Zugzwang
den Bierfleck auf seinem linken Schuh sah, verging ihm das Grinsen schlagartig. Groding hatte die Situation mittlerweile realisiert und wurde hysterisch.
»Das dürfen Sie nicht. Ich will meinen Anwalt sprechen. Sofort«, schrie er los. Dabei stieß er Joshua mit den Schultern beiseite.
»So, jetzt reicht’s!«
Er packte ihn an den Haaren und zerrte ihn ins Badezimmer. Dann setzte Joshua den Stöpsel ins Waschbecken und ließ Wasser ein.
»Ich glaube, du brauchst dringend eine Abkühlung, Freundchen.«
Daniel stand im Türrahmen und wirkte hilflos.
»Holst du schon mal den Wagen?«
Daniel nahm mit einem missmutigen Gesichtsausdruck den Schlüssel entgegen und ging.
Joshua legte seinen linken Arm um den Bauch Grodings und drückte mit der Rechten seinen Kopf in das Wasser. Nach dreißig Sekunden ließ er ihn wieder hochkommen. Groding atmete hektisch, verschluckte sich und hustete.
»Na, sind wir wieder friedlich?«
»Leck mich ...«
Groding verschluckte die letzten Worte. Als er ihn erneut aus dem Wasser zog, schien sein Widerstand gebrochen.
»Ich habe nichts verbrochen. Im Gegenteil, ich bin das Opfer, verdammt noch mal!«
»Die Opfer sind das Ehepaar Schändler.«
»Damit habe ich nichts zu tun.«
»Woher wusstest du dann, dass wir wegen Schändler hier sind?«
Groding stand ihm jetzt zugewandt im Badezimmer. Wasser tropfte von seinem Kopf auf seine Kleidung. Er hatte sich beruhigt, die Wirkung des Alkohols machte sich kaum noch bemerkbar.
»Es war kein Geheimnis, dass ich ihn bedroht habe. Jetzt will er mich vermutlich einschüchtern. Abwimmeln wie einen lästigen Parasiten. Darum hat er Sie vermutlich geschickt. Aber nicht mit mir. Ich werde ihm das Leben zur Hölle machen, so lange ich kann. Sagen Sie ihm das!«
Groding war wieder richtig in Rage. Joshua drehte ihn herum und befreite ihn von seinen Handschellen. Danach gab er ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, wieder zurück ins Wohnzimmer zu gehen.
»Was soll das? Ich verstehe nicht …«
»Schon gut, lassen Sie uns wieder hinsetzen. Schändler und seine Frau sind gestern ermordet worden.«
Grodings Kopf fuhr hoch. Mit großen Augen sah er Joshua an. Unvermittelt fing er an zu lachen. Erst einmal ganz kurz, dann ein zweites Mal, bevor er in schallendes Gelächter ausbrach. Joshua spürte eine Wut in sich aufsteigen. Er schluckte sie herunter und dachte darüber nach, wie groß der Hass Grodings sein musste. Trotz allem konnte er diese Reaktion nicht begreifen. In dem Moment kam Daniel herein. Er hatte die Wohnungstür wohl nur angelehnt und betrachtete verwirrt den lachenden Groding. Joshua warf seinem Kollegen einen Blick zu und überlegte, wie die Situation auf ihn wirken musste. Er erklärte ihm in wenigen Sätzen den Sachverhalt. Daniel konnte den Wagen nicht holen, da die Mittelstraße durch Poller versperrt war.
»Entschuldigung«, unterbrach Till Groding die beiden und hörte urplötzlich auf zu lachen, »Sie werden verstehen, dass mich sein Tod nicht sonderlich traurig macht?«
»Nein«, antwortete Joshua, »das verstehen wir nicht. Warum haben Sie ihn so gehasst?«
Statt zu antworten, stand Groding auf und lief aus dem Raum. Van Bloom, der immer noch stand, lief ihm ein paar Schritte hinterher. Er sah, wie Groding den Kühlschrank öffnete. Er kam mit einer Flasche Mineralwasser zurück und füllte sich ein Glas. Damit hatte Joshua absolut nicht gerechnet. Nach einem kräftigen Schluck antwortete er.
»Ramon Schändler hat mich ruiniert. Fertig gemacht. So richtig fertig, verstehen Sie. Es gab mal eine Zeit, da habe ich ihn für einen guten Freund gehalten. Bis er mich fertig machte.«
Er trank sein Glas leer und füllte es erneut, diesmal bis zum Rand, auf.
»Würden Sie uns das ein bisschen genauer erklären, Herr Groding?«
»Haben Sie eine Zigarette für mich?«
Groding zerknüllte eine leere Schachtel und warf sie in eine Ecke des Zimmers. Joshua zog ein Päckchen Tabak aus seiner Jeansjacke und warf es ihm zu. Umständlich drehte Groding sich eine zu dick geratene Zigarette und zündete sie an. Glut fiel auf den Teppich, er zündete noch einmal und nahm einen tiefen Zug, bevor er antwortete.
»Na schön. Ich hatte einmal eine kleine, aber gut gehende Werbeagentur. Ich habe mir all die kleinen Fische geschnappt, die die bösen Haie mir überließen. Nach einiger Zeit wurde eine große deutsche Brauerei auf mich aufmerksam. Sie wollten das volle Programm von mir. Printmedien, Rundfunk, Fernsehspots, einfach
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