Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
inzwischen Einzug gehalten. Während die Grunewalder Bäume, für meinen Geschmack ein paar Wochen zu früh, ihre Kleider von einem saftigen grün in rot und gold färbten, prasselte der Regen seit geschlagenen vier Wochen ohne Unterlass auf das Dach meiner Butze. Ich liebte das gleichmäßige Geräusch, es hatte von je her eine beruhigende Wirkung auf mich. Und wann immer es gleichmäßig aufs Dach trommelte, diente dies meiner Entschleunigung. So wie ich dann beim Einschlafen vor mich hin döste, musste sich ein quengeliges Baby im Autokindersitz auf Kilometer zehn fühlen. Es war einfach hypnotisch und half mir beim Einschlafen.
In einer dieser idyllisch trommelnden Oktobernächte, sollte meine Hypnose jedoch ein jähes Ende finden. Während ich im Halbschlaf in einem dieser Leonardo-di-Caprio-eiskalter-Ozean-Tür-schon-besetzt-Träume die Hauptrolle der hilflos Ertrinkenden mimte, wurde mein Alptraum zur kruden Realität. Ich schlug die Augen auf. Es war stockfinster und ich lag in einer Lache kalten Wassers. Nanu? War ich ausgelaufen? Inkontinent? Ich war erst dreißig! Oje, alles war nass. Mein Nachthemd, meine Bettdecke, mein Kopfkissen, meine Haare. Ich setzte mich auf und wollte das Licht einschalten. Beim Betätigen des Schalters allerdings blitzte es lediglich kurz auf und dann blieb es stockfinster. Verdammt! Ein Kurzschluss. Entnervt stand ich auf und bemerkte, dass der Fußboden des Trailers ebenso durchnässt war. Kacke! Der Trailer leckte! „Meine Wohnung ist ein Wrack“, übertönte ich den sonoren Singsang des Regens, der mir plötzlich so richtig auf die Nerven fiel. Thea wetterte in meinem Hinterkopf: „Das ist keine Wohnung, das ist ein Wohnwagen, den nimmt man zum Verreisen und nicht, um darin zu wohnen.“
„Schnauze jetzt!“, brachte ich meinen Verstand zum Schweigen. Ich tastete mich zum Ausgang, schlüpfte in meine Schuhe, die ebenfalls trieften und peilte Steffis Haus an. Kurz bevor ich eintrat, wurde mir bewusst, dass bei Steffi ja alles belegt war. Susi und die Kinder belagerten mein Paula-Zimmer und vor dem Gartentor parkte außerdem der Moskwitsch von Mischa. Ich war den Tränen nahe. Resigniert machte ich die Biege und schlürfte zum Haus meiner Eltern. Wieder einmal!
Klitschnass triefte ich in mein Elternhaus und in deren Gästezimmer. Ich entledigte mich meiner nassen Klamotten, zog mir etwas Trockenes über und verkroch mich demütig ins blumig duftende Gästebett. Der seichte Geruch von Weichspüler und Bohnerwachs ließ mich im Handumdrehen eindämmern. Meine letzten Gedanken galten in dieser Nacht einer Wohnung. Einer eigenen bezahlbaren Wohnung. Es war Zeit und ich war bereit. Tief in mir verspürte ich die wieder erwachte aufkeimende Lust aufs Spießern. Abgesehen davon konnte ich auf keinen Fall mehr bei meinen Eltern wohnen.
Müde schlug ich die Augen auf, das Staubsaugergeräusch, das an mein Ohr drang, kam mir seltsam bekannt vor. Das Zimmer, in dem ich schlief, ebenso. Ich ließ die letzte Nacht Revue passieren und eine merkwürdige Aufregung erfasste mich. Der Trailer hatte mich doch tatsächlich unsanft vor seine Tür gesetzt. Er hatte die Nase voll von mir. Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass es bereits 7:00 Uhr war. Ich hatte vergessen, den Wecker aus dem Trailer zu retten und ärgerte mich, weil ich nun nicht mehr joggen gehen konnte. Ich merkte mir die Joggingrunde nun für den Abend vor. Meine Mutter hatte sicher noch nicht bemerkt, dass ich ihr Gästezimmer bezogen hatte. Meine Tür öffnete sich polternd, während ich in einem weißen Nachthemd auf der Bettkante saß. Meine Mutter griff sich ans Herz und brüllte vor Schreck nach „Joooohaaaann!!!“ Ob meines Anblickes erschrak sie sich dermaßen, dass ihr Gebrüll nicht nur meinen armen Vater, sondern sicher auch die lieben Nachbarn von den Toten auferstehen ließ. Hielt sie mich für ein Gespenst, oder was?
„Pssssst, mach doch nicht so einen Lärm, Mama, ich bins Paula!“, versuchte ich beruhigend. Sie schaltete das Licht an und den Staubsauger aus. „Paula?“, fragte sie ungläubig, „du hast mich zu Tode erschreckt. Bist du wahnsinnig?“, fragte sie. Hoffentlich meinte sie diese Frage rhetorisch. Ich stand nun auf und hinter meiner Mutter kam mein Vater mit einem Briefbeschwerer in der Hand zum Vorschein.
„Ilse-Dore Prügel! Was schreist du denn hier wie am Spieß?“, fragte mein Vater seine Frau. Sein Flanell-Oberteil war bis zur Brust geöffnet und mit seiner Frisur sah
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