Zügel der Leidenschaft
knappem Lächeln fort: »Sicher sind Ihnen die Gerüchte bewußt, daß Sie ziemlich untröstlich seien? Habe ich jetzt alles abgedeckt?«
»Vollständig.« Ihre Stimme klang gelassen, als habe sie es andauernd mit äußerst attraktiven Männern in ihrem Schlafzimmer zu tun, die nichts als ihre Verführung im Sinn hatten. »Sie sehen also, wie unmöglich eine engere Freundschaft zwischen uns wäre.«
»Sind Sie immer so leidenschaftslos?«
»Sicher kann das für einen Mann kaum von Bedeutung sein, der auf seinen Reisen stets einen Harem um sich hat. Sie werden diesen spontanen Impuls in wenigen Stunden vergessen haben.«
»Sie urteilen sehr zynisch über Männer, Mylady.«
»Ich bin keine achtzehn mehr, Mr. Braddock.«
»Vielleicht kann ich Sie umstimmen?«
Zum ersten Mal lächelte Angela. »Wirklich, Mr. Braddock, das war nicht sehr originell.«
»Das haben Sie schon zu oft gehört?«
»Ich könnte mir denken, daß Sie noch sehr jung waren, als ich es zum ersten Mal hörte.«
»Wie alt sind Sie?«
»Fünfunddreißig.«
»Dann waren Sie ein sehr junges Ding, als Sie den Grafen heirateten.«
Da schien sich eine Maske über ihr Gesicht zu senken, die jeden Ausdruck überdeckte. »Ich war siebzehn«, sagte sie mit einer so kühlen Stimme, daß er sich fragte, was der Graf ihr wohl angetan hatte.
Er wußte, daß das Paar nicht zusammenlebte und zwar schon seit Jahren, aber er hatte nicht geahnt, wie heftig ihre Abneigung gegen den Gatten war. »Das tut mir leid«, sagte er, als habe sie ihm gnadenlos alle Einzelheiten mitgeteilt.
»Dazu besteht kein Anlaß, Mr. Braddock. Ich betrachte mich als glücklicher als viele andere Frauen. Aber Sie werden verstehen«, fuhr sie leise fort, »warum ich es vorziehe, mich nicht in Ihre Angelegenheiten einzumischen. Sie werden vermutlich bald wieder fort sein; Priscilla ist trotz allem, was Sie darüber sagen, in Ihrem Leben ein Faktor, und ehrlich gesagt kann ich in der Sache keinen einzigen Vorteil für mich entdecken.«
»Sie hätten für eine Weile einen Segelpartner«, erwiderte er grinsend.
»Wie clever, Mr. Braddock«, entgegnete sie, aber ihr Lächeln wirkte plötzlich echt. Hatte ihm Bertie von ihrer Leidenschaft fürs Segeln erzählt?
»Nennen Sie mich Kit.«
»Warum sollte ich?«
»Ihre Yacht liegt dieses Jahr nicht in Cowes. Kommen Sie morgen mit mir segeln.«
»Hmmm ... Sie wissen, daß das für mich sehr verlockend klingt.«
Ihre nun heiser schnurrende Stimme stachelte seine Sinne an, und er erinnerte sich wieder an die verführerische Dame, der er gestern abend auf der Terrasse begegnet war.
Rasch erhob sie sich von dem Diwan und trat in einer Wolke aus weißem Batist und Spitze zum Fenster, zupfte nervös an den Vorhängen, ließ die Hand fallen, wandte sich ihm rasch zu und sagte dann leise und unvermittelt: »Ich kann nicht.«
»Ich habe Priscilla keinerlei Hoffnungen gemacht«, erklärte er gelassen. »Absolut keine. Noch habe ich in absehbarer Zukunft etwas Entsprechendes vor. Was Charlottes Freundschaft angeht«, fügte er hinzu, sich dabei schwungvoll aus dem Sessel erhebend, »so schlage ich lediglich eine Fahrt bei hellem Tageslicht auf meiner Yacht vor. Bringen Sie eine Anstandsdame mit, wenn Sie wollen.«
Mit diesen Worten hatte er den geringen Abstand zwischen ihnen überbrückt und blieb dicht vor ihr stehen. »Bringen Sie so viele Freundinnen mit, wie Sie wollen«, murmelte er und berührte mit den Fingerspitzen leicht ihre Schulter.
»Bitte unterlassen Sie das«, sagte sie, aber ihre Stimme klang kaum lauter als ein Flüstern.
»Die Desirée ist auf See schneller als alle anderen Schiffe.« Sein Atem streifte ihre Wange, weil er den Kopf vorneigte. »Ich möchte es Ihnen beweisen.«
Sie begriff, daß er nun nicht ausschließlich über Segelyachten sprach. Seine Nähe zwang sie näher zum Fenster, doch sie spürte trotzdem die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. »Sie müssen jetzt gehen«, drängte sie und wandte die Augen von seinem fordernden Blick ab.
»Bald«, flüsterte er, umfaßte ihr Kinn mit seiner gewölbten Hand, zwang sanft ihren Kopf zurück und übte dabei einen so unwiderstehlich sanften Druck aus, daß sie ihr Gesicht zu ihm hochwandte. »Es dauert nicht lange«, murmelte er. Ihre sämtlichen Sinne erfaßten seine Ausstrahlung: Seinen Duft, seine Erregung.
»Sie müssen gehen«, hauchte sie.
»Ja, gleich«, erwiderte er.
»Jetzt!«
»Jetzt ...«, flüsterte er und senkte seine Lippen zu ihren herab.
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