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Zum ersten Mal verliebt

Titel: Zum ersten Mal verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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eingemantelte Tier festhielt. Ein solches Geschrei, wie Doc es während dieser Prozedur veranstaltete, hatte Ingleside noch nicht gehört. Susan stand Todesängste aus, dass die Crawfords es womöglich hörten und daraus schlossen, dass sie das Tier zu Tode quälte. Doc war wütend und aufgebracht, als er endlich befreit war. Er hielt das Ganze anscheinend für eine abgekartete Sache mit dem Ziel, ihn niederzuwerfen. Statt Dankbarkeit zu zeigen, warf er Susan einen vernichtenden Blick zu und rannte aus der Küche, um im Dschungel der Heckenrosen Zuflucht zu suchen. Dort schmollte er den Rest des Tages beleidigt vor sich hin. Susan kehrte mit grimmiger Miene die Scherben zusammen. »Die Hunnen hätten auch nicht schlimmer wüten können«, sagte sie zerknirscht. »Aber wer sich unbedingt ein derart teuflisches Tier halten muss und alle Warnungen in den Wind schlägt, der darf sich anschließend nicht beklagen, wenn das Hochzeitsgeschirr in die Brüche geht. So weit ist es schon gekommen, dass man als ehrliche Frau nicht mal mehr die Küche ein paar Minuten aus den Augen lassen kann, ohne dass so ein Satansbraten mit einer einzigen Lachsbüchse alles auf den Kopf stellt.«

Rilla und ihre Sorgen
    Der Oktober ging dem Ende zu und die trostlosen Tage des Novembers und Dezembers schleppten sich dahin. Die Erde bebte vom Donner der sich gegenseitig bekämpfenden Armeen: Antwerpen fiel, die Türkei erklärte den Krieg und das tapfere kleine Serbien nahm all seine Kräfte zusammen und führte einen tödlichen Schlag gegen seinen Unterdrücker. Und im ruhigen, von Hügeln umgürteten Gien St. Mary, tausende von Meilen weit entfernt, schlugen die Herzen der Menschen vor Hoffnung und Angst, je nachdem, was die täglichen Kriegsnachrichten meldeten.
    »Vor ein paar Monaten noch kreisten unsere Gedanken und Gespräche nur um Gien St. Mary«, sagte Miss Oliver. »Und jetzt denken und reden wir über militärische Taktik und diplomatische Intrigen.«
    Es gab jeden Tag nur einen großen Augenblick, nämlich die Ankunft der Post. Sogar Susan musste zugeben, dass sie sich von dem Augenblick an, wenn der Zweispänner des Eilboten über die kleine Brücke zwischen dem Bahnhof und dem Dorf angerattert kam, nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrieren konnte, bis endlich die Zeitungen da waren.
    »Wenn die Post unterwegs ist, muss ich mein Strickzeug zur Hand nehmen und ganz eifrig stricken, liebe Frau Doktor. Stricken ist eine Beschäftigung, die man sogar dann noch ausführen kann, wenn das Herz wie ein Presslufthammer schlägt und die Magengrube tiefer nicht sein könnte und die Gedanken sich im Kopf drehen. Erst wenn ich die Schlagzeilen lese, egal, ob gut oder schlecht, dann komme ich zur Ruhe und kann wieder meiner täglichen Arbeit nachgehen. Zu dumm, dass die Post ausgerechnet dann kommt, wenn ich mitten in den Essensvorbereitungen bin. Ich finde, die Regierung könnte das wirklich besser regeln. Aber der Vorstoß auf Calais ist missglückt, genau, wie ich es vorhergesehen habe, und der Kaiser wird wohl dieses Jahr sein Weihnachtsessen nicht in London einnehmen. Wissen Sie, liebe Frau Doktor« -Susan dämpfte Unheil verkündend die Stimme -, »ich habe aus glaubhafter Quelle erfahren, sonst würde ich das nicht wiederholen, dass Reverend Mr Arnold jede Woche nach Charlottetown fährt und ein türkisches Bad nimmt gegen seinen Rheumatismus. Stellen Sie sich das mal vor, ausgerechnet jetzt, wo wir mit der Türkei Krieg führen! Einer von seinen eigenen Diakonen hat immer schon behauptet, Mr Arnolds Theologie ließe zu wünschen übrig, und ich fürchte das langsam auch. So, ich muss mich sputen, damit ich heute Nachmittag Jemchens Weihnachtskuchen noch rechtzeitig einpacken kann. Da wird er sich freuen, falls er nicht vorher im Schlamm versinkt.«
    Jem war im Lager von Salisbury und schrieb heitere Briefe nach Hause, trotz des Schlamms. Walter war in Redmond und seine Briefe an Rilla waren alles andere als heiter. Jedes Mal, wenn sie einen Brief von ihm öffnete, hatte sie Angst, er könnte sich womöglich doch noch als Freiwilliger gemeldet haben. Dass er unglücklich war, machte auch sie unglücklich. Sie hätte am liebsten den Arm um seine Schulter gelegt und ihn getröstet, so, wie sie es im Regenbogental getan hatte. Sie hasste jeden, der für Walters Unglücklichsein verantwortlich war.
    »Irgendwann wird er gehen«, murmelte sie eines Tages vor sich hin, als sie allein im Regenbogental saß und einen Brief von ihm las.

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