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Titel: Zugriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Pallay
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mussten wir die Nürnberger Kollegen bitten. Eine Vorwarnung ging vorsorglich raus, denn die Münchner Personaldecke war völlig ausgereizt. Leider erwies sich der Geiselnehmer als völlig resistent gegenüber allen Anstrengungen der Verhandlungsgruppe, dachte gar nicht daran aufzugeben, drohte stattdessen plötzlich mit Sprengstoff. Behauptete, dass er damit sogar die Wohnungstür präpariert habe.
    Wir waren ratlos. Was ging in dem Menschen vor? Ich suchte die Wohnung im ersten Stock auf, um mir ein Bild von der Lage zu machen. Dort herrschte absolute Stille, selbst ein Husten wurde unterdrückt, alles lauschte nur gespannt auf Geräusche von unten. Dann plötzlich ein Schuss. Und gleichzeitig spürten wir einen dumpfen Schlag gegen den Fußboden, auf dem wir kauerten. Offensichtlich hatte H. auf die Zimmerdecke gefeuert. » Was ist los?«, kam über Funk die Frage der Einsatzleitung, wo man den Schuss ebenfalls gehört hatte. Anschließend, nachdem ich unseren Eindruck wiedergegeben hatte, der Befehl: » Kein Zugriff! Nichts überstürzen!«
    Wir hielten uns also zurück, nicht aber der Geiselnehmer. Ludwig H. begann Forderungen zu stellen. » He, ihr besorgt mir ein zweites Telefon, sonst schieß ich durch die Tür. Außerdem will ich was zum Essen, Getränke, Zigaretten und einen Fernseher.« Der Verhandlungsgruppe diktierte er die Übergabemodalitäten. Wozu ein zweites Telefon? Wir vermuteten, dass ihn über den regulären Anschluss findige Reporter belästigten, die Wind von der Sache bekommen und seine Rufnummer herausgesucht hatten. Die Presseleute waren manchmal schneller vor Ort als die Polizei.
    In den frühen Morgenstunden, noch im Dunkeln, erfolgte die Übergabe der gewünschten Sachen. Nur die Lampe am Hauseingang beleuchtete die Szene. Die Geisel ließ eine Tasche an einer Schnur nach unten, einer unserer Männer steckte Feldtelefon und Zigaretten hinein und gab mit einer Handbewegung das Zeichen zum Hochziehen. Die Präzisionsschützen von gegenüber meldeten uns Einzelheiten, denn niemand von uns außer dem Unterhändler war nahe genug dran. » Fenster einen Spaltbreit geöffnet, Täter verdeckt hinter Vorhang, bedroht Geisel mit Pistole. Schließt Fenster.« Dann das Ganze noch einmal. Wieder öffnete sich das Fenster, wieder erschien die Tasche, wieder packte unser Mann etwas hinein, diesmal Wurstsemmeln und Mineralwasser.
    Schließlich fehlte als Einziges der Fernseher, und auf dessen Übergabe setzten wir unsere ganzen Hoffnungen, darauf basierte ein in aller Eile gefasster Plan. Unser Mann sollte die Geisel bei der Übergabe des Fernsehers am Arm packen und regelrecht über das Fensterbrett nach draußen ziehen. Wenn er sich streckte und die Frau ihm möglichst weit mit ihrer Hand entgegenkam, könnte die Taktik durchaus aufgehen. Und falls H. die Finte durchschaute und zur Waffe griff, waren da ja noch die Präzisionsschützen.
    Der Einsatzleiter gab sein Okay. Nun musste es schnell gehen. Unser » Unterhändler« wurde ausgetauscht, ersetzt durch einen Mann der absoluten Spitzenklasse und wie geschaffen für einen solchen Einsatz. Groß, kräftig und mit hervorragenden Nahkampferfahrungen. Das Fernsehgerät auf der Schulter begab er sich schnurstracks unter das Fenster im Hochparterre und stemmte das Gerät nach oben, wo die Geisel bereits wartete.
    Die nächsten Sekunden würden die Entscheidung bringen. Schon langte Angelika N. nach dem Fernseher und unser Spezialist nach ihrer Hand. Vergeblich. Es fehlten rund 30 Zentimeter, denn die Frau erkannte nicht die Absicht und streckte unserem Mann nicht die Hand entgegen. Die Chance war vertan. Täter und Geisel verschwanden hinter dem Vorhang, man sah noch, wie das Fenster zugedrückt und der Griff gedreht wurde. Das war’s.
    Langsam dämmerte der Tag, und die Gespräche zwischen Verhandlungsgruppe und Täter schienen einzuschlafen. Bis gegen zehn gemeldet wurde, dass es eine neue Forderung gebe. H. verlangte jetzt eine Million Mark und einen Wagen. Eine neue Situation für die Einsatzleitung und die SEK -Kräfte. Wie immer in solchen Fällen kam jetzt das Mobile Einsatzkommando ins Spiel, um einen eventuell notwendig werdenden Zugriff während der Flucht vorzubereiten. Vor allem aber würde es Aufgabe des MEK sein, das Fahrzeug unbemerkt zu verfolgen. Und zur Stelle zu sein, falls Ludwig H. seine Geisel freiließ. So etwas geschah gar nicht selten, sobald ein Täter sich in Sicherheit wiegte.
    Wie nicht anders zu erwarten fanden sich im Laufe

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