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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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nicht mit dem amtlichen Führungszeugnis, das können Sie mir glauben.«
    Joshua stand auf und hielt ihm seine Hand entgegen.
    »In einer Stunde, Herr Gilden, bitte! Schönen Tag noch.«
    Der Firmeninhaber presste die Lippen zusammen und nickte stumm. Blass und leicht irritiert versprach er, alle erforderlichen Unterlagen schnellstens zu beschaffen.
    Unterwegs zu seiner Dienststelle dachte Joshua wieder an Rosa Schändler. Wohin würde sie gehen, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen wird? Solange sie den Mörder ihrer Eltern nicht gefunden hatten, würde sie in Lebensgefahr schweben. Sie musste weiter unter Polizeischutz gestellt werden. Aber wo sollte sie wohnen. Das Haus ihrer Eltern dürfte eine enorme psychische Belastung für sie darstellen. Er nahm sich vor, am Nachmittag ein Gespräch mit Jutta von Ahlsen zu suchen. Die Polizeipsychologin half ihm damals, als er aus dem Krankenhaus kam. Er schätzte nicht nur ihre fachlichen Qualitäten.
    Joshua klappte die Sonnenblende herunter. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich auf dem nassen Asphalt. Vor ihm sah er einen Regenbogen, der an einem Hochhaus zu enden schien. Die Autos fuhren immer noch mit Licht. Es war eine unwirkliche Szenerie.
    Kurz vor dem Präsidium hielt er an einer Metzgerei an und kaufte sich zwei Brötchen und einen halben Kringel Fleischwurst.
    Am Parkplatz traf er Daniel, der gerade ausgestiegen war. Der Kollege deutete auf seine Papiertüte mit dem Aufdruck der Metzgerei.
    »Mittagessen oder Frühstück?«
    »Frühstück. Hoffe ich. Hast du was herausbekommen?«
    »Kann man sagen. Unser Schändler war einer der ganz großen in der Branche. In der letzten Zeit mutierte er immer mehr zum Haifisch. Er schluckte fast monatlich einen Mitbewerber. Nicht immer zur Zufriedenheit der kleinen Fische.«
    Joshua schloss die Bürotür auf und sie setzten sich.
    »Hast du da auch eventuell jemanden mit Motiv ausfindig gemacht?«
    Van Bloom grinste ihn breit an. Er schien es zu genießen, scheinbar weiter gekommen zu sein als sein vermeintlicher Vordenker. Als ob er die Neugierde seines Kollegen genoss, begann van Bloom, Tee zu kochen. Dies war jedes Mal ein Ritual. Mit einem Thermometer prüfte er die Temperatur des Wassers. Nachdem es exakt achtzig Grad erreicht hatte, schüttete er es in eine kleine Glaskanne, in die er zuvor zwei gestrichene Löffel grünen Darjeelingtee gab. Nun drückte er die Starttaste seiner Stoppuhr. Der Tee durfte nicht mehr als zwei Minuten ziehen. Währenddessen stellte er eine zweite Kanne mit einem Teesieb bereit und seine Tasse auf eine Untertasse. Eine Ecke Zitrone kam in die dazu passende Presse. Nach exakt zwei Minuten gab die Stoppuhr ein deutliches Piepen von sich.
    Daniel kippte den Tee in die zweite Kanne, zündete ein Teelicht an und stellte sie auf das Gestell. Das Einschenken des Tees in die Tasse beendete die Zeremonie. Mit spitzen Fingern fasste er sie am Henkel und trug sie zu seinem Schreibtisch.
    Joshua versuchte erst gar nicht, ihn dabei zu unterbrechen.
    »Das will ich meinen. Till Groding heißt der Kandidat«, als hätte es keine Unterbrechung gegeben, antwortete er seinem Kollegen, »hatte bis vor kurzem eine gut gehende kleine Werbeagentur in Düsseldorf. Die Betonung liegt dabei auf hatte. Jetzt hat, oder auch wieder hatte, Schändler diese Firma. Der gute Mann ist in der letzten Zeit des Öfteren in Schändlers Firma gewesen und hat dort randaliert. So sagte mir Frau Montz-Rensing, eine samstags arbeitende Texterin, wörtlich. Letzte Woche habe dieser Groding außerdem Schändler gedroht, ihn umzubringen, falls er den Kauf nicht wieder rückgängig macht.«
    Joshua machte sich ein paar Notizen und begann damit, Strichmännchen auf seiner Schreibunterlage zu verewigen. Für ihn ein Zeichen intensiven Nachdenkens.
    »Warum hat dieser Groding denn so einen Brass auf Schändler. Er hätte seine Firma doch nicht an ihn verkaufen müssen?«
    »Das habe ich Frau Montz-Rensing auch gefragt. Sie konnte mir keine Antwort darauf geben. Ich habe mir die Telefonnummer und Adresse von Groding geben lassen. Ans Telefon geht er nicht, ich fahre heute Nachmittag zu ihm. Er wohnt in Düsseldorf.«
    Das passt dir gut, dachte Joshua. Heute Nachmittag ist Pressekonferenz, da wollte keiner von ihnen gerne hin. In dem Moment klopfte es und fast zeitgleich trat ihr Vorgesetzter, Winfried Elsing, ins Büro. Das gestreifte Hemd über seinem ausladenden Bauch wirkte äußerst unvorteilhaft. Dem eingefleischten Junggesellen gelang es

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