Zuflucht Im Kloster
Verwandter und wäre von der Familie auch nie als Susannas Mann akzeptiert worden. Notgedrungen schmiedeten die beiden Pläne, in einem günstigen Moment von hier zu verschwinden und sich weit von dieser Stadt entfernt niederzulassen. Ihr Vater hatte sie nicht mit einer Mitgift ausgestattet, und so nahm sie sich, auf was sie ein Anrecht zu haben glaubte. Wie auch immer der Name dieses Mannes lauten mag – ich weiß jetzt, was er ist: Er ist ihr Liebhaber.
Mehr noch, er ist der Vater ihres Kindes.«
12. Kapitel
Freitag nacht
Noch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, war Hugh Beringar aufgesprungen. »Wenn Ihr recht habt, werden sie, nach allem, was geschehen ist, nicht länger zögern. Sie haben schon lange genug gewartet, und dasselbe gilt auch für mich.«
»Ihr geht dorthin? Ich werde Euch begleiten.« Cadfael war etwas beunruhigt wegen Rannilt. Sie hatte in aller Unschuld Dinge ausgesprochen, denen sie keine große Bedeutung beimaß, die einem aufmerksamen Zuhörer aber so manches offenbarten. Es war besser, sie in Sicherheit zu bringen, bevor Susanna in ihr eine Gefahr für ihre Pläne sah. Liliwin schien denselben Gedanken zu haben, denn er eilte Hugh Beringar nach und faßte ihn am Ärmel, bevor er das Kloster verließ.
»Bin ich jetzt frei, Mylord? Muß ich mich nicht mehr hier verstecken? Dann nehmt mich bitte mit! Ich will Rannilt in Sicherheit bringen. Ich will, daß sie bei mir ist. Wenn sie nun Angst bekommen, daß sie zuviel weiß? Wenn sie ihr irgend etwas antun? Ich will sie in Sicherheit bringen, auch wenn ich mich dabei in Gefahr begebe!«
Beringar klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Dann kommt mit! Du bist frei, und ich werde meinen Männern sagen, daß gegen dich kein Verdacht mehr besteht. Morgen soll es die ganze Stadt erfahren.«
Im Haus der Aurifabers brannte kein Licht mehr, als Beringars Unteroffizier an die Tür zur Halle klopfte. Die ganze Familie lag schon im Bett, und es dauerte einige Zeit, bis jemand kam, um zu öffnen. Zweifellos war Frau Juliana inzwischen für die Beerdigung hergerichtet worden.
Es war Margery, die schließlich herunterkam und mit zitternder Stimme durch die geschlossene Tür fragte, wer da sei und warum man den Schlaf ehrbarer Bürger zu nachtschlafender Zeit störe. Auf Hughs Befehl öffnete sie die Tür und ließ ihn ein. Sie war überrascht, daß Susanna, die ja im Erdgeschoß schlief, nicht schneller zur Stelle gewesen war als sie. Gleich darauf stellte sich jedoch heraus, daß Susanna nicht da war. Ihr Zimmer war leer, das Bett unberührt, und die Truhe, in der sie ihre Kleider aufbewahrt hatte, enthielt nur noch einige abgetragene Kleidungsstücke.
Die Ankunft des stellvertretenden Sheriffs und einiger seiner Offiziere rief bald auch die anderen Bewohner des Hauses herbei. Walter kam mißtrauisch und mit kleinen, verschlafenen Augen die Treppe hinunter, Daniel eilte besorgt an die Seite seiner Frau, und Griffin stand auf der anderen Seite des Hofes und blickte unsicher herüber. Es war eine seltsam kleine und unbeeindruckende Versammlung – die beiden wichtigsten Familienmitglieder fehlten, und der kleine Rest, der sich hier eingefunden hatte, wußte nicht, was tun. Man blickte einander verstört an und sah sich um, als könne Susanna jeden Augenblick in irgendeinem dunklen Winkel der Halle auftauchen.
»Meine Tochter?« krächzte Walter und sah sich hilflos um.
»Ist sie denn nicht da? Sie muß doch da sein…, sie ist vorhin wie immer als letzte zu Bett gegangen und hat die Lichter gelöscht. Es ist gewiß noch keine Stunde her. Sie kann doch nicht fort sein!«
Aber sie war fort. Und dasselbe galt auch für Iestyn, wie Cadfael feststellte, nachdem er eine Laterne genommen und die Außentreppe hinunter in den Keller gegangen war. Iestyn, der Waliser, ein Mann ohne Geld, ohne Familie, ohne Ansehen, ein Mann, der nie die Erlaubnis erhalten hätte, die Tochter seines Meisters zu heiraten, selbst jetzt nicht, da sie nicht mehr gebraucht wurde, um dem Goldschmied den Haushalt zu führen, und keinen weiteren Wert besaß.
Das ganze Haus war mit einem gemauerten Gewölbe unterkellert. Einer plötzlichen Eingebung folgend, durchquerte Cadfael den Keller bis zur Vorderseite des Hauses, wo sich eine schmale Treppe mit einer Tür befand, die in die Werkstatt führte. Als er sie öffnete, sah Cadfael, daß genau gegenüber der Tür Walter Aurifabers Geldkasten stand. Er hatte in jener Nacht keinen Schatten gesehen, kein Geräusch
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