Zuckerpüppchen - Was danach geschah
hatte natürlich recht. Ihre Wut fiel in sich zusammen. Das würde sehr schwierig sein. Aber das hatte sie jetzt nicht wissen wollen. Es ist interessant geschrieben, hatte er gesagt. Das war nicht viel an Lob, aber immerhin. “Das werde ich dann sehen, wenn ich so weit bin”, sagte Gaby kühl. “Ich kann nur ein Problem nach dem anderen lösen.”
Und jetzt galt es erst einmal ein anderes Problem zu lösen. Das Problem, das von Anfang an ihre Ehe überschattet hatte. Nein, nicht von Anfang an, sondern nach zwei Monaten, zwanzig Tagen und zehn Stunden. Hubert konnte ihr nicht treu sein, sagte er. Er wollte es gerne, aber er konnte nicht. Nicht, wenn sie nicht bereit war, mit ihm zusammen die Dinge zu erleben, die in seinen Phantasien und Träumereien einen immer größeren Umfang angenommen hatten. Er wollte und mußte mit anderen Frauen schlafen. Natürlich wollte er sie zu nichts zwingen. “Es ist ganz allein deine Entscheidung”, sagte er.
“Es ist ganz alleine deine Entscheidung”, hatte Pappi gesagt, “du hast es in der Hand, wie es zwischen uns wird.”
Sie war kein Kind mehr. Niemand konnte sie zwingen, etwas zu tun, das sie nicht wollte. Sie hatte mit Jaap darüber gesprochen. “Du mußt selbst wissen, was du willst”, hatte ihr Therapeut gesagt. “Dein Mann hat insofern recht, wenn er sagt, daß du nicht weißt, ob es dir gefällt. Du bist selbst verantwortlich für deine Entscheidungen.”
Später dachte sie oft, daß Jaap zu diesem Zeitpunkt der Therapie hätte wissen müssen, daß sie noch nicht so weit war, um zu wissen, was sie wollte. Aber vielleicht war es seine Absicht, ihr die Augen zu öffnen? Ihr deutlich zu machen, wo ihre Grenzen lagen?
“Nächsten Sonnabend”, sagte sie zu Hubert, “nächsten Sonnabend bin ich bereit, mit dir in den Club ‘Belle Jour’ zu gehen.” ‘Belle Jour’ war ein exklusiver Sexclub. Nur für Paare. Deshalb mußte sie auch mitgehen. Als Mann allein hatte man da keinen Zutritt. Außerdem wollte er ‘es’ ja mit ihr erleben. Nur mit ihr. Dann würde er ihr auch immer treu bleiben.
“Wollen wir beiden Hübschen dann mal?” fragte der Dicke sie und legte seine Hand vertraulich auf Gabys nackten Oberschenkel.
Sie sah zu Hubert. Über die rosige Schulter einer Rothaarigen sah er zu ihr. Nickte ihr beruhigend zu. Keine Angst, wird schon nicht so schlimm sein. Sie stand auf, taumelte ein wenig. Die dreiviertel Flasche Martini tat ihre Wirkung. Nur Martini, nicht mit Eis und nicht mit einer Scheibe Zitrone. Sie hatte ihn im Auto getrunken, einfach so, aus der Flasche. Die Tränen waren ihr dabei über die Wangen gelaufen. Hubert hatte nicht zur Seite gesehen. Vielleicht überlegt er es sich, hatte sie gedacht. Er liebt mich doch! Er muß doch sehen, daß ich mich betrinke. Wie ich schlottere. Daß ich Angst habe.
“Du mußt ihm sagen, was du fühlst,” hatte Jaap zu ihr gesagt. “Wie soll dein Mann wissen, wie du dich fühlst?”
“Ich habe Angst, Hubert”, sagte Gaby. “Das ist normal”, sagte Hubert nach einem Augenblick des Nachdenkens und sah auf die Landstraße. “Du weißt einfach nicht, was dich erwartet. Aber keiner wird dich da fressen. Das sind alles distinguierte Leute. Ein renommierter Club.” Ein renommierter Club. Alles distinguierte Leute. Sie hatte noch einen Schluck genommen. Die Konturen um sie herum begannen zu zerfließen. Alles wurde in einen grauen Nebel gehüllt.
Auch früher mit Pappi hatte ihr der Alkohol geholfen. Ein, zwei Glas Wein, und es hatte viel weniger wehgetan. Auch heute würde ihr niemand wehtun.
“Ich werde dir nie ein Haar krümmen”, hatte Hubert ihr bei der Hochzeit versprochen. Es war allein ihre Entscheidung gewesen. Sie wollte ihn nicht verlieren. Nur so konnte er ihr treu bleiben.
Die Matratzen im Nebenzimmer waren mit rosa Laken bedeckt. Vielleicht waren es auch nur die roten Lampen, die alles rosa erscheinen ließen. Rosa kleine Ferkelchen, die sich auf den rosa Laken suhlten, grunzten, schmatzten. “Nun komm schon”, sagte der Mann und zog sie nach unten. Er wurde ungeduldig. Schließlich hatte er seine Frau auch zur Verfügung gestellt. Gleiches Recht für alle. Gaby zitterte. “Mach sie breit, die Beine.” Als er mit voller Kraft in sie eindrang, schrie sie nicht. Sie kannte dies. Es würde schnell vorbei sein. Sie sah zu Hubert. Die Rothaarige lag unter ihm. Oh mein Gott, dachte sie und wandte den Kopf zur Seite. Oh mein Gott!!!
Sie sah in die verschleierten Augen einer jungen
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