Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zugriff

Zugriff

Titel: Zugriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Pallay
Vom Netzwerk:
Ministerium dazu?«
    » Das muss ich noch klären, ob die ihr Okay geben«, beschied mich der Xaver und fügte hinzu: » Aber vielleicht kannst du derweilen schon mal mit der Hubschrauberstaffel reden.« Ich musste grinsen, aber so langsam gefiel mir der Gedanke. Wenn jemand das machen konnte, dann wir. Schließlich trainierten wir sogar drei verschiedene Varianten: Absetzen, Abgleiten und Abseilen. Beim Absetzen springen bis zu vier Männer gleichzeitig von den Kufen aus bis zu zwei Metern Höhe ab. Das Abgleiten erfolgt aus einer Höhe bis zu zwölf Metern an einem entsprechend langen Tau, während aus noch größerer Höhe abgeseilt wird: Jeweils vier Männer stehen dann angeseilt auf den Kufen des Hubschraubers und lassen sich, wenn alles passt, rückwärts in das 45-Meter-Seil fallen, das durch eine Bremsvorrichtung läuft. Mithilfe eines Hebels kann man das Tempo selbst bestimmen, und lässt man den los, wird automatisch gebremst. » Totmannsicherung« nennt man das. Obwohl bei genauer Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen nichts passieren sollte, kam es immer wieder zu Unfällen. Ein Kollege sauste ungebremst zu Boden, weil er den Hebel versehentlich auf Fahrt stellte, und zog sich eine Beckenprellung zu. Ein anderer wurde im Hubschrauber zu früh ausgeklinkt und stürzte acht Meter in die Tiefe, zum Glück auf eine Wiese. Trotzdem erlitt er einen komplizierten Handgelenksbruch sowie Hüftprellungen.
    Das Abseilen aus Hubschraubern wurde seinerzeit insbesondere von der GSG 9 forciert, um Einsatzkräfte auch in unwegsamem Gelände oder auf Schiffen, Plattformen, Hausdächern und so weiter absetzen zu können. Eine für die neu gegründeten Spezialeinsatzkommandos der Polizei interessante Technik, die als erstes Bundesland die Baden-Württemberger übernahmen. Bayern, das nicht zurückstehen wollte, schickte je einen Vertreter der beiden SEK s zum Lehrgang nach Göppingen. Für Südbayern nahm ich daran teil. Die Wahl fiel nicht nur wegen meiner damaligen Position als Leiter der Aus- und Fortbildung auf mich, sondern weil ich als erfahrener Alpinist gewisse Grundvoraussetzungen für einen solchen Job mitbrachte. Nicht jeder eignete sich dafür, trotz der extrem harten Ausleseverfahren beim SEK . Am Ende waren es 24 Spezialisten, die auf solche Eventualitäten vorbereitet wurden.
    Jetzt also sollten wir eine Krähe von einer Kirchturmspitze holen. Der Ausbildungsleiter der Hubschrauberstaffel war nicht gerade begeistert von dem Vorhaben, konnte aber nicht ablehnen, weil inzwischen das Ja aus dem Ministerium vorlag. Bayern ist halt ein gottesfürchtiges Land. Gemeinsam mit meinem engsten Mitarbeiter Martin besichtigte ich den Tatort, eine Kirche im Münchner Norden, und besprach anschließend den Einsatz mit den Männern der Hubschrauberstaffel. Der Turm der Kirche war wirklich verdammt spitz, und das würde eine haarige Angelegenheit.
    Immerhin bekamen wir den besten Piloten und übten zunächst einmal über einem alten Telegrafenmast in der Nähe des Bundeswehrplatzes Neubiberg. Extremkletterer Martin hing am Seil, während ich neben dem Piloten in Flugrichtung rechts auf den Kufen stand, um ihn einzuweisen. Da der Jochen den unter der Maschine hängenden Kollegen nicht sehen konnte, musste er sich komplett auf mich als Einweiser verlassen. Erschwerend kam hinzu, dass es nach fünf bis zehn Metern Seilausgabe jedes Mal zu einer Pendelbewegung kam. Schuld daran waren der Rotor und die Eigendynamik des am Seil hängenden Körpers.
    Was nun? Das Seil einfach verkürzen? Schwierig, denn dann müsste der Hubschrauber tiefer gehen und touchierte womöglich mit den Kufen das Kreuz. Stundenlang übten wir die Aktion, ohne das Dilemma grundsätzlich zu lösen. Allerdings glaubte Martin, dass es ihm gelänge, schnell die Krähe wegzureißen, bevor die Pendelbewegungen einsetzten. Am Boden besprachen wir nochmals den Ablauf des Einsatzes. Anfliegen, Höhe über dem Kreuz austarieren, exakt einweisen, schnell abseilen, den Vogel greifen und die Maschine sofort hochziehen, bevor Martin gegen das Kreuz schlug.
    » So machen wir das«, sagte ich.
    Als wir auf unserem Startplatz im Englischen Garten eintrafen, warteten bereits ein Fernsehteam und mehrere Zeitungsreporter samt Fotografen. Offenbar hatte sich die geplante Aktion in Windeseile herumgesprochen, und die Leute schwirrten mit ihren Kameras um uns herum, während wir in den Hubschrauber stiegen. Ein wenig aufgeregt war ich schon. Würde es klappen? Hoffentlich, denn

Weitere Kostenlose Bücher