Zugzwang
Besonderes anlag.
»In zehn Minuten, over«, Joshua drückte auf den roten Telefonhörer und das Gaspedal. Der Schub presste ihn in den Sitz.
Marlies und Daniel verzehrten die Reste eines göttlichen Tiramisus, als Joshua sie begrüßte. Er setzte sich neben sie und bestellte einen Cappuccino. Er sah Daniel an und rang mit seinen Gefühlen. Wann würde er es ihm sagen? Er fragte sich, wer denn wohl während ihrer gemütlichen Mittagspause weiter observierte. Ungefragt gab Daniel ihm eine Antwort auf seine Gedanken.
»Ich habe Skopje observiert. Der sitzt im Moment bei Bönisch und dort ist Kalle. Wenn sich was tut, ruft er an.« Er sah Marlies an, die sofort übernahm.
»Erstens: Skopje und Bönisch waren mehrfach bei Schändlers zu Besuch. Die Nachbarn haben beide erkannt. Zweitens: Frau Schändler hatte einen Bruder. Dieser lebt in Santa Monica, USA. Ich habe bei den amerikanischen Kollegen nachgefragt und die waren sehr auskunftsfreudig. Er hat dort ein Institut, das sich mit dem Einsatz von subliminalen Botschaften befasst. Ich habe mich schlau gemacht, das sind …«
»Ich weiß Bescheid«, Joshua winkte ab und forderte sie auf, weiter zu reden. Daniel sah ihn bewundernd an. Joshua klärte ihn über das Gespräch mit Doktor Wickum aus Wesel auf.
»Er ist auf diesem Gebiet wohl sehr erfolgreich. Immerhin so erfolgreich, dass der CIA sich seiner angenommen hat. Der Einsatz solcher versteckter Botschaften ist in den USA seit dem Wahlkampf von El Gore streng verboten«, stolz sah Marlies die beiden an und legte sich eine Strähne aus dem Gesicht, »angeblich forscht Carl Enkel, wie der gute Mann heißt, aber ausschließlich für die Medizin.«
Joshua pfiff durch die Zähne.
»Allerdings …, nach meinem Kenntnisstand ist diese Methode bei weitem noch nicht ausgereift genug, um gefährlich zu werden.«
»Du meinst nach dem Kenntnisstand deines Provinzneurologen?«
Er sah Daniel giftig an.
»Doktor Wickum ist ein anerkannter Fachmann auf diesem Gebiet. Aber«, Joshua legte sein Kinn in beide Hände, »welche Relevanz hat das für unseren Fall? Ist das Institut von Bönisch vielleicht eine Zweigstelle des Amerikaners?«
Marlies sah ihn pikiert an.
»Was verlangst du denn noch an einem Vormittag?«
»Vormittag ist gut«, Daniel grinste sie an.
Marlies holte tief Luft und sah ihren Kollegen wutentbrannt an.
»Jetzt fang du auch noch an. Einmal im Leben komme ich zu spät zum Dienst. Kann ich denn riechen, dass die Straßen alle verstopft sind?«
»Schon gut, ihr habt tolle Arbeit geleistet. Übrigens kommen morgen einige Kollegen vom LKA und bringen einen Experten auf diesem Gebiet mit.«
Joshua erzählte ihnen von seinem morgendlichen Treffen mit Joachim Holsten und dem Ermittlungsstand seiner Behörde. Marlies regte sich darüber auf, dass mal wieder jeder sein Süppchen kochte und der eine vom anderen nichts wusste. Daniel hob kaum merklich eine Augenbraue, als er den Namen Holsten hörte.
»Etwa Joachim Holsten?«
»Ja. Kennst du den?«
»Wir waren zusammen beim Bund. Woher kennst du ihn denn?«
»Aus dem Sandkasten. Er hat mir mal seine Schaufel geliehen und seitdem sind wir Freunde. Und demnächst arbeiten wir zusammen.«
Joshua ahnte, was ihnen bevorstand. Obwohl die Zusammenarbeit mit den Kollegen des Landeskriminalamtes in der Vergangenheit hervorragend funktionierte, hielten sich beständig Ressentiments dagegen. Wahrscheinlich lag es darin begründet, so vermutete Joshua, dass die Kollegen des LKA von den Medien stets gefeiert wurden, während man ihre Arbeit distinguiert verschwieg.
»Übrigens«, unterbrach Daniel seine Gedanken, »Elsing hatte heute Morgen einen mittleren Tobsuchtsanfall. Er meinte, dass wir ihn hintergehen würden und du weiter an dem Fall dran seiest.«
»Wie kommt der denn darauf?«
»Keine Ahnung, aber wir sollen dem geschätzten Kollegen Trempe ausrichten, dass er ihm den Arsch aufreißt, falls das zutreffen sollte.«
»Ich finde, Winnie hat eine sehr vulgäre Ausdrucksweise. Das in Gegenwart einer Dame.«
Marlies lachte ihn an.
»Also diesen Ausdruck für mich finde ich jetzt schlimmer.«
Joshua sah Marlies nachdenklich an. Sie trug ihre Haare offen. Ihr fröhliches Lachen wirkte verführerisch. Vor einigen Jahren, als sie in die Dienststelle kam, hatte sie ihn einmal unverblümt gefragt, ob er noch zu haben sei.
»Sag mal Marlies, warum bist du eigentlich heute Morgen nicht mit dem Zug gefahren?«
Marlies teilte sich mit ihrer Mutter ein Auto. Sie
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