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Zug um Zug

Zug um Zug

Titel: Zug um Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt / Peer Steinbrück
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Stadt.
    Steinbrück:   Der muss sich sogar dieser Frage angenommen haben, mit dem Ergebnis, dass Uwe Seeler in Hamburg geblieben ist.
    Schmidt:   Uwe Seeler hat, wenn ich das richtig erinnere, in den fünfziger Jahren für den Schmidt Plakate geklebt im Wahlkampf. Als ich anfing, mich für Fußball zu interessieren – das war noch vor der Nazizeit –, war der Vater Seeler eine Größe, Erwin Seeler, und natürlich Tull Harder.
    Steinbrück:   Für St. Pauli hatten Sie aber keine Sympathien?
    Schmidt:   Das habe ich Hans Apel überlassen.
    Steinbrück:   Ich war voriges Jahr zum ersten Mal im Stadion am Millerntor, beim Spiel gegen den HSV. Das war ein Lokalderby, das zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führte. Nach meinem Eindruck waren die Hooligans, die für den HSV waren, deutlich übler als die St.-Pauli-Anhänger. – Gut, das war ein Abgleiten in die Fußballwelt. Wir halten aus diesem Teil des Gespräches fest, dass die Integration über den Sport wahrscheinlich am besten gelingt, und das gilt natürlich für den Mannschaftssport Fußball ganz besonders, weshalb die Arbeit der Vereinsführungen auch kleiner Vereine besonders zu würdigen ist.
    Schmidt:   Sie gelingt im Sport. Sie gelingt übrigens auch in der Musik.
    Steinbrück:   Völlig richtig. Viele Orchester sind heute international besetzt. Wir waren ja beide mal engagiert, auf unterschiedliche Art und Weise, beim Schleswig-Holstein-Musikfestival. Da gibt es die Orchesterakademie im Schloss Salzau, und es war faszinierend, diese jungen Menschen aus zwanzig oder dreißig Ländern zusammenspielen zu sehen. Das ist in den neunziger Jahren gewesen, da war ich Aufsichtsratsvorsitzender, hatte allerdings große Schwierigkeiten mit Justus Frantz, weil uns der Etat explodierte.
    Schmidt:   Das Schleswig-Holstein-Festival haben drei Leute erfunden, und zwar in dem Urlaubshaus auf Gran Canaria, das damals Justus Frantz und Christoph Eschenbach gemeinsam gehörte. Ich kannte die beiden aus der Zeit, als sie noch Studenten an der Musikhochschule waren, und ich war Senator. Der eine war Justus, der Zweite war ich, der Dritte war Uwe Barschel: Wir drei haben vor Jahrzehnten das Schleswig-Holstein-Festival erfunden.
    Steinbrück:   Leonard Bernstein kam später dazu?
    Schmidt:   Bernstein und Frantz kannten sich gut. Es bestand der gleiche Generationsunterschied zwischen ihnen wie zwischen Frantz und mir – er hätte der Sohn von Leonard Bernstein sein können. Leonard Bernstein lieh dem Schleswig-Holstein-Festival seine Unterstützung dadurch, dass er als Dirigent auftrat. Übrigens haben damals im Gründungsstadium des Schleswig-Holstein-Musikfestivals Lenny Bernstein und ich eine gemeinsame Fernsehdiskussion über Musik aufgenommen, nur wir zwei, ohne Moderator, ich glaube, in Lübeck. Einige Passagen habe ich später in meinem Buch Weggefährten verwendet.
    Steinbrück:   Sie haben auch eine Platte aufgenommen mit Justus Frantz und Christoph Eschenbach.
    Schmidt:   Ja, sogar zwei, eine mit Bach und die andere mit Mozart. Unter uns gesagt: Ich habe natürlich jeweils den leichtesten Part bekommen. Ich dachte, das hilft den beiden Jungs, wenn ich auf ihren Wunsch eingehe, ein gemeinsames Konzert aufzunehmen, und habe gesagt: Gut, das machen wir. Und habe auch ein bisschen geübt, soweit die Zeit das zuließ – nicht viel, ich war ja noch Regierungschef. Und plötzlich erzählten sie mir, das wird aber in London aufgenommen. Ich habe erst mal gezuckt, bin aber trotzdem bei meiner Zusage geblieben. Und dann sind wir nach London, und das London Philharmonic Orchestra spielte die Sachen doppelt so schnell, wie ich sie geübt hatte. Mensch, was habe ich für einen Schreck gekriegt! Es war entsetzlich.
    Steinbrück:   Das glaube ich. Mir ist es mal ähnlich ergangen, als ich einen leichten Ausritt in die Kulturszene unternommen habe. Da wurde ich gebeten, aus dem Briefwechsel zwischen Martin Heidegger und Hannah Arendt zu lesen; die damalige Leiterin des Bonner Literaturhauses, die inzwischen leider verstorbene Karin Hempel-Soos, las die Briefe von Hannah Arendt, ich sollte die Heidegger-Briefe lesen. Ich habe mir die Texte angeguckt, übrigens mit dem Ergebnis, dass ich diesen Heidegger für einen ziemlichen Schuft gegenüber Hannah Arendt hielt. Ich habe trotzdem zugesagt. Und dann komme ich rein in diesen Saal, und da sitzen plötzlich 500 Leute – ich hatte mit 50 oder 60 gerechnet. Wer als Minister im Amt sich auf einem

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