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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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Lederjacke.
    »Na, immerhin haben wir schon zwei Tatverdächtige. Das ist doch schon was für die Pressekonferenz«, resümierte Winnie.
    Joshua wurde flau im Magen. Die ständige, oft übertriebene Hektik seines Vorgesetzten war ihm schon immer ein Dorn im Auge.
    »Wir haben definitiv noch keinen Tatverdächtigen! Wir haben lediglich eine Person mit Motiv und eine weitere Person, die offensichtlich ein Fahrzeug gefahren hat, das eine Woche vor den Morden bei Familie Schändler auf dem Hof stand. Sonst nichts. Das ist ein Anfang, aber von Tatverdächtigen zu reden viel zu früh. Das mache ich nicht mit!«
    Seine Antwort kam laut und resolut herüber. Elsing und König sahen sich an. Joshua rechnete mit energischem Widerspruch. Winnie stand auf und reagierte sofort.
    »Na, dann sorgt dafür, dass wir der Presse etwas sagen können. Der Doppelmord hat die Meute richtig aufgescheucht!«
    Staatsanwalt König nickte zustimmend. Joshua biss sich auf die Lippen und beendete die Sitzung. Auf dem Flur zog Daniel ihn am Ärmel.
    »Was meinst du, soll ich die Kollegen in Düsseldorf informieren, bevor ich losfahre?«
    »Ja, mach das! Ich komme mit! Lass uns gleich losfahren!«
    Daniel van Bloom sah ihn erstaunt an.
    »Wenn wir richtig liegen, treffen wir auf einen bewaffneten Doppelmörder. Außerdem kenne ich den Weg.«
    »Und die Pressekonferenz?«
    Joshua atmete schwerfällig aus und drehte den Kopf weg.
    »Es ist viertel nach zwei. Bis dahin sind wir zurück.«
    Auf dem Weg nach draußen rief Kalle ihnen hinterher. Schnellen Schrittes holte er sie ein. Unter seinem linken Arm klemmte ein Karton, über seinem r echten lagen einige Mäntel und Pullover. Auf dem obersten Pullover, der Joshua so bekannt vorkam, lagen ein Slip und ein BH aus roter Seide.
    »Hat noch jemand was abzugeben, ich bringe die Klamotten nämlich jetzt zu Petra?«
    Kalles Frau betrieb einen Online-Shop bei E-Bay. Jeden Samstag sammelte Kalle bei den Kollegen Dinge ein, die Petra für sie verkaufte. Zwanzig Prozent der Einnahmen behielten sie dabei für sich.
    Vorsichtig fingerte Joshua den BH von dem Wäschestapel und hielt ihn hoch.
    »Von wem hast du den denn?«
    Kalle nahm ihm energisch das zarte Stück aus der Hand und legte es zurück. Dabei musste er sich verrenken, um den Karton nicht fallen zu lassen. Nachdem er sich umgesehen hatte, grinste er Joshua an.
    »Darf ich nicht sagen. Hab’ ich der Marlies versprochen.«

6
    Calvin Baker lagen die Nerven blank. Der smarte, bislang äußerst erfolgreiche Jungunternehmer schien absolut keine Erklärung für die Vorgänge der letzten sieben Tage zu haben. Seit der Deutsch-Kanadier vor vier Jahren die Firma BioPharmaca AG zusammen mit seinem Studienkollegen Steve Nelson gegründet hatte, gab es keinen derartigen Kurssprung. Sogar die Kursentwicklung während des zweiten Golfkrieges wurde in den Schatten gestellt. Innerhalb von sechs Tagen schoss der Kurs von Einsneunzig auf über vierzehn Euro. Gestern Abend dann das Fiasko. Innerhalb eines Tages stürzte das Wertpapier der Firma auf unter zwei Euro zurück. Er selbst hatte die Hälfte seines Aktienpaketes abgestoßen. Seine Stopp- Loss-Order griff noch bei acht Euro zwanzig, so dass er einen satten Gewinn verbuchen konnte. Aber genau das war nun sein Hauptproblem. Dass die Börsenaufsicht detaillierte Auskünfte haben wollte oder der Verband der Kleinaktionäre Druck auf die Firma ausübte, verursachte ihm Stress. Außerdem hatte die Anzeige eines Anlegers die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen und damit hatte er ein Problem. Ein Kommissar Stauder hatte sich angemeldet. Man würde ihm Manipulation vorwerfen. Zudem könnten die hier herumschnüffeln und feststellen, dass die letzte Bilanz nicht ganz astrein war. Das bedeutete beim derzeitigen Stand das Ende der Firma. Ausgerechnet jetzt. Sie standen kurz vor der Zulassung eines Medikamentes, das die Firma für immer sanieren würde. Er zermarterte sich das Hirn. So sehr er sich auch anstrengte, er fand keine logische Erklärung für diese Vorfälle. Es gab seines Wissens nach keinerlei Gerüchte einer Übernahme und er hätte es wissen müssen. Nichts, aber auch gar nichts hätte dafür verantwortlich sein können, den Kurs dermaßen anzuheben. Im Gegenteil. Die Zulassung wurde letzten Monat noch einmal auf unbestimmte Zeit hinausgezögert, die Aktie knickte daraufhin erneut ein. Und plötzlich, wie aus heiterem Himmel, schoss sie nach oben. Baker saß an seinem riesigen Mahagonischreibtisch und

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