Zuckermacher 02 - Aschenblüten
aller Ruhe. »Der Brand dort drüben ist mehr als zwei Straßenzüge entfernt.«
Es schien aussichtslos, weiter mit ihr zu diskutieren, und Tom zog mich an der Hand. »Komm, Hannah«, sagte er. »Wir müssen zurückgehen und sehen, ob euer Geschäft - und Anne - in Gefahr sind.«
Wir waren ziemlich erschöpft, als wir beim Geschäft ankamen, weil die Straßen in der Nähe des Flusses von Menschen, die versuchten zu fliehen, von Karren und von Pferden wimmelten, und manchmal hatten wir uns unseren Weg mit Hilfe unserer Hände und Ellbogen bahnen müssen. Doch seltsamerweise ließen der Rauch, das Getöse und der verbrannte Geruch ebenso wie das Läuten der Feuerglocken nach, sobald wir uns vom Fluss entfernten, und als wir den Crown and King Place erreichten und ich das geliebte Schild unseres Geschäfts sah, war alles ruhig und friedlich. Hier war kein Anzeichen davon zu sehen, dass an einer anderen Stelle in der Stadt ein Brand wütete.
Ich hämmerte an die Tür. »Geht es dir gut?«, fragte ich Anne, als sie aufmachte. »Ist alles in Ordnung?«
»Natürlich«, sagte sie, und ich sah, dass ihr Blick auf das silberne Medaillon fiel. Ihre Augen weiteten sich. »Warum fragst du?«
»Wegen des Brandes!«
»Was für ein Brand?«
Tom lachte. »Siehst du. Es ist alles in Ordnung. Wahrscheinlich wird er heute Nacht gelöscht und morgen fangen sie an, wieder aufzubauen. So ist es jedes Mal.«
Er nahm meine Hand und küsste sie. Mir wäre es lieber gewesen, wenn er mich auf den Mund geküsst hätte, doch weil Anne uns zusah, musste ich mich damit zufrieden geben. »Wann sehe ich dich wieder?«, fragte ich.
»Ich komme morgen vorbei. Abends, wenn der Jahrmarkt zu hat«, sagte er, warf mir noch eine Kusshand zu und eilte davon.
Ich sah ihm nach. »Er schläft in Smithfield, wo der
Jahrmarkt stattfindet«, sagte ich ein wenig ängstlich zu Anne. »Es ist ein ganzes Stück außerhalb der Stadtmauern, also sollte er in Sicherheit sein.«
»Warum auch nicht?«
»Hörst du mir denn nicht zu? Wegen des Feuers, das wütet!«
»Aber du hast doch gehört, was er gesagt hat...« Ihr Blick fiel wieder auf das Medaillon, und ihre Augen leuchteten interessiert auf. »Und jetzt lass mich einen Blick auf dieses silberne Herz werfen und erzähle mir genau, was er gesagt hat, als er es dir geschenkt hat, und ob er dir eine Liebeserklärung gemacht hat. Ich kann es kaum mehr erwarten, alles zu erfahren.«
KAPITEL 10
Der Brand breitet sich aus
»TRAF DEN LORD MAYOR IN CANNING STREET, UND ER SCHRIE WIE EINE FRAU, DIE OHNMÄCHTIG WIRD: MEIN GOTT, WAS SOLL ICH BLOSS TUN? ICH BIN VERLOREN! DIE LEUTE GEHORCHEN MIR NICHT MEHR. ICH HABE SELBST HÄUSER ABGERISSEN, DOCH DER BRAND HOLT UNS SCHNELLER EIN, ALS WIR ARBEITEN KÖNNEN.«
Am nächsten Morgen kam kein Ausrufer, um uns zu wecken, doch ich war sowieso schon im Morgengrauen wach und fragte mich, ob das Feuer noch immer brannte, und wenn ja, in welche Richtung es sich ausbreitete. Wir waren in der westlichen Ecke der Stadt und ein gutes Stück von der Stelle entfernt, wo ich die Flammen zuletzt gesehen hatte, doch in der Zwischenzeit konnte alles Mögliche passiert sein. Allerdings schien Tom sicher zu sein, dass das Feuer über Nacht gelöscht wurde, und ich betete, dass er Recht hatte.
Tom. Ich befühlte das Medaillon um meinen Hals, hielt es zwischen den Fingern fest und wünschte mir sehnlichst, dass ihm nichts zustieß. Der Gedanke an ihn erinnerte mich an die gestrigen Küsse, und ich wollte gerade im Kopf alle Einzelheiten noch einmal durchgehen, als ein Klopfen - oder vielmehr ein Hämmern - an der Tür des Geschäfts ertönte. Ich ließ Anne schlafen, stieg aus dem Bett, legte ein Umhängetuch um und machte die Tür auf.
Vor mir stand Mr. Newbery in seinem Sonntagsstaat. Er trug Kniehosen mit Bändern am Bund, Wams und Umhang sowie einen Federhut über seiner Lockenperücke.
»Feuer!«, rief er ernst aus. »Ein ganz und gar schreckliches Feuer.«
Ich nickte. »Ich habe es gestern Abend am Flussufer gesehen.«
»Und es breitet sich nach Norden hin aus und wird uns alle verschlingen!«
»Es wird sich bestimmt nicht bis hierher ausbreiten«, sagte ich, »weil doch jetzt der König selbst daran arbeitet, es zu bekämpfen.«
»Der König!«, schnaubte Mr. Newbery verächtlich. »Dieses Feuer ist doch die Bestrafung ebendieses Mannes. Es ist doch schon lange gesagt worden, dass dieses Jahr die Zahl des Tieres trägt und in seinem Verlauf ein Urteil Über ihn und
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