Zuflucht Im Kloster
kann, wirst du wahrscheinlich wollen, daß ich es für dich räume. Auch das wird geschehen.
Von morgen an werde ich dir nicht mehr im Weg stehen.«
Sie wandte sich um und ging zur Tür hinaus und in die Küche. Der Schlüsselbund an ihrem Gürtel klingelte wie ein letztes, trotziges Aufbegehren. Als sie hinaus war, herrschte ein gespanntes Schweigen. Juliana war die erste, die es brach.
»So, Kinder – seid ihr nun zufrieden?« sagte sie und sah ihren Enkel und seine Frau spöttisch an. »Ihr habt erreicht, was Ihr wolltet – jetzt macht das Beste daraus. Einen Haushalt zu führen, verlangt harte Arbeit und viel Überlegung.«
Margery beeilte sich, sich bei ihr zu bedanken und ihr zu versprechen, sie werde ihr Bestes tun. Die alte Frau hörte ihr geduldig zu, aber auf ihren Lippen lag noch immer jenes kühle, irritierende Lächeln, das auch Susanna hatte. »Es ist gut. Nun geh, und auch Daniel soll sich wieder an seine Arbeit machen.
Bruder Cadfael ist, wie ich sehe, ganz und gar nicht glücklich darüber, daß ich mich schon wieder so aufgeregt habe. Wenn er mir gleich noch ein Beruhigungsmittel gibt, habe ich das nur euch dreien und eurem Streit zu verdanken.«
Sie waren froh, entlassen zu sein, denn sie hatten noch vieles miteinander zu besprechen. Cadfael sah, wie sich graue Schatten um Julianas Mund ausbreiteten, sobald ihre störrische Selbstbeherrschung nachließ und sie sich in die Kissen sinken ließ. Er füllte einen Becher mit Wasser und schüttete etwas Pulver aus der Rinde von Eichenmistelzweigen hinein. Sie sah ihn über den Becher hinweg an und lächelte säuerlich.
»Nur zu, sprecht es nur aus! Sagt nur, daß wir meiner Enkelin übel mitgespielt haben.«
»Das brauche ich nicht«, sagte Cadfael, der einen Schritt zurückgetreten war, um sie besser ansehen zu können, und feststellte, daß ihre Hände ruhig, ihr Atem gleichmäßig und ihr Gesichtsausdruck so hart wie immer waren, »denn schließlich wißt Ihr es ja selbst.«
»Ja, und es ist zu spät, um daran etwas zu ändern. Aber immerhin habe ich ihr den einen Tag zugestanden, den sie wollte. Selbst den hätte ich ihr verweigern können. Glaubt Ihr, die Schlüssel, die ich ihr vor Jahren gab, wären die einzigen gewesen, die es gibt? Ich lasse mich doch nicht einfach abschieben! Nein, ich kann immer noch überall herumschnüffeln, wenn ich will. Und manchmal tue ich das auch.«
Cadfael war dabei, seine Arzneien wieder in seinen Beutel zu stecken. Er sah auf. »Und wollt Ihr auch Euren Schlüsselbund Daniels Frau übergeben? Wenn Ihr vorgehabt hättet, Zwietracht zu säen, hättet Ihr Eure Schlüssel ja jetzt gleich, vor den Augen Eurer Enkelin, aushändigen können.«
»Die Zeiten, da ich so etwas getan hätte, sind längst vorbei«, sagte Juliana mit plötzlich trauriger Stimme. »Bald wird man mir alle Schlüssel abnehmen, wenn ich sie nicht freiwillig herausgebe. Aber diese werde ich noch ein paar Tage behalten. Ich habe immer noch Verwendung dafür.«
Dies war ihr Haus, ihre Familie. Was immer sich hier zusammenbraute und sich zu entladen drohte – sie war diejenige, die damit fertigwerden mußte. Kein Außenstehender brauchte davon zu wissen.
Gegen Mitte des Morgens, als Susanna und Rannilt beide in der Küche waren und dort gewiß für einige Zeit beschäftigt sein würden und die Männer in der Werkstatt arbeiteten, schickte Juliana Margery, die einzige, die noch im Haus war, zu einem Weinhändler am anderen Ende der Stadt, um einen starken Wein zu holen, den sie mit Vorliebe gewürzt trank. Als sie allein im Haus war, stand sie, schwer auf ihren Stock gestützt, auf und tastete unter ihren Röcken nach dem kleinen Beutel, in dem sie ihre Schlüssel verwahrte.
Die Tür zu Susannas Zimmer war offen. Von dort führte eine zweite, kleinere Tür auf den Teil des Hofes, der die Küche vom Haus trennte. Juliana konnte undeutlich die Stimmen der beiden Frauen vernehmen. Sie konnte die Worte, die gewechselt wurden, nicht verstehen, aber dem Tonfall konnte sie entnehmen, daß Susanna kühl und kurz angebunden wie immer war, während das Mädchen besorgt und ängstlich klang.
Juliana wußte nur zu gut, daß Rannilt vorgestern erst lange nach Einbruch der Dunkelheit und in großer Eile heimgekommen war. Niemand hatte ihr das gesagt, und dennoch wußte sie es. Ihren Augen und Ohren entging nichts, aber sie ersparten ihr auch nichts. Man hatte Susanna übel mitgespielt, und nun war es zu spät, es wiedergutzumachen!
Das Mädchen hatte
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