Zuflucht Im Kloster
Angelegenheit erfordert Zeit und Gebete und verträgt keine Eile. Das Studium der Musik braucht ein ganzes Leben – ganz gleich, wie lang es ist.«
Er hatte Liliwin so viel Mut gemacht, daß dieser wie im Traum mit ihm ging und ganz vergaß, wie kurz ein Leben manchmal sein kann.
An diesem Morgen erwachte Walter Aurifaber mit hartnäckigen Kopfschmerzen. Außerdem waren seine Glieder steif, und eine so erregte Rastlosigkeit bemächtigte sich seiner, daß er aufstehen, sich strecken, mit den Füßen aufstampfen und sich Bewegung verschaffen wollte, um die Taubheit in seinem Körper zu vertreiben. Er knurrte seine geduldige, stille Tochter an, erkundigte sich nach seinem Gesellen, der so klug gewesen war, sich seine Sonntagsruhe dadurch zu sichern, daß er für diesen Tag aus der Werkstatt und der Stadt verschwand, und setzte sich dann an den Tisch, verzehrte ein umfangreiches Frühstück und sah seinen Verlusten ins Gesicht.
Er begann sich, wenn auch nur nebelhaft, an die Ereignisse des vorgestrigen Abends zu erinnern, insbesondere an eines, von dem seine Mutter besser nichts erfuhr. Gewiß, Geld war Geld, und in diesem Fall war die alte Frau im Recht, aber man verheiratet ja nicht jeden Tag seinen Erben, noch dazu mit einer Frau, die eine große Mitgift in die Ehe bringt. Unter diesen Umständen war eine kleine Mildtätigkeit gegenüber einem armseligen Gaukler doch wohl zu verzeihen. Aber würde sie das auch so sehen? Wenn er an die katastrophalen Folgen dachte, bereute er es bitter, daß er diesem seltenen Impuls, großzügig zu sein, nachgegeben hatte. Nein, sie durfte nichts davon erfahren!
Mit schmerzendem Kopf hing Walter seinen sinnlosen Gedanken nach, und sein einziger Trost war zu sehen, wie sein Sohn und seine neue Schwiegertochter zum Sonntagsgottesdienst in die Marienkirche gingen. Sie trugen ihre besten Kleider, und Margerys Hand lag, wie es sich gehörte, auf Daniels Arm. Solange der geraubte Inhalt seines Geldkastens nicht wiedergefunden war, war das Geld, das Margery ins Haus gebracht hatte und noch bringen würde, wichtiger als alles andere. Sein Kopf schmerzte heftig, als er an den Überfall dachte. Wer immer dies dem Haus Aurifaber zugefügt hatte, sollte und mußte hängen, wenn es in dieser Welt so etwas wie Gerechtigkeit gab!
Als Hugh Beringar in Begleitung seines Unteroffiziers kam, um die Aussage des Opfers mit eigenen Ohren zu hören, war Walter bereit. Er war jedoch nicht sehr erbaut darüber, daß Frau Juliana, die Cadfaels Besuch erwartete und damit rechnete, daß er ihr zahlreiche Verhaltensmaßregeln geben würde, es sich in den Kopf gesetzt hatte, ihrem Arzt den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie ihn unten, in der Halle, empfing. Den Stock in der Hand, stieg sie langsam und mit jedem Schritt tastend die Treppe hinunter und fuhr Susanna, die sie aufhalten wollte, an, auf diese Art von Hilfe könne sie verzichten. Als Cadfael kam, saß sie, gestützt von Kissen, auf ihrer Bank in der Ecke und sah ihn mit einem herausfordernden Blick an. Cadfael beschloß, ihr nicht den Gefallen zu tun, ihr eine Predigt zu halten, sondern übergab ihr die Arzneien, die er ihr mitgebracht hatte, und vergewisserte sich, daß Herz und Lunge einwandfrei arbeiteten, bevor er sich Walter zuwandte, der mit einem Mal und völlig unerklärlich recht einsilbig geworden war.
»Es freut mich zu sehen, daß es Euch so viel besser geht.
Die Geschichten, die man sich über Euch erzählte, kamen zwanzig Jahre zu früh. Es tut mir aber leid, daß ihr einen solchen Verlust erlitten habt, und ich hoffe, das gestohlene Geld wird bald wiedergefunden.«
»Bei Gott, das hoffe ich auch«, sagte Walter mißmutig. »Ihr sagt, dieser Halunke, der bei Euch Zuflucht gesucht hat, hat nichts von seiner Beute bei sich gehabt, und solange er im Kloster ist, kann er sie ja wohl kaum ausgraben und sich damit davonmachen. Irgendwo muß das Geld ja geblieben sein, und ich hoffe, die Männer des Sheriffs werden es bald finden.«
»Ihr scheint ganz sicher zu sein, daß der Gaukler der Täter war.« Hugh war mit seiner Vernehmung bis zu dem Punkt gekommen, wo Aurifaber die Wertsachen an sich genommen hatte und in die Werkstatt gegangen war, und hier war der Goldschmied plötzlich weniger mitteilsam geworden. »Aber wenn ich es recht verstanden habe, dann ist der Spielmann ja schon einige Zeit vorher hinausgeworfen worden, und bisher hat niemand ausgesagt, ihn danach noch in der Nähe Eures Hauses gesehen zu haben.«
Walter warf
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