Zuflucht im Teehaus
bemitleiden sollte: den Krebs, der den Geschmack der Freiheit nur so kurz hatte kosten dürfen, den Fischhändler oder mich selbst, die ich nun von oben bis unten naß und um zwei Millionen Yen ärmer war.
Ich würde diesen Mr. Sakai finden, und wenn es das letzte wäre, was ich tun würde. Als erstes würde ich es über die Telefonauskunft versuchen, denn er hatte ja mit Sicherheit eine Telefonnummer und eine Adresse. Entschlossen machte ich mich auf den Weg zu einer Reihe von Telefonzellen, an denen Aufkleber für Hostessen warben, und wünschte mir, genug Geld für ein eigenes Handy zu haben. Pocketo ,wie diese Handys hier kurz hießen, funktionierten wie drahtlose Verlängerungen des heimischen Basisapparates und hatten eine Reichweite von bis zu fünfundsechzig Kilometer. Hugh hatte zusätzlich zu seinem Autotelefon immer eines bei sich. Er hatte auch mir eines besorgen wollen, aber da ich mich finanziell nicht völlig von ihm abhängig machen wollte, hatte ich sein Angebot ausgeschlagen.
Ich wühlte gerade in meiner Handtasche nach Münzen, als ein silberfarbener Windom auf mich zukam.
» Onesan !Na, wollen Sie mitfahren?« Der japanische Elvis streckte seinen gegelten Kopf durch das geöffnete Dach, damit ich ihn sehen konnte.
Ich winkte ab und blieb bei der Telefonzelle stehen.
»Sie sind also gar nicht heimgefahren! Haben wohl die ganze Nacht durchgemacht, neh? Haben Sie das Bad besucht, das ich Ihnen empfohlen habe?« Jun Kuroi machte keinerlei Anstalten weiterzufahren. Ein paar Autofahrer hinter ihm begannen zu hupen.
»Nun, eigentlich suche ich nach einem Mann«, sagte ich.
»Na, ich bin doch da!« meinte Jun kichernd.
Tja, dachte ich, vielleicht kann er mir tatsächlich helfen, also kletterte ich in seinen Windom und fragte ihn, ob er so nett wäre, mir für einen Augenblick sein Autotelefon zu überlassen.
»Aber selbstverständlich! Die Gespräche zahlt mein Chef, also was soll’s?« Jun reichte mir den Apparat, und ich wählte die Nummer der Vermittlung. Leider bekam ich die Auskunft, daß Nao Sakai sein Privattelefon abgemeldet hatte. Weitere Informationen konnte mir die Dame vom Amt nicht geben.
Nachdem ich das Gespräch beendet hatte, fragte Jun: »Das ist doch der Kerl mit den Antiquitäten, oder? Ziemlich dünn, ein bißchen tuntig, ja?«
»Die Beschreibung stimmt in etwa«, sagte ich, obwohl ich der Meinung war, daß Jun mit seiner Frisur sich da wohl kaum ein Urteil erlauben konnte.
»Ich habe ihn schon öfter in der Stadt gesehen. Er ist ein richtiger Trottel. Was wollen Sie denn von ihm?«
»Sakai hat mich übers Ohr gehauen«, sagte ich. »Ich versuche gerade, eine Entschädigung von ihm zu bekommen.«
»Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, daß Hita Fine Arts zu teuer ist! Ich hätte Ihnen bessere Läden zeigen können. Ich kenne alle Leute hier in der Stadt.«
»Glauben Sie, Sie könnten mich mit ein paar Händlern zusammenbringen, die vielleicht wissen, wo er wohnt? Er hat sein Telefon abgemeldet, und ich kann seine Adresse nicht herausfinden.«
»Ich bin Autoverkäufer. Es ist mein Beruf, Leute aufzuspüren, die nicht aufgespürt werden wollen. Ich verkaufe meinen Kunden gern jedes zweite Jahr einen neuen Wagen, das heißt, daß ich sie jeden Monat anrufe oder besuche, damit der Kontakt nicht abreißt. Manchmal ist ihnen das richtiggehend lästig.« Jun zwinkerte mir zu. »Aber ich finde sie immer.«
Das klang nicht schlecht. Als wir einen Antiquitätenladen nach dem anderen abklapperten, stellte sich heraus, daß sie Jun tatsächlich alle namentlich kannten. Außerdem erfuhr ich, daß er der Sohn des Toyota-Händlers war, eine Tatsache, die er mir verschwiegen hatte.
Nao Sakais Geschäfte gingen nach Aussage eines Antiquitätenhändlers, der einen Laden neben Juns hochgelobtem Mineralbad hatte, nicht sonderlich gut. Bis vor kurzem hatte er praktisch nur zweitklassige Ware angeboten. Daß er den Raum bei Hita Fine Arts aufgegeben hatte, betrachteten die anderen als gute Gelegenheit. Vermutlich würden sie versuchen, sich zu überbieten, um den gefragten Platz gleich neben den T-Shirts und den Briefmarken zu bekommen.
Ich lachte gequält, als wir den Laden verließen. Jun schlug vor, zur Entspannung ein heißes Bad zu nehmen, doch ich lehnte ab und bat ihn statt dessen, mich in die Vororte von Hita zu bringen, damit ich einen Blick auf das düstere, dünnwandige Haus werfen konnte, das Mr. Sakai laut Aussage des Antiquitätenhändlers zur Miete bewohnte. Auf mein
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