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Zum ersten Mal verliebt

Titel: Zum ersten Mal verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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es hätte sie wütend gemacht, das zu hören und so weiter. Aber es gab ja gar keinen Grund für sie, es mir weiterzuerzählen, selbst wenn sie es wirklich gehört hat. Sie hat es mir einfach erzählt, um mir weh zu tun.
    Da bin ich explodiert. >Was unterstehst du dich, hierher zu kommen und mir so was über meinen Bruder zu erzählen, Irene Howard!<, brüllte ich sie an. >Das werde ich dir nie verzeihen. Nie! Hat dein Bruder sich etwa freiwillig gemeldet? Der denkt doch gar nicht daran!<
    >Aber Rilla, Liebste, ich habe das doch nicht gesagt«, betonte Irene. >Ich sagte dir doch, das war Mrs George Burr. Und ich habe ihr geantwortet -<
    >Es interessiert mich nicht, was du ihr geantwortet hast. Sprich mich ja nie wieder an, Irene Howard!«
    Das hätte ich natürlich nicht sagen sollen. Aber es ist mir so herausgerutscht. Dann kamen mit einem Schwung die anderen Mädchen, und ich musste mich beruhigen und die Gastgeberin spielen, so gut es ging. Irene steckte den ganzen Nachmittag mit Olive Keith unter einer Decke und ging dann fort, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen. Ich nehme an, sie nimmt mich beim Wort, aber das ist mir egal, weil ich nicht mit einem Mädchen befreundet sein will, das mir lauter falsche Sachen über Walter weitererzählt. Aber trotzdem leide ich darunter. Wir sind immer so gute Freundinnen gewesen und Irene war ja auch wirklich nett zu mir bis vor kurzem. Nun ist wieder eine Illusion zerstört, und ich habe das Gefühl, so etwas wie richtig treue Freundschaft gibt es überhaupt nicht auf der Welt.
    Vater hat den alten Joe Mead gebeten für Monday in einer Ecke des Schiffsschuppens eine kleine Hundehütte zu bauen. Wir dachten erst, Monday würde vielleicht nach Hause zurückkehren, sobald es draußen kalt wird, aber er kam nicht. Es gibt einfach nichts Menschenmögliches, was ihn dazu bewegen kann, auch nur für ein paar Minuten mitzukommen. Er bleibt, wo er ist, und wartet auf den nächsten Zug. Wir mussten uns etwas einfallen lassen, damit er es bequem hat. Joe baute ihm also die Hütte, damit Monday darin liegen und von dort aus den Bahnsteig sehen kann. Hoffentlich nimmt er die Hütte an.
    Monday ist inzwischen richtig berühmt geworden. Ein Reporter von der Enterprise ist extra aus der Stadt gekommen und hat ihn fotografiert und die ganze Geschichte aufgeschrieben, wie es dazu kam, dass er so treu Wache hält. Sie wurde in der Enterprise veröffentlicht und in ganz Kanada verbreitet. Aber das kümmert den armen kleinen Monday wenig. Jem ist weggegangen, und Monday weiß nicht, wohin und warum, aber er wird warten, bis er zurückkommt. Irgendwie beruhigt mich das. Das ist wahrscheinlich komisch, aber es gibt mir das Gefühl, dass Jem auf jeden Fall zurückkommt, sonst würde Monday nicht weiterhin auf ihn warten.
    Jims schnarcht neben mir in seiner Wiege. Er schnarcht, weil er einen Schnupfen hat, nicht wegen der Polypen. Irene hatte gestern auch Schnupfen, und ich weiß genau, dass sie ihn angesteckt hat mit ihrem Geküsse. Inzwischen ist er nicht mehr ganz so lästig wie am Anfang. Sein Rücken ist kräftiger geworden und er kann schon ganz nett sitzen. Mittlerweile badet er auch sehr gern und plantscht im Wasser, anstatt sich dagegen zu wehren und herumzukreischen. Ich glaube, ich werde die ersten beiden Monate nie vergessen! Ich weiß gar nicht mehr, wie ich das alles überstanden habe. Aber hier bin ich, und hier ist Jims, und wir werden beide >weitermachen<. Heute Abend habe ich ihn beim Ausziehen ein bisschen gekitzelt. In Morgans Ratgeber steht nichts davon, dass man das nicht darf. Ich wollte bloß mal sehen, ob Jims mich genauso anlacht wie Irene. Und er hat tatsächlich gelacht und schon kamen seine Grübchen zum Vorschein! Wie schade, dass seine Mutter sie nicht sehen kann!
    Heute bin ich mit meinem sechsten Paar Socken fertig geworden. Bei den ersten dreien hat Susan mir noch die Fersen gestrickt. Aber ich wollte kein Drückeberger sein, also habe ich mir zeigen lassen, wie es geht. Ich mache das überhaupt nicht gern, aber ich habe seit dem vierten August schon so viel gemacht, was mir keinen Spaß macht, da kommt es darauf auch nicht mehr an. Ich denke einfach an Jem, der sich über den Schlamm in Salisbury lustig macht, und dann geht es schon.«

Traurigkeit und Freude
    In den Weihnachtsferien kamen alle vom College nach Hause und es ging in Ingleside für ein paar Tage wieder fröhlich zu. Aber zum ersten Mal fehlte einer in der Runde: Jem, der Standhafte und

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