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Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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Radierungen von Segelschiffen an den Wänden. Er dachte, daß Angela wohl der Ruysdael gefallen würde, der in seiner Kabine hing. Die sturmbewegte Seelandschaft erinnerte ihn stets an die Vergänglichkeit und Unberechenbarkeit des Lebens – eigentlich ein gutes Abbild seines Vagabundendaseins. Wie schön, überlegte er, daß die Gräfin auch gern segelte – ein ungewöhnliches Interesse für eine Dame der Gesellschaft –, aber sie war auch in anderer Hinsicht eine höchst ungewöhnliche Person.
    Das letzte gerahmte Seestück glitt an ihm vorbei, und dann stand er vor der getäfelten Tür, durch die Angela verschwunden war. Er hielt nicht inne, um Fragen des Anstands und der Sitte zu bedenken, denn er hatte gelernt, daß im Boudoir einer Dame die Regeln äußerst flexibel gehandhabt wurden. Und so öffnete er die Tür und trat über die Schwelle.
    Der kleine Rokoko-Salon, ganz in Gold- und Pastelltönen gehalten, war von seidenbeschirmten Lampen intim beleuchtet. Am schönsten aber war die liebliche Gräfin Angela, die im Neglige auf einem Diwan lag. Ihr Haar hing lose über die Schultern, und unter dem Spitzensaum ihres Nachthemdes waren ihre nackten Füße eben noch zu sehen. In dem weißen Gewand und mit dem glänzend hellen Haar ging von ihr in dem dämmrigen Raum ein fast überirdischer Glanz aus.
    Ihre Stimme hingegen hatte den präzisen Tonfall irdischer Realität: »Ich habe Sie nicht hereingebeten«, sagte sie, das Buch auf ihrem Schoß zuschlagend, mit einem durchdringenden und herausfordernden Blick.
    »Ich bin nicht sicher, ob ich die Geduld aufbringen könnte, auf eine Einladung zu warten«, antwortete Kit im Plauderton und schloß die Tür hinter sich. »Haben Sie wirklich Kopfschmerzen? Wenn das der Fall sein sollte, so möchte ich mein Bedauern ausdrücken.«
    »Würden Sie gehen, wenn ich ja sagte?«
    In dem verschnörkelten goldenen Türrahmen wirkte er noch muskulöser: dunkel, schlank, halb im Schatten der gegenüberliegenden Wand – eine starke Präsenz in dieser intimen Umgebung.
    »Werden Sie denn ja sagen?« Jetzt lehnte er sich lässig gegen die Tür und strahlte trotz der eleganten Kleidung eine kühne, potente Energie aus – wie ein barbarischer Krieger.
    Darauf folgte eine kurze Pause, in der Unentschiedenheit und verlockende Möglichkeiten im Raum vibrierten.
    Würde er es wagen, in mehr als nur die Ungestörtheit ihrer Privatgemächer vorzudringen?
    Und wie sollte sie reagieren, wenn er das versuchte? Aber sie rief sich ins Gedächtnis, daß sie keine furchtsame Novizin war, die in männlicher Gesellschaft von Unsicherheit überwältigt wird. Sie war eigentlich fähiger als die meisten Frauen, Männer in sicherem Abstand zu halten.
    Ihre Schulter hob sich in dem leisesten Zucken. »Nein, ich habe keine Kopfschmerzen.«
    Ein spontanes Lächeln überflog Kits gebräunte Züge. »Sie wollten sich bloß aus meiner Gegenwart entfernen?«
    »Sie sind zu sehr von sich überzeugt, Mr. Braddock. Warum sollte ich, da ich Sie doch kaum kenne.«
    »Vielleicht würden Sie mich gern besser kennenlernen«, bemerkte er leise. Er richtete sich auf und schritt auf ein paar vergoldete Sessel zu.
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte sie gleichgültig. »Und wenn Sie ein Gentleman wären, würden Sie jetzt gehen.«
    Er blieb einen Moment lang reglos stehen, während sein Blick sie langsam überflog. »Und das klappt gewöhnlich?« murmelte er, worauf er ohne eine Antwort abzuwarten seinen Weg fortsetzte. Er ließ sich in einen Sessel mit einem blumenbestickten Brokatkissen fallen, streckte sich lasziv aus und sagte sanft: »Aber ich bin kein Gentleman.«
    »Sehen Sie, Mr. Braddock«, erklärte Angela ruhig, während sie das Buch aus ihrem Schoß auf ein nahes Tischchen legte. »Ich will nicht so tun, als seien Sie kein faszinierender Mann. Wir sind beide nicht unerfahren auf diesem Gebiet, aber ...«
    »Ah, das unvermeidliche ›aber‹ ...«, warf Kit leise ein. »Gestatten Sie mir«, murmelte er dann mit einem verhaltenen Lächeln und einer leichten Neigung des Kopfes, »alle uns hindernden Gründe anzuführen: In erster Linie haben wir es mit Priscilla und Charlotte zu tun. Dann natürlich mit den ethischen Geboten von Freundschaft und Pflicht. Denken wir auch daran, daß ich im Territorium des Prinzen von Wales wildere, oder spielt das keine Rolle mehr? Wir dürfen auch nicht die Melancholie wegen Mr. Mantons Hochzeit vor kurzem vergessen.« Als sie überrascht die Brauen hochzog, fuhr er mit

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