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Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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klar und noch jung, und schwache Lichtschimmer gingen von unerwarteten Stellen aus: von der glatten Oberfläche des Flusses, von einer aus hellen Steinen errichteten Hausmauer, einem blühenden Busch oder verstreut unter den Bäumen wachsenden Blumen. Die beiden Frauen waren unbehelligt durch das Waliser Tor und über die Brücke gegangen. Owain Gwynned, der unangefochten über fast ganz Wales herrschte, mischte sich nicht in den englischen Bruderkrieg ein, sondern verfolgte mit erheblicher Gerissenheit lediglich seine eigenen Interessen. Er nahm jeden auf, der vor seinen Feinden auf der Flucht war, und bot jedem seine Freundschaft, der ihm nützliche Informationen verschaffen konnte. Die Grenzen von Shrewsbury bedrohte er nicht – er sicherte sich weit größere Vorteile durch seine Neutralität.
    Seine eigene Grenze jedoch bewachte er gut. Es war eine günstige Nacht für Flüchtlinge, die auf dem Weg nach Westen waren – sofern sie einige einflußreiche Anführer walisischer Stämme kannten.
    Sie glitten wie Schatten durch die dunklen Straßen von Frankwell, und danach gingen sie, noch immer in Sichtweite des Flusses, auf einem Feldweg weiter nach Westen. Das kleinere, aber schwerere Bündel trug Susanna. Das große, unförmige, das all ihre guten Kleider enthielt, trugen sie zu zweit zwischen sich. Für eine allein wäre es zu unhandlich gewesen. Wenn ich dich nicht hätte; hatte sie gesagt, müßte ich die Hälfte meiner Habseligkeiten zurücklassen, und das wäre schade, denn ich werde sie noch brauchen.
    »Werdet Ihr heute nacht weit kommen?« fragte Rannilt zögernd, aber voller Hoffnung auf eine bestätigende Antwort.
    »Ich hoffe, daß wir dieses Land hinter uns lassen werden, Iestyn ist hier ein Niemand, aber in Wales hat er Verwandte und ist ein angesehener Mann. Dort werden wir in Sicherheit sein.
    Wenn wir uns heute nacht beeilen, wird uns niemand mehr einholen können. Hast du keine Angst, Rannilt, den weiten Weg im Dunkel zu gehen?«
    »Nein«, antwortete Rannilt entschlossen, »ich habe keine Angst. Ich will, daß es Euch gut geht und daß Ihr glücklich seid, und ich trage gern Eure Sachen. Ihr sollt nicht als Bettlerin fliehen müssen.«
    »Nein«, pflichtete Susanna ihr bei. Ihre Stimme zitterte, als unterdrücke sie ein Lachen. »Ich bin nicht ganz mittellos. Ich habe mir meine Zukunft verdient, oder nicht? Sieh dich um«, sagte sie. »Diese Stadt sieht aus wie ein Maulwurfshügel.« Die Stadt kauerte wie ein geduckter Schatten in der Nacht. Die Stadtmauer, die sich über dem Fluß erhob, war schemenhaft zu erkennen. »Ein letzter Blick zurück«, sagte Susanna. »Es ist nicht mehr weit. Ist die Last zu schwer für dich? Du wirst bald von ihr erlöst sein.«
    »Nein, sie ist gar nicht schwer«, sagte Rannilt. »Ich würde noch mehr für Euch tun, wenn ich nur könnte.«
    Der Pfad, der sich zwischen den Feldern hindurchschlängelte, war uneben und steinig, aber Susanna kannte ihn gut und schrittsicher aus. Zu ihrer Rechten war das Gelände bewaldet und stieg an. Links erstreckten sich grüne Wiesen bis zum leise dahinmurmelnden Severn. Vor ihnen ragte schattenhaft ein von Büschen umgebenes Gebäude auf.
    Nach Norden war es durch Bäume und Unterholz abgeschirmt.
    Die Weide, die zum Stall gehörte, erstreckte sich nach Süden.
    »Wir sind da«, sagte Susanna und ging schneller, so daß Rannilt Mühe hatte, mit ihr Schritt zu halten und den Zipfel des großen Bündels, den sie festhielt, nicht loszulassen.
    Das dunkel aufragende Gebäude war nicht groß, aber aus soliden Baumstämmen errichtet und hoch genug für einen Heuboden unter dem Dach. Eine weit geöffnete Doppeltür gähnte wie ein schwarzes Loch, aus dem ihnen der Geruch von Pferden, Heu und staubiger Wärme entgegenschlug. Ein Mann, zu erkennen nur an seiner Gestalt, trat heraus. Er hatte angespannt auf die Schritte gelauscht. Sogleich erkannte er Susanna und kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu; sie ließ ihren Zipfel des Bündels los und eilte auf ihn zu. Sie sprachen kein Wort. Rannilt hielt noch immer ihr Ende des Bündels in der Hand und zitterte, als bebe die Erde unter ihr, als sie sich in dieser stummen, leidenschaftlichen Umarmung trafen. Ein einziges Mal wenigstens hatte sie einen kleinen Funken dieser alles verzehrenden Flamme in sich gespürt. Sie schloß die Augen und erschauerte.
    Sie trennten sich ebenso abrupt und schweigend, wie sie sich umarmt hatten. Iestyn sah über Susannas Schulter und heftete seine schwarzen

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