Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
Patienten geht«, sagte Cadfael mit ungewöhnlicher Großmut gegenüber der Engstirnigkeit von Menschen, die ihm so fremd waren wie Prior Robert und sein Schreiber. Immerhin war ihre Sorge ja verständlich. Diese ehrwürdigen Mauern waren erzittert, und die Seelen derer, die hier lebten, erbebt.
    »Ich habe alle Hände voll mit ihnen zu tun und reiße mich nicht darum, mir noch mehr aufzubürden. Hat man dem Jungen zu essen gegeben und nach seinen Wunden gesehen? Das ist alles, was mich interessiert.«
    »Bruder Oswin hat sich um ihn gekümmert«, antwortete Jerome.
    »Das ist gut! Dann werde ich jetzt unseren Abt aufsuchen und sehen, ob ich etwas zu essen bekommen kann, denn ich habe nicht gefrühstückt, und die dort oben in der Stadt haben andere Sorgen als einem hungrigen Mönch einen Bissen anzubieten.«
    Als er über den Hof zum Haus des Abtes ging, fragte er sich allerdings, wieviel von dem, was er in Erfahrung gebracht hatte, er dem Abt erzählen würde. Radulfus war sicher nicht an zweideutigen Reden interessiert, und auch über einen getrockneten Blutstropfen, an dem einige blonde Haare klebten, gab es nicht viel zu sagen; wenigstens nicht, bevor der fahrende Gaukler, der alle gegen sich hatte und dessen Leben auf dem Spiel stand, nicht Gelegenheit bekommen hatte, sich dazu zu äußern.
    Abt Radulfus nahm die Nachricht, daß die gesamte Hochzeitsgesellschaft von Liliwins Schuld überzeugt war, ohne Überraschung auf. Er glaubte jedoch nicht, daß Daniel oder irgendein anderer mit Gewißheit sagen konnte, wer den ganzen Abend über anwesend gewesen war und wer nicht.
    »Bei so vielen Gästen und einer Feier, die so lange gedauert hat und bei der so viel getrunken wurde, kann doch niemand genau sagen, wer wann gekommen oder gegangen ist.
    Dennoch kann man eine übereinstimmende Aussage, die von so vielen Leuten gemacht wird, nicht einfach übergehen. Nun, wir müssen unsere Pflicht tun und alles andere den Vertretern des Gesetzes überlassen. Der Unteroffizier hat mir gesagt, daß sich der Sheriff im Osten der Grafschaft aufhält, um einen Streit zwischen zwei benachbarten Adligen zu schlichten. Sein Stellvertreter soll jedoch noch im Lauf des Tages hier eintreffen.«
    Das war eine gute Nachricht. Hugh Beringar würde dafür sorgen, daß bei der Wahrheitsfindung nicht der leichteste Weg beschriften wurde und man scheinbar unbedeutende Einzelheiten, die nicht ins Bild paßten, überging. Abgesehen davon, daß er ihm seine Jongleurkugeln und -ringe zurückgeben wollte, hatte Cadfael vor, ein solches Detail mit Liliwin zu besprechen. Nach dem Essen machte er sich auf die Suche nach ihm und fand ihn im Kreuzgang. Er hatte sich Nadel und Faden geliehen und war dabei, die Risse in seinem Mantel zu nähen. Er hatte sein Gesicht unter der verbundenen Stirn gründlich gewaschen. Es sah blaß und mager, aber sauber aus, und Cadfael sah, daß er ebenmäßige, ja sogar feine Gesichtszüge besaß. Und wenn er auch den Staub noch nicht aus seinem Haar hatte waschen können, so hatte er es doch ordentlich gekämmt.
    Erst das Zuckerbrot, dann die Peitsche… Cadfael setzte sich neben ihn und legte ihm das mitgebrachte Bündel in den Schoß. »Hier hast du einen Teil deiner Habseligkeiten zurück.
    Da – sieh selbst nach!«
    Aber Liliwin hatte das ausgebleichte Tuch, in das die Bälle und Ringe eingeschlagen waren, bereits erkannt. Ungläubig und verwundert betrachtete er das Bündel, knüpfte dann den Knoten auf und betastete liebevoll und mit Freude seinen bescheidenden Besitz. Er errötete, und sein Gesicht hellte sich auf, als könne er nun zum erstenmal seit langer Zeit wieder daran glauben, daß auch er ein Anrecht auf Trost und Güte hatte.
    »Aber wie habt Ihr sie bekommen? Ich hätte nie gedacht, daß ich sie jemals wiedersehen würde. Und Ihr habt daran gedacht, danach zu fragen…, für mich… Das war sehr freundlich von Euch!«
    »Ich brauchte gar nicht danach zu fragen. Die alte Dame, die dich geschlagen hat, ist ehrlich, auch wenn sie ein alter Drachen ist. Und obwohl sie äußerst geizig ist, will sie nicht behalten, was ihr nicht gehört. Darum hat sie dir dies zurückgeschickt.« Mit nicht gerade freundlichen Worten, aber das brauchte Cadfael ihm ja nicht zu sagen. »Hier, nimm es als ein gutes Zeichen. Wie geht es dir heute? Hast du zu essen bekommen?«
    »Sehr gut! Ich soll mir mein Essen zum Frühstück, zum Mittag-und zum Abendessen in der Küche abholen.« Es klang fast, als könne er gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher