Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
nun selber. Nach diesem Abend musste ich ganz sicher einen Entzug starten. Unter professioneller Anleitung in einer einschlägigen Facheinrichtung.
„Ja, ja Regeln. Es gibt auch Sexregeln, die in diesem Hause nicht eingehalten werden“, lallte Thea. Ein Seitenblick auf Lucy verriet mir, dass ihre Augen geschlossen waren und sie gleichmäßig atmete. Ein weiterer Blick auf meine Uhr sagte 2:12 Uhr. Oh Gott! Wieder mal war es nach Mitternacht.
„Aber die Familjenregel besagt Folgendes: Nimm niemas Süsses von Fremdn, iss niemas den gelben Schnee, guck nie direkt inni Sonne und gib niemas Handynummern raus, die dia nich gehörn“, nuschelte ich und ich merkte, dass ich zu müde und auch zu betrunken zum Sprechen war. Als ich zu meiner Schwester hinüberschaute, bot sich mir das Bild einer nun schnarchenden Thea. Ich schloss meine Augen und tat es ihr gleich. Ich träumte von Paul und mir auf dem offenen Ozean, nur das Paul und Annika auf der Tür lagen und für mich kein Platz mehr war.
Kapitel 9
Der Tag danach.
Ich weiß nicht mehr, ob ich wegen meines pochenden Kopfes wach wurde oder wegen meines pochenden Kopfes. „Scheiße“, murmelte ich. „Das letzte Glas war schlecht.“
„Na, das ist ja mal ein repräsentativer Anblick!“, hörte ich eine Männerstimme angezickt verlautbaren. Ich blinzelte mit nur einem Auge und orientierte mich. Ein Rundumblick verriet mir, dass das für einen Außenstehenden wirklich schlecht aussehen musste. Thea lag mit weit gespreizten Beinen in ihrer wirklich teuren Chantalle-Reizwäsche mit (auweia) raushängenden Möpsen auf der Recamiere des Sofas, während Lucy ihre Beine um meinen Hals geschlungen hatte, so dass mir ihr Bauch bequem als Kopfkissen diente. Bernd stand mitten im Wohnzimmer mit einem Plastikeimer voll übel riechender Fische. „Also, äh...“, stammelte Bernd, „ich habe gewonnen, ich hatte die meisten Fische, also ich hab den Ersten gemacht.“
Jetzt erwachte Thea mit einem letzten lauten Schnarcher und blinzelte genauso müde, wie ich eine Sekunde zuvor. Während ihr gewahr wurde, welches Bild sich Bernd bot, wurde sie augenblicklich hellwach. Außerordentlich dynamisch sprudelte es aus ihr heraus: „Die Unterwäsche ist second Hand, Bernd! Wirklich!“, woraufhin Bernd nur ein „Oha, na lecker!“ erwiderte und mit dem Fischeimer in die Küche trottete. Thea sprang auf, schnürte sich den Kimono zu und verschwand im Schlafzimmer. Jetzt wurde auch Lucy munter. „Papi?“, säuselte sie noch verträumt. Sie stand ebenso auf und taperte ihrem Vater verschlafen hinterher. Ich ebenso. Mein Kopf schmerzte und ich hatte „Brand“. Lucy war sofort putzmunter, setzte sich an den Frühstückstisch und wusste nichts Besseres zu berichten als: „Papa! Stell dir mal vor, wir haben gestern einen flotten Dreier gemacht und dann haben wir uns totgelacht“, kicherte die Vorlaute und hielt sich verschmitzt eine Hand vor den Mund. Na klar. Wenn Kinder sich nichts merken konnten, aber solche Sachen brannten sich für immer in ihre Synapsen.
Während Bernd mich nun scharf musterte, stand ich verlegen auf. „Ich koch dann mal Kaffee“, opferte ich mich und kramte zunächst in meiner Handtasche nach einem Aspirin. Als ich eine Tablette aufstöberte, befüllte ich mir ein Glas mit Leitungswasser und trank es, zusammen mit dem Aspirin, in einem Zug leer.
Thea schlofte nun müde, endlich bekleidet mit ihrem Jogginganzug, in die Küche. „Wolltest du nicht erst gegen Mittag wieder kommen?“, fragte sie Bernd zerknirscht in mäßiger Laune. Bernd lugte demonstrativ zur Küchenuhr, die über der Küchentür hing, hinüber. Ich auch. Entsetzt stellte ich fest, dass es inzwischen 12:30 Uhr war. Ich schüttelte den Kopf. Konnte man das fassen? Jetzt hatte ich den halben Samstag verschlafen. Als auch Thea die Uhrzeit erblickte, fragte sie mit gespielter Fröhlichkeit: „Und Paula? Willst du auch ein Müsli? Komm ich zaubere uns allen eins.“ Bernds und Lucys Gesichter entgleisten. Meins auch. Höflich, aber bestimmt lehnte ich dankend ab und orderte einzig Koffein. Bernd ebenso. Lucy verzog sich ins Bad, ohne Frühstück. Ich verstand sie. Lieber würde ich Bernds tote Fische roh am Kopf abbeißen, als Theas Bircher Müsli in Bio-Karotten- Apfeltunke zu essen. Bernd ebenso.
Eilig trank ich meinen Kaffee, der zusammen mit dem Aspirin sogleich seine Wirkung tat, und verabschiedete mich nach Hause, um in Ruhe die übersterblichen Reste meines Katers zu pflegen.
In
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