Zugzwang
mit der flachen Hand darüber, als könne er mit seinen Händen bügeln. Joshua rollte mit den Augen und klingelte nun auch mehrmals. Sie warteten noch eine Minute, bis ein älterer Herr aus dem Haus kam.
»Entschuldigung, wissen Sie zufällig, ob Herr Groding zu Hause ist?«
Der Mann sah Daniel von oben bis unten an.
»Sind Sie von den Jehovas oder so was?«
»Nein«, mischte Joshua sich jetzt ein, »wir sind von der Polizei.«
Der Mann sah sich den Dienstausweis und anschließend Joshua an. »Stimmt, wie Jehovas sehen Sie nicht aus. Sie zumindest. Der Groding ist zu Hause. Wird auch Zeit, dass Sie kommen. Ich habe zwar nicht angerufen, hätte ich aber, wenn der seine Negermusik nicht bald abstellt. Na, dann sagen Sie dem mal schön die Meinung!«
Daniel sah den alten Mann wütend an und drängte sich wortlos an ihm vorbei. Im Treppenhaus musste Joshua
laut lachen.
»Folge mir unauffällig, Jehova. Zeugen können wir immer gebrauchen.«
Van Bloom holte tief Luft, schüttelte dann aber nur mit dem Kopf.
In der zweiten Etage, linke Türe, war die Musik am lautesten.
Joshua klopfte an, entsicherte seine Waffe und hielt sie mit der rechten Hand fest. Noch immer dröhnte die Musik. Er erkannte ›Sympathie fort the devils‹ von den Rolling Stones. Joshua hämmerte jetzt so fest an die Tür, dass die Knöchel seiner linken Hand schmerzten. Sekunden später verstummte die Musik. Schritte waren zu hören und wurden stetig lauter. Daniel zog seine Waffe. Als die Tür aufging, stand ihnen ein Mann um die vierzig in T-Shirt und Jeans gegenüber. Seine Haare waren strähnig und im Gesicht trug er einen Dreitagebart, mindestens. Joshua hielt ihm seinen Dienstausweis entgegen.
»Herr Groding, nehme ich an. Dürfen wir reinkommen?«
Groding murmelte etwas Unverständliches und trat zur Seite. Joshua betrat die Wohnung, ohne Groding den Rücken zuzukehren. Van Bloom folgte seinem Partner. Er hielt seine Dienstpistole immer noch in der Hand, was Groding nicht zu bemerken schien. Daniel nahm eine beachtliche Alkoholfahne bei ihm wahr. Mit einer Handbewegung und erneutem Gemurmel gab er den Polizisten zu verstehen, durch die Tür am Ende des Korridors zu gehen. Daniel machte einen Schritt zurück und lief hinter Groding. Der Raum am Ende des Flures schien das Wohnzimmer zu sein. Eine moderne Sitzgarnitur aus schwarzem Leder stand um einen Glastisch, dessen Platte von einer griechischen Göttin gehalten wurde. Auf dem Tisch standen eine halb volle Flasche Whisky und einige Literflaschen eines Düsseldorfer Bieres. Das Zimmer roch nach Qualm, Alkohol und dem Mief eines ungelüfteten Schlafraumes. Die Rollladen waren halb heruntergelassen und hüllten den Raum in ein Halbdunkel. Von den sechs in der Decke eingelassenen Halogenlampen leuchteten nur drei. Joshua und Daniel setzten sich in die Sessel, Till Groding fläzte sich auf die Couch. Als er ihre Blicke zur Decke wahrnahm, machte er eine abfällige Handbewegung.
»Die Dinger gehen nach und nach kaputt. Ich weiß nicht, wie man die wechselt. Werde mir mal eine Stehlampe besorgen.«
Daniel wollte offenbar zu einer Erklärung ansetzen, als Joshua ihm zuvor kam.
»Herr Groding, können Sie sich denken, warum wir hier sind?«
Joshua sah ihn dabei an und bemerkte jetzt auch seine glasigen Augen.
»Wenn Sie das schon nicht wissen. Ich denke mal wegen Schändler, was?«
Daniel und Joshuas Blicke trafen sich zeitgleich.
»Wie kommen Sie darauf, Herr Groding?«
»Nur so.«
»Herr Groding, wo waren Sie gestern zwischen achtzehn und dreiundzwanzig Uhr?«
Groding sah ihn an und rülpste.
»Hier.«
»Gibt es dafür Zeugen?«
»Ja, Johnny«, antwortete er gelangweilt.
»Welcher Johnny?«
»Der da aufm Tisch.«
Joshua sah seinen Kollegen an, dieser nickte in Richtung Wohnungstür.
»Herr Groding, ich muss Sie bitten mitzukommen. Möchten Sie sich noch etwas anderes anziehen?«
Groding sah Joshua an und lächelte breit.
»Ich komme nirgendwohin mit.«
Währenddessen füllte er sein Glas langsam bis zum Rand mit Whisky. Joshua reichte es. Mit einem Satz sprang er auf und hechtete zu Till Groding herüber. Seine Hände krallten sich in sein T-Shirt und mit einem Ruck zog er ihn hoch. Der Tisch wackelte bedenklich. Whisky floss auf den Teppich und einige Flaschen kippten um. Joshua riss ihn herum und drehte Grodings rechten Arm auf den Rücken. Sekunden später hatte dieser Handschellen an den Armgelenken. Daniel grinste den verdutzten Groding an und stand auf. Als er
Weitere Kostenlose Bücher