Zum ersten Mal verliebt
noch so schön gewesen. Rilla hatte Kopfschmerzen und ihre Zehen brannten. Aber es sollte noch schlimmer kommen.
Sie war mit ein paar Freundinnen zur Felsküste hinuntergegangen, während oben immer noch weitergetanzt wurde. Es war angenehm kühl hier unten und sie waren alle müde. Rilla saß schweigend da und beteiligte sich nicht an der fröhlichen Unterhaltung der anderen. Sie war froh, als jemand von oben rief, dass die nächsten Boote gleich abfahren würden. Eine fröhliche Kletterpartie vom Leuchtturm herab begann. Einige Paare drehten im Pavillon immer noch ihre Runden, aber die Menge hatte sich gelichtet. Rilla hielt Ausschau nach der Gruppe, die aus Gien kam. Niemand war zu sehen. Sie lief in den Leuchtturm. Niemand da. Verzweifelt rannte sie zur Felstreppe, wo die Gäste aus Overharbour hinunterliefen. Unterhalb konnte sie die Boote sehen. Aber wo war Jems Boot und wo Joes?
»Nanu, Rilla Blythe! Ich dachte, du wärst schon längst weg«, sagte Mary Vance und winkte mit ihrem Schal einem Boot nach, das gerade abfuhr und von Miller Douglas gesteuert wurde.
»Wo sind die anderen?«, rief Rilla keuchend.
»Weg.Jem ist vor einer Stunde abgefahren. Una hatte Kopfweh. Und der Rest ist vor einer Viertelstunde mit Joe aufgebrochen. Siehst du, jetzt sind sie gleich hinter Birch Point verschwunden. Ich bin nicht mitgefahren, weil sich ein Sturm zusammenbraut und mir dann bestimmt schlecht wird. Es macht mir nichts aus, von hier aus nach Hause zu laufen. Es sind nur anderthalb Meilen. Ich dachte, du wärst mit dabei gewesen. Wo warst du denn?«
»Unten auf den Felsen mit Jen und Mollie Crawford. Aber warum haben sie mich denn nicht gesucht?«
»Haben sie ja. Aber du warst nirgends zu sehen. Daraus schlossen sie, dass du mit dem anderen Boot gefahren sein musstest. Mach dir nichts draus! Du kannst bei mir übernachten und wir rufen in Ingleside an.«
Rilla sah ein, dass ihr wohl nichts anderes übrig blieb. Ihre Lippen fingen an zu zittern und Tränen traten ihr in die Augen. Sie blinzelte verzweifelt. Mary Vance durfte auf keinen Fall sehen, dass sie weinte! Aber einen so im Stich zu lassen! Niemand hatte es für nötig gehalten, sich zu vergewissern, wo sie wirklich steckte, noch nicht mal Walter! Da schrak sie zusammen. »Meine Schuhe!«, rief sie entsetzt. »Ich habe sie im Boot gelassen!«
»Na, so was!«, sagte Mary. »Wie kann man nur so vergesslich sein! Da musst du wohl Hazel Lewison bitten dir ein Paar Schuhe zu leihen.«
»Bestimmt nicht!«, rief Rilla, die besagte Hazel nicht leiden konnte. »Lieber gehe ich barfuß.«
Mary zuckte mit den Schultern.
»Wie du meinst. Stolz hat seinen Preis. Das nächste Mal wirst du besser aufpassen. Also, lass uns losmarschieren.« »Marschieren« auf einer durchfurchten, steinigen Straße in empfindlichen Silberschuhen mit hohen französischen Hacken, das ist nicht gerade ein lustiges Unterfangen. Rilla humpelte und torkelte, bis sie schließlich die Hafenstraße erreichten. Aber in diesen abscheulichen Schuhen konnte sie keinen Schritt mehr weiterlaufen. Die Schmerzen waren einfach nicht auszuhalten. Also zog Rilla die Schuhe aus und ihre geliebten Seidenstrümpfe und versuchte es barfuß. Das war auch nicht viel angenehmer. Steine und Furchen taten ihren zarten Füßen weh und ihre Blasen schmerzten. Aber schlimmer noch als das war das Gefühl der Demütigung. Das hatte ihr gerade noch gefehlt! Wenn Kenneth Ford sie jetzt so sehen könnte, wie sie wie ein kleines Mädchen mit Beulen an den Füßen daherhinkte! Warum musste ihre schöne Party so schrecklich enden! Jetzt musste sie einfach weinen, es war zu furchtbar. Niemand kümmerte sich um sie, niemand machte sich Sorgen um sie.
Wenn sie sich nun vom Barfußlaufen auf der vom Tau nassen Straße einen Schnupfen holte und anschließend langsam dahinsiechte, vielleicht würde es ihnen ja dann Leid tun. Sie wischte sich heimlich mangels Taschentuch mit ihrem Schal ein paar Tränen fort, aber das Schniefen ließ sich nicht verhindern. Es kam wirklich eins zum anderen!
»Du hast dich wohl erkältet«, bemerkte Mary. »Das kommt davon, wenn man sich im Wind auf die Felsen setzt. Deine Mutter wird dich so schnell nicht mehr weglassen, glaub mir das. Die Party war nicht schlecht. Das haben die Lewisons gut hingekriegt, muss ich sagen, obwohl Hazel Lewison nicht mein Fall ist. Du hättest mal ihren finsteren Blick sehen sollen, als sie dich mit Ken Ford tanzen sah. Genauso Ethel Reese, diese Göre. Der ist aber
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