Zugzwang
später saßen sie wieder in Viktors Gartenlaube.
»Das letzte Mal«, sinnierte der Gastgeber, »ab morgen bist du ja wieder bei uns.«
Viktor stellte ein paar Getränke auf den dicken Holztisch und seine Frau machte in der Küche ein paar Schnittchen.
»Nun mal raus mit euren Neuigkeiten«, eröffnete Joshua die Soko-Sitzung.
»Also«, begann Daniel, »Skopje ist laut Passagierliste gestern Abend von Düsseldorf aus über Frankfurt nach Buenos Aires geflogen.«
»Verdammter Mist, den sehen wir nicht mehr wieder«, war Joshua sich sicher. Daniel senkte beschwichtigend seine Hände.
»Moment. Ich sagte laut Passagierliste. Ich bin zum Flughafen gefahren und wollte die Crew sprechen. Die von dem Flug Frankfurt-Buenos Aires konnte ich noch nicht erreichen. Dafür aber zwei Stewardessen von dem Flug Düsseldorf-Frankfurt. Denen habe ich ein Bild von Skopje unter die Nase gehalten. Sie waren beide hundertprozentig sicher, diesen Mann noch niemals gesehen zu haben. Was sagt ihr jetzt?«
Kalle, Marlies und Viktor klatschten in die Hände. Daniel wurde verlegen.
»Alle Achtung, gute Arbeit Kollege. Das verbessert unsere Lage allerdings nicht gerade.«
»Stimmt«, antwortete Marlies, »wir müssen ihn ja noch finden.«
»Das auch. Aber das ist möglicherweise das kleinere Problem.«
Marlies sah ihn erstaunt an. Frau Dreiseitl kam mit einer großen Glasschale voller belegter Schnittchen hinein.
»Joshua meint, einer muss ja dann mit einem falschen Pass nach Argentinien geflogen sein. Wer könnte wohl einen Grund dazu haben?«
»Richtig, Kalle. Möglicherweise hat sich gestern Abend unser Mörder abgeseilt. Wir müssen auf jeden Fall mit Hilfe der Crews der beiden Flüge eine Phantomzeichnung anfertigen.«
Daniel rieb sich mit seinem Taschentuch einen Spritzer Mineralwasser von seiner Jacke. Er trug heute einen hellgrauen Leinenanzug, darunter ein dunkelblaues Hemd und eine grau-blaue Krawatte. Marlies fragte ihn zu Beginn, ob er sich nicht einmal normal kleiden könne. Er bedauerte nur, dass sein Geschmack nicht ihr Niveau erreichte.
»Ich werde mich morgen darum kümmern.«
Marlies schob den Rest eines Käseschnittchens in ihren Mund, leckte sich den Daumen ab und fuchtelte mit dem anderen Arm in der Luft herum. Alle sahen sie erwartungsvoll an.
»Es gibt da ein Problem zu dem Fall Groding«, begann sie spannungsvoll. Joshua schwante nichts Gutes. Er hoffte inständig, sie würde die unterschwellige Verdächtigung gegenüber Daniel nicht noch einmal wiederholen. Es gab einige Ungereimtheiten, Joshua hatte des Öfteren in dieser Ermittlung das Gefühl, die Täter hätten einen Vorsprung, der auf Insiderinformationen schließen ließ. Um aber derartige Verdächtigungen offen auszusprechen, bedurfte es mehr als einer identischen Schuhgröße.
»Unsere Düsseldorfer Kollegen haben auf dem Dachboden von Grodings Wohnung lediglich zwei Fußspuren sichergestellt.«
Die Blicke der Kollegen wandten sich von ihr ab zu Joshua und Daniel hin.
»Wenn wir davon ausgehen, dass der Täter dieselbe Schuhgröße und ähnliches Schuhwerk wie Daniel hatte, fehlen uns immer noch zwei Spuren.«
Für Sekunden schwiegen alle. Marlies setzte offenbar voraus, dass jeder die Ermittlungsakte ganz genau kannte. Karl Heinz Schmitz erkannte den Zusammenhang als Erster. Er verfügte über ein ausgezeichnetes Detailgedächtnis, womit er seine Kollegen immer wieder verblüffte.
»Du meinst die Spuren der beiden Kollegen, die angeblich auf dem Speicher nachgesehen haben?«
Joshua schlug sich vor die Stirn. Das hätte ihm nicht durchgehen dürfen.
»Ja genau, die meine ich. Warum geben die Kollegen vor, dort nachgesehen zu haben, ohne dass es der Wahrheit entsprach?«
»Das werden wir sie persönlich fragen. Ich kümmere mich darum, wenn ihr nichts dagegen habt.«
Sie nickten Kalle zu. Joshua kam ein unangenehmer Verdacht. Er bemühte sich, ihn bis zu Kalles Rückkehr zu verdrängen.
»Noch etwas haben wir herausgefunden«, Marlies sah Viktor dabei an, der sofort verstand.
»Aufgrund einer Überlastung meiner Kollegin habe ich für sie die Erbschaftsangelegenheit recherchiert«, Viktor schmunzelte in die Runde. Sein gezwirbelter Schnurrbart betonte dabei seine ausladenden Gesichtszüge. Marlies stemmte die Arme in die Hüfte und sah ihn entrüstet an.
»Nun ja, ich kenne den Notar der Familie von früher. Er hat damals den Kaufvertrag für unser Haus aufgesetzt. Mittlerweile arbeitet er ausschließlich für Schändler. Aber zur
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