Zügel der Leidenschaft
Wolke aus zartestem Chiffon und bändergesäumter Spitze, wirkte gleichzeitig ätherisch und üppig-sinnlich.
»Es war ein so schöner Tag, da bin ich länger ausgeritten, als mir bewußt war. Wie hat Winslow heute abgeschnitten?«
»Er ist in Topform, ausgesprochener Topform – ein hinreißendes Tier. Gekauft habe ich ihn auf Kits Rat hin. Sie erinnern sich doch an Kit Braddock?« plauderte der Prinz von Wales freundlich mit einer Geste seiner beringten Hand.
Einen Sekundenbruchteil lang verschlug es Angela den Atem.
»Guten Tag, Gräfin«, sagte Kit höflich.
Wie habe ich ihn nur übersehen können? fragte sie sich – auch wenn er am Rand des Raums gestanden hatte, war er einen guten Kopf größer als alle anderen Männer um den Prinzen.
»Guten Tag, Mr. Braddock.« Mühsam gelang es ihr, den Schock zu überwinden. Er sollte dieses Wochenende doch eigentlich in Wynmere sein, nicht hier vor ihr, so überaus attraktiv in seinem schwarzen Samtjackett, das sie zum Streicheln nur so einzuladen schien.
»Ich habe darauf bestanden, daß Kit herkommt«, sagte der Prinz von Wales unbekümmert, als habe er Angelas Gedanken gelesen. »Ich brauche ihn für Winslow.«
»Wird Ihr Pferd also morgen siegen?« fragte sie freundlich und verbannte strengstens alle stürmischen Gefühle, die Kits Gegenwart in ihr ausgelöst hatte. »Ich habe gehört, daß Hartleys Renner Ihnen einen Kampf liefern könnte«, fügte sie lächelnd hinzu.
»Das werden wir ja sehen, nicht wahr, Kit?« erklärte der Prinz zuversichtlich. »Vielleicht habe ich mit Winslow sogar meinen zweiten Derbysieger.«
»Er ist gewiß schnell und kräftig«, bemerkte Kit, »und er liegt vorn.« Er zuckte leicht mit der Achsel. »Er sieht vielversprechend aus.«
»Haben Sie auch einen Rennstall?« fragte Angela, die eigentlich keinerlei Interesse an Kit Braddock zeigen, sondern sich vielmehr nun zurückziehen und mit den anderen Frauen im Raum plaudern wollte. Und vor allem sollte sie sich keinen Gedanken hingeben, wie sich sein muskulöser Körper wohl unter seidigem Samt anfühlte ...
»Ich besitze gemeinsam mit meinem Schwager und meinen Neffen ein paar Vollblüter. Und ein paar Polopferde.«
»Haben Ihre Pferde schon irgendwelche Preise errungen?«
»Oft genug, um weiterhin für mich interessant zu sein«, antwortete er leise.
»Und profitabel«, warf der Prinz mit einem kurzen Auflachen ein. »Letztes Frühjahr hat er mit seinem Gaul in Belmont eine halbe Million eingestrichen.«
»Er lief als Außenseiter«, gab Kit bescheiden zu.
»Haben Sie auch schon an englischen Rennen teilgenommen?« wollte nun ihr Gastgeber, Lord Morton, wissen.
»Schon eine Weile nicht mehr.«
»Aber sein Stall hat in diesem Jahr bereits in Longchamps zwei Siege herausgeritten«, warf der Prinz von Wales ein.
»Ich hätte nicht gedacht, daß amerikanische Vollblüter so gut sein können.« In Joe Mantons Stimme lag leise Herausforderung.
»Manchmal haben wir einfach Glück«, erwiderte Kit verbindlich. »Ich hoffe nur, daß Winslow morgen ebenso viel Glück hat«, fügte er dann hinzu und bog Joe Mantons leicht herabsetzende Bemerkung damit ab – mit dem Gedanken, daß Angelas Liebhaber wohl von seinem Interesse an ihr gehört hatte.
»Hört! Hört!« Bertie lächelte durch den dicken Zigarrenrauch. »Auf den morgigen Sieg!« setzte er hinzu und hob sein Brandyglas.
Ein Dutzend Gläser wurden nun auf den künftigen Monarchen erhoben und rasch geleert – und schon kündigte die Glocke die nächste Unterbrechung an: Nun hatte man sich zum Dinner umzukleiden.
Anderthalb Stunden später, als die Gäste sich in Nähe der Tür zum Speisesaal versammelten, mußte Angela feststellen, daß ihr Begleiter und Tischherr für den Abend Kit Braddock sein würde.
»Haben Sie das arrangiert?« fragte sie ihn kühl und mit verhaltener Stimme.
»Dafür hat vermutlich Bertie gesorgt«, gab Kit ebenso leise zurück.
»Und was wurde aus Wynmere?«
»Bertie wollte nicht, daß ich dorthin gehe.«
»Ich hätte Sie nicht für so fügsam gehalten, Mr. Braddock.«
»Da kennen Sie mich aber nicht sehr gut, Gräfin. Gelegentlich ...« fuhr er lächelnd fort, »... bin ich unendlich fügsam.«
»Wie faszinierend.« Ihre Stimme troff vor Sarkasmus. »Nicht so faszinierend wie Sie in diesem provozierend scharlachroten Kleid«, murmelte er, und seine grünen Augen funkelten belustigt auf.
»Ich bin ganz bewußt aus Cowes abgereist, Mr. Braddock.«
»Das weiß ich.«
Ihre Brauen zuckten
Weitere Kostenlose Bücher