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Zug um Zug

Zug um Zug

Titel: Zug um Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt / Peer Steinbrück
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verbessert –
    Schmidt:   Gleichzeitig verbessert und verschlimmbessert, denn die Tatsache, dass sie drei verschiedene Aufsichtsinstitute gegründet haben, die an drei verschiedenen Orten sitzen, dient der ganzen Sache nicht. Eine einzige Aufsicht an einem einzigen Ort wäre angemessen gewesen.
    Steinbrück:   Das ist ein Nachteil gegenüber einer deutschen Allfinanzaufsicht. Wir haben – das war mein Vorgänger Hans Eichel – diese drei Bereiche in einer Institution zusammengefasst, insofern haben Sie recht. Und auf europäischer Ebene haben wir es inzwischen auch mit einer institutionalisierten Risikoanalyse zu tun – unter der Leitung des EZB-Präsidenten. Aber das lässt schon darauf schließen, dass es eine sehr komplizierte Struktur ist.
    Schmidt:   Sie haben eben die Gehälter erwähnt. Die Frage ist wirklich, Peer: Erstens, hat überhaupt jemand den ernsthaften Versuch gemacht, zum Beispiel im Rahmen der G20, diesen Bankern die exorbitanten Einkommen wegzunehmen oder zu verunmöglichen, was zwei verschiedene Techniken voraussetzt. Und zweitens: Wenn niemand den Versuch gemacht hat, ist es dann wirklich richtig, zu sagen, Deutschland allein hätte es nicht gekonnt? Mindestens Euroland hätte es gekonnt. Hat jemand den Versuch gemacht, Euroland auf diesen Pfad zu bringen? Mein Eindruck ist: Nein, und das schließt die deutsche Regierung ein.
    Steinbrück:   Man hat den Versuch gemacht, teilweise auch begrenzt erfolgreich, bezogen auf die Boni-Zahlungen, indem sich die Boni-Zahlungen nicht mehr an kurzfristigen Erfolgen ausrichten, sondern sich mittelfristig an der Marktposition des Unternehmens orientieren sollen. Sie können in Aktien ausgeschüttet werden, aber die dürfen erst nach einigen Jahren liquidiert oder verkauft werden. Bezogen auf das Gesamtniveau der Gehälter hat es jedoch keine Veränderung gegeben. Für Deutschland halte ich fest: Wenn wir der Deutschen Bank, der Commerzbank und vielleicht einigen anderen auch öffentlich-rechtlichen Banken Vorschriften gemacht hätten, dann hätte die Antwort gelautet, dass ihr qualifiziertes Personal sofort abwandern würde nach Mailand, nach New York oder nach London, dass dies die Qualität ihres Managements beeinträchtigen würde und damit auch ihre Marktposition und ihre Margen, die sie verdienen müssen, um im Wettbewerb zu bestehen.
    Schmidt:   Da kann ich nur mit Deng Xiaoping antworten: So what!
    Steinbrück:   Da widerspreche ich, Helmut, denn Deutschland als die viertgrößte Realökonomie der Welt muss ein Interesse haben an einem funktionsfähigen Bankensektor, der in etwa auf Augenhöhe mit den anderen ist. Die Briten und die Amerikaner haben einen überdimensionierten Finanzsektor, bezogen auf ihre Realökonomie, die Deutschen haben eher einen unterentwickelten Finanzsektor, bezogen auf ihre Realökonomie. Wenn man mich fragt, hätte ich ganz gerne in der Größenordnung der Deutschen Bank mindestens noch eine zweite oder sogar dritte Bank in Deutschland – allerdings unter anderen Auflagen.
    Schmidt:   In Deutschland hatten wir drei große Banken, jedenfalls bis zur Vereinigung, und das war ein kleineres Deutschland als das heutige und eine wesentlich kleinere Volkswirtschaft. Nach meinem Eindruck liegt hier ein Versagen der Regierungen vor – einer nach der anderen – und auch ein Versagen des Bundestages. Ich stimme Ihnen zu, dass wir heute einen unterentwickelten Bankensektor haben, aber obendrein: Dieser unterentwickelte Bankensektor taugt nicht viel. Nennen Sie mir eine Landesbank, die sauber durch die Krisen der letzten Jahre gegangen ist, ohne die Hilfe des Steuerzahlers zu benötigen.
    Steinbrück:   Na ja, das würde die eine oder andere Landesbank von sich weisen. Aber Sie legen natürlich den Finger gleich auf das Schlimme. In Deutschland ist in der Tat das größte systemische Risiko, wenn man das so ausdrücken will, der Landesbankensektor. Und das ist, wie ich zugebe, ein politisches Versagen. Und das trifft auch mich selber, denn zu einem Zeitpunkt, als die WestLB noch in einer Position der Stärke war und eine nordrhein-westfälische Landesregierung sehr viel stärker auf eine Bereinigung der Landesbankenszene hätte hinwirken können, ist das versäumt worden.
    Schmidt:   Mir scheint, dass dieses Eigenleben von leicht größenwahnsinnigen Landesbankern auf zwei Umständen beruht, die beide keinen Ewigkeitswert beanspruchen können. Das eine ist der Umstand, dass die Eigentümer der Landesbanken,

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