Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
diesen Anblick sicher gefreut und seinen neuen Laubsauger zum Einsatz gebracht. Außerdem lagen im Zimmer die leeren Champagnerflaschen und Flachmänner verstreut und im Badezimmer sah es aus, wie nach einer Gruppensexparty (nicht, dass ich so etwas jemals praktiziert hätte, aber genauso sieht das in meiner Vorstellung aus). Ich bedachte die „Cleaner“ mit einem großzügigen Trink- und Schweigegeld und deren Minen hellten sich tatsächlich ein wenig auf. Nichtsdestotrotz ließ mich der Chef der Saubermach-Truppe noch wissen, dass man den Hochfloor im Hotelzimmer nicht so einfach „durchfeudeln“ könne und wir uns beim nächsten Saufgelage lieber nicht auf Rotwein einschießen sollten. Ich nickte schuldbewusst und gelobte Besserung. Abgesehen davon, ging es mir durch den Kopf... wenn Bon Jovi während einer seiner Alkoholsessions ein Kissen geschrottet hätte, würden die Mitarbeiter des Cleanings bereits auf dem Rheinsberger Trödelmarkt stehen und jede Feder einzeln, natürlich baumelnd an einer feudalen Lederkette, pro Stück für mindestens 50 Euro verscherbeln. Schwamm drüber. Mein werter Name lautete schließlich nur Paula Prügel. Und Rowdys waren hier nicht gern gesehen. Auch der Hinweis darauf, dass die weißen Federn doch gut mit dem weißen Gesamtinterieur harmonisieren würden, fand irgendwie keinen Anklang. Nach dem fürstlichen Frühstücksmahl, welches man durchaus als Zuckerbrot bezeichnen konnte, war nun der Yogakurs an der Reihe, die Peitsche also. Und da ich immer noch nicht bereit war, Kerstin Gabriel über den Weg zu laufen, entschied ich mich kurzerhand für einen Dauerlauf. Von unserer Terrasse aus konnte ich ungefähr einschätzen, dass der See, auf dem unser fantastischer Ausblick beruhte, locker in einer Stunde umrundbar war. So würde ich auch in Ruhe kleinere Teile des beschaulichen Örtchens Rheinsberg erkunden können. Während ich mich für meinen Lauf umzog, machten sich Thea und Steffi bereit für ihre Yogastunde.
„Und was mache ich, wenn die Gabriel uns über den Weg läuft?“, fragte Steffi.
„Na gar nichts, sie kennt euch doch gar nicht. Tut mir bloß einen Gefallen und freundet euch nicht mit der an. Geht ihr einfach aus dem Weg. Das wird ja wohl nicht so schwierig sein“, sagte ich.
„Geht von Yoga eigentlich auch die Cellulites weg?“, fragte Thea, während sie die Außenseiten ihrer Oberschenkel zusammendrückte und angesichts dessen, was sie sah, angewidert ihr Gesicht verzog.
„Nee, aber von Saftfasten, hab ich mal gelesen irgendwo. Da tuste zwei Wochen lang nur Säfte trinken und deine Cellulites verschwindet wie von selbst“, dozierte Steffi.
„Na toll Saftfasten! Sonst noch was?“, gab Thea genervt zurück.
„Also nun macht schon“, trieb ich die Herde zusammen. „Ich wollte eigentlich heute noch mal loslaufen.“ Thea und Steffi schnappten sich ihre Sporthandtücher und wir verließen gemeinsam unser Appartement. Ich begleitete beide noch bis zur Rezeption und dann bog jeder in seine Richtung. Ich lief nun den Schotter der Auffahrt Richtung See hinab und schaltete mein Ipod an. Nach zehn Minuten war ich bereits am See angekommen und fing nun an, ihn zu umrunden. Um den See herum führte ein breiter Trampelpfad, auf dem man bequem laufen konnte. Ich fühlte mich pudelwohl. Alles war stimmig: der Ort, das Wetter, meine Kondition. Ich fühlte mich vollkommen entspannt, während ich Kilometer um Kilometer hinter mir ließ. Hin und wieder überholten mich Fahrradfahrer oder sie kamen mir entgegen. Immer grüßte man sich freundlich oder man winkte sich zumindest zu. Das war das Landleben. Wie schön war es doch, in so entspannter Atmosphäre zu laufen und seinen Gedanken nachzuhängen. Während meine Pulsuhr mir 150 Schläge pro Minute anzeigte, schlich sich Kerstin in mein Unterbewusstsein. Wie konnte sie Paul nur betrügen? Wieso setzte sie ihre Ehe aufs Spiel? Was war da nur los? War in ihrer Ehe etwas nicht in Ordnung? Sie hatten doch alles! Sie besuchten gemeinsam einen Pilateskurs, unternahmen romantische Restaurantbesuche, waren Eltern einer reizenden Tochter, das waren doch alles Indizien dafür, dass diese Ehe funktionieren sollte. Also was lief schief bei denen? Wie blöd musste man sein, eine solche Existenz aufs Spiel zu setzen? Aber vielleicht hatte Steffi ja auch Recht und die beiden führten wirklich eine offene Ehe. Das hörte man doch immer wieder. Das würde auch erklären, warum Paul versucht hatte, mich zu küssen. Genau! Alles
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