Zügel der Leidenschaft
zu bekommen. Er war also an eine andere versprochen – und außerdem, falls das eine Rolle spielte, war er auch zu jung.
Also spiele sein Alter eine Rolle, überlegte sie hitzig eine Sekunde später. Weder sein Alter noch irgend etwas anderes an diesem angeberischen Mr. Braddock war von irgendwelcher Bedeutung für sie. Gütiger Gott, sie war doch nicht an einem Mann mit einem Harem interessiert! Schluß, aus.
»Doch andererseits«, fuhr der Botschafter schmeichelnd fort, »ist sich Charlotte vielleicht nicht zu schade, sich einiger ... nun ... skrupelloser Methoden zu bedienen, um ihn zu angeln.«
»Wie Hortense bei ihrer Tochter und Lonsdale.« Jeder kannte die Geschichte, wie man den jungen Lord ins Bett gelockt hatte und die Eltern der jungen Dame ihn dann dort ›entdeckten‹. »Ich persönlich«, meinte Violet achselzuckend, »bin nicht so sicher, ob das bei Mr. Braddock auch klappen würde. Er wirkt nicht wie ein Mann, der sich viel um Anstand und Sitte schert.«
»Er ist immerhin der einzige Mann, der sich offen rühmt, einen Harem zu besitzen. Vielleicht haben Sie recht«, stimmte Souveral leise zu. »Würden Sie daher vielleicht eine kleine Wette mit mir abschließen, ob Priscilla ihn bekommt oder nicht? Ich glaube, Charlotte ist ihm gewachsen.«
»Natürlich ist sie das nicht«, erklärte die Baronin nachdrücklich. »Und da ich das Geld gut gebrauchen kann, weil mein Dudley mich ständig ausraubt, wette ich tausend Guineen, daß sich Mr. Braddock wieder von der Angel windet.«
»Würden Sie auch eine kleine Wette wagen?« fragte der Botschafter Angela.
Sie hob in leiser Verachtung die Brauen. »Nein, ganz gewiß nicht. Ob Charlotte und Priscilla Erfolg haben, ist für mich völlig unwichtig. Ihr wißt ja gar nicht, wie sehr mich diese panische Heiratsvermittlerei in jeder Saison langweilt!«
»Das sagt sich leicht, wenn man einen Sohn hat, der erst siebzehn ist, und die Grevilles ihn vermutlich ohne deine Meinung zu erfragen vor den Altar schleppen. Und was May angeht ...« fuhr Violet fort, »da kannst du es dir erlauben, dem Heiratsmarkt noch sechzehn Jahre lang gleichgültig gegenüberzustehen.«
»So werde ich meine Kinder niemals verschachern.« Angela sprach diese Worte so leise aus, daß ihre beiden Zuhörer überrascht waren, wie man etwas so Ungewöhnliches so vehement mit einer so feinen Stimme ausdrücken konnte.
»Da spricht ohne Zweifel die Stimme der Erfahrung«, erwiderte Violet sanft.
Ohne darauf zu antworten, gab Angela dem Butler ein Zeichen, und als dieser unmittelbar neben ihr auftauchte, sagte sie: »Ich glaube, es ist Zeit für Drinks und Tee im Salon.« 2
Er verbeugte sich und murmelte: »Sehr wohl, Mylady«, während Angela sich erhob, den Tisch entlang ihre Gäste anlächelte und verkündete: »Warum ziehen wir uns nicht in den Salon zurück? Der Blick vom Balkon ist um diese Abendstunde besonders schön.«
Violet und Souveral tauschten einen Blick aus, als sie sich erhoben, um ihrer Gastgeberin zu folgen, die sich bereits auf die Tür zubewegte, die die beiden Diener für sie aufhielten. Sie schlenderten zusammen zum Salon, und Violet sagte leise: »Ihre Abneigung gegenüber Brook und seiner Familie grenzt fast an Besessenheit.«
»Der Mann ist aber auch furchterregend.« Auch in dem verhaltenen Ton war Souverals Abneigung unverkennbar.
»Und er lehnt eine Scheidung ab.«
Der Botschafter seufzte: »Selbst Bertie hat versucht, seinen Einfluß spielen zu lassen.« Er schüttelte den Kopf. »De Grae hat darauf nur gedroht, ihn als Scheidungsgrund anzuführen.«
»Dudley ist immerhin nur dumm und langweilig. De Grae kann einen aber ganz schön einschüchtem. Sie kämpft ständig darum, ihre Kinder vor seinem heftigen Temperament zu beschützen.«
»Eine schwächere Frau hätte er schon in die Knie gezwungen.«
Violet lächelte. »Aber als schwach könnte unsere Angela wohl niemand bezeichnen.«
»Der alte Lord Lawton hat sie gut geschult.« »Wir sollten jetzt besser über unverfänglichere Themen sprechen, als auch noch beim Tee den Heiratsmarkt zu diskutieren«, meinte Violet sanft. »Besonders nach dieser letzten Episode mit Fitz.«
»Vielleicht gibt Mr. Braddock ein paar Anekdoten von dem heutigen Rennen zum Besten?«
»Würde ihr das denn gefallen?« fragte Baronin Lanley leise, während ein leises Lächeln ihre Züge überflog.
»Sie haben es also auch gemerkt?«
»Ich habe noch nie zuvor gesehen, daß sie errötet. Der Mann trägt seine Männlichkeit
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