Zum Anbeißen süß
lebte. Plötzlich schienen Carrie und sie nicht mehr dort hinzugehören. Carrie hatte ihren Stolz überwunden und sich auf die Spielregeln des Vaters eingelassen. Kate war weggezogen, um Karriere zu machen und ihrem Vater damit zu imponieren. Doch ihn kümmerten ihre Leistungen nicht, weil sie ihm gleichgültig war.
“Bist du nicht traurig darüber, dass wir in unserem eigenen Zuhause nicht mehr willkommen sind?”
“Aber das ist doch schon lange nicht mehr unser Zuhause, Kate.”
Ja, schon ewig lange nicht mehr, dachte sie.
Und im Grunde verbindet auch uns Schwestern nicht mehr viel
. Kate blickte auf die Uhr. “Oh, ich glaube, ich muss jetzt los.” Sie stand auf und griff nach ihrer Handtasche.
Carrie legte ihr die Hand auf den Arm. “Bist du sicher, dass ich ihn nicht anrufen und einen Termin für dich ausmachen soll?”
“Nein, vielen Dank, aber das ist nicht nötig”, wehrte Kate ab. Das fehlte noch, dass sie Carrie die Gelegenheit gab, wieder mal die gute gehorsame Tochter zu spielen. “Ohne Zweifel wird er irgendwann auf mich zukommen.” Vor allen Dingen, wenn sie es ihm weiterhin schwer machte, sie zu übersehen. “Ich bin bis Freitag bei Julie und dann bis Sonntag in dem Hotel, wenn du mich erreichen willst.”
“Weißt du schon, mit wem du zu dem Klassentreffen gehen wirst?”, fragte Carrie noch, als Kate schon an der Haustür war.
“Nein, keine Ahnung, aber ich habe nicht viel Hoffnung, dass mich jemand fragen wird. Während meiner ganzen Schulzeit hatte ich nur zwei Verabredungen.” Ihre Schüchternheit hatte ihr immer im Wege gestanden. Außerdem war ihre Mutter lange krank gewesen, sodass sie wenig Gelegenheit hatte, zu den üblichen Partys zu gehen. Im College hatte sie dann zwar ein paar Dates gehabt, aber die Männer hatten sie nicht besonders beeindruckt. Und seit sie berufstätig war, ging sie meist mit Kollegen zu den vielen gesellschaftlichen Ereignissen, an denen sie notgedrungen teilnehmen musste. Da sie ohne Begleiter nach Chapel gekommen war, musste sie auch allein zum Klassentreffen gehen.
“Du kannst ja Mitch McKee fragen. Er ist Single und durchaus geeignet.”
Kate musste ihrer Schwester beinahe recht geben. Mitch gehörte zu den Männern, bei deren Anblick selbst das Herz einer achtzigjährigen verknöcherten Jungfer heftiger zu schlagen anfing. Sie brauchte ja nur an ihre eigene Reaktion zu denken, als er ihr im Restaurant gegenübergesessen hatte.
Carrie wusste, dass Kate als Schülerin in Mitch verknallt gewesen war. Sie hatte gesehen, wie Kate immer wieder seinen Namen in ihre Hefte gemalt hatte. Warum schlug sie ihr jetzt ausgerechnet Mitch vor? Wollte sie nur nett sein, oder wollte sie sich über sie lustig machen? Eine Sutherland würde normalerweise nie mit jemandem ausgehen, der beinahe im Gefängnis gelandet war, auch wenn er jetzt Polizeichef war. Kate stand zwar zu ihrer Vergangenheit, aber sie war jetzt erwachsen und hatte keine Lust, sich wegen Mitch McKee aufziehen zu lassen.
“Vielleicht keine schlechte Idee”, sagte sie nur. “Würde unserem Vater das nicht ordentlich auf den Magen schlagen?” Nein, sie würde das nicht tun, schwor sie sich innerlich. Wenn sie wie geplant das böse Mädchen spielen würde, wollte sie Mitch keinesfalls einbeziehen. Sie war ihm nicht gewachsen, und weil er sie viel zu leicht aus der Fassung bringen konnte, würde er ihr bestimmt einen Strich durch die Rechnung machen.
Nervös wühlte sie in ihrer Tasche nach den Autoschlüsseln. Dabei fiel ihr ein Päckchen Zigaretten in die Hände, das sie gestern gekauft hatte. Sie zog es mit den Schlüsseln aus der Tasche.
Carrie starrte das Päckchen entsetzt an. “Ich wusste ja gar nicht, dass du angefangen hast zu rauchen.”
“Es gibt einiges, was du von mir nicht weißt”, entgegnete Kate lächelnd, winkte ihr kurz zu und ging aus der Tür.
“Chief? Ich habe hier Les am Apparat. Können Sie kommen und mit ihm sprechen?” Normalerweise behelligte Myra ihn mit solchen Fällen nicht. Es musste also schon etwas Besonderes passiert sein, und sofort dachte Mitch an irgendetwas Schlimmes, womit sein Deputy nicht allein zurechtkam. Er verließ schnell sein Büro und ging den Flur hinunter bis zu Myras Schreibtisch. Sie reichte ihm das Mikrofon.
“Hallo, Les, hier ist Mitch. Was gibt es?”
“Chief, gut, dass Sie da sind. Ich bin hier in der Tankstelle an der Thompson Road.” Er schwieg kurz. “Also, ich …”
“Les, nun sagen Sie doch schon, was ist
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