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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wir uns quälen?«
    »Nein«, sagte er hart.
    »Aber ich fürchte mich, Richard.« Ich fürchte mich, weil ich nicht weiß, ob ich dich liebe, dachte sie stumm vor Qual. Aber was nützt es mir nachzudenken? Was nützt es, an Viktor zu denken und mich zu fragen, ob das alles wirklich so hat kommen müssen? Es ist zu spät! Viel zu spät. Alles, was hinter mir liegt, ist zerstört. Und alles, was vor mir liegt … Ich werde nie glücklich sein und nie einen Menschen glücklich machen können. So ist das. So eine Frau bin ich.
    Es war ein schöner Morgen. Die Bienen summten um das Marmeladetöpfchen auf dem Tisch, die Sonne malte helle Flecken auf den Kies, vom See herauf kamen fröhliche Stimmen.
    »Komm«, sagte Richard und stand auf.
    Sie gingen nebeneinander auf dem schmalen Uferpfad, und die vergangene Nacht lag mitten im Sonnenschein wie ein grauer Schatten auf ihnen.
    »Ich habe einen merkwürdigen Traum gehabt«, sagte Laura. »Es … Es war in unserer Wohnung, und Viktor und ich wollten ausgehen. Vor dem Spiegel in der Diele legte er mir meine Perlenkette um den Hals, und auf einmal zerriß sie. Alle Perlen rollten auf dem Boden auseinander.« Sie blieb stehen. »Und das Merkwürdigste war: Als ich aufwachte, da waren meine beiden Hände voller Perlen und die Bettdecke vor mir auch. Ich muß im Schlaf die Kette vom Nachttisch genommen und zerrissen haben.« Aufblickend sah sie in Richards Augen. »Warum siehst du mich so an? Ist das ein schlimmer Traum? Perlen bedeuten Tränen, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte er. »Tränen bedeuten sie nicht. Sie sind ein Symbol für das Kind. Perle und Muschel, verstehst du – das ist wie das Kind und seine Mutter. Von wem hast du denn die Kette?«
    »Von Viktor. Sie war sein Hochzeitsgeschenk.« In ihr Gesicht trat ein Ausdruck des Erstaunens. »Hat das etwas mit diesem Traum zu tun?«
    Er ging langsam neben ihr her und malte dabei mit einem Zweig lauter Punkte auf den sandigen Boden. »Viktor wollte ein Kind, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete sie fast unhörbar.
    »Bist du sicher, daß du auch eines wolltest?«
    Sie fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. »Warum fragst du mich das? Du weißt es doch. Ich bin von Arzt zu Arzt gelaufen, ich habe mich untersuchen lassen, ich … Natürlich wollte ich ein Kind!«
    »Laura, du darfst mir die Frage jetzt nicht übelnehmen: Hast du früher, vor deiner Ehe, ein Kind erwartet und nicht zur Welt gebracht?«
    Ihre Stimme zitterte. »Eine Abtreibung? Das meinst du doch?«
    Er gab keine Antwort.
    »Nein!« Sie schrie es fast.
    Sanft legte er den Arm um ihre Schulter. »Ich liebe dich, Laura. Ich liebe dich so sehr, daß ich manchmal vergesse, daß du auch meine Patientin bist. Aber eben – da ist es mir wieder eingefallen.«
    Ihr Gesicht war sehr blaß. »Du glaubst, daß ich ein Geheimnis vor dir habe?«
    »Ja«, sagte Richard. »Das glaube ich.«
    Stephi Helmer stand im Bad, vor dem großen Spiegel, und dachte: Ob es ihm wirklich gefällt? Ob er es nicht falsch versteht? Ob er mich vielleicht auslacht?
    Es war komisch, daß ihr Herz klopfte und ihr Puls schneller ging – nur weil sie ein Nachthemd trug, das sie noch nie getragen hatte.
    Vor Jahren hatte es ihr Martin einmal mitgebracht, ganz hinten im Schrank war es verschwunden. Und jetzt hatte sie es heimlich herausgeholt.
    Der Satz des Psychiaters, der Satz, über den sie in letzter Zeit so viel nachgedacht hatte, kreiste wieder durch ihren Kopf: »Sie wissen immer noch nicht, daß Sie eine Frau sind; Sie müssen erst noch eine werden, eine werden wollen …«
    Sie betrachtete sich im Spiegel: neue Frisur, neuer Lippenstift. Ein schwarzes, durchsichtiges Hemdchen. Darunter schimmerte ihre Haut, ihr ganzer Körper, ihre kleinen, festen Brüste.
    Nein, ich bin nicht häßlich, dachte sie. Ich brauche mich nicht zu schämen. Und ich will mich nicht mehr schämen. Ich will eine Frau sein, die einen Mann glücklich machen kann … Ich glaube an das Wunder, Martin. Du mußt mir nur helfen. Ich will lieb sein, Martin, hörst du? Ganz lieb.
    Martin – in letzter Zeit hatte er sich verändert. Er kam nachts nie zu ihr. Aber er ging nicht mehr fort. Weiß Gott, er kümmerte sich um sie. Er erinnerte sie wieder an den Mann, in den sie sich verliebt hatte.
    Jetzt hörte sie plötzlich seinen Schritt. Die Badezimmertür ging auf.
    Sie drehte sich nicht um nach ihm. Auf einmal war sie wieder verzagt. Geradezu verzweifelt bürstete sie sich ihre Haare. Und sie dachte: Wenn er jetzt eine

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