Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
immerzu ein- und ausziehen. Niedrige Mieten sind so etwas wie eine Garantie dafür, dass es hier nicht zugeht, wie auf einem Bahnhof, wo die Leute ständig ein- oder aussteigen. Außerdem gucken wir uns die Mieter sehr genau an. Du kannst also davon ausgehen, dass hier nur nette Leute wohnen.“ Verträumt lehnte ich mich an die Wand. Nicht nur die Wohnung bestach, sondern auch der günstige Mietpreis. Also gab es nur noch zwei Manki (ist das der Plural von Manko?), nämlich Paul und meine alberne Besessenheit von ihm. Wenn ich das in den Griff bekommen könnte, wären die Weichen in meine neue Zukunft gestellt. Lebte ich in einer naiven rosaroten Seifenblase, da ich annahm, mir Paul ganz einfach aus dem Kopf schlagen zu können? Oder war ich mit Stumpfsinn geimpft worden? Ich stieß mich von der Wand ab, ging zu Paul hinüber und reichte ihm die Hand, bevor mich meine Vernunft vom Gegenteil überzeugen konnte.
„Ich nehme die Wohnung“, sagte ich selbstsicher. Allein der Händedruck, den Paul erwiderte, ließ mich dahin schmelzen.
„Wirklich?“ Ich nickte und lächelte Paul verklärt an.
„Super, ich freu mich Paula.“ Unschlüssig standen wir uns gegenüber. Paul räusperte sich. Er drehte meine Hand mit der Innenfläche nach oben und legte mir den Wohnungsschlüssel hinein.
„Wir haben ja schon fast Ende Oktober. Miete zahlst du erst ab November, okay?“ Der hatte gut Reden. Es waren noch fast vierzehn Tage bis zum 1. November, aber wenn man ein Model zur Frau hatte, das sich vor Aufträgen kaum retten konnte, durfte man sich schon großzügig geben. Ich ärgerte mich über meine negativen Gedanken. Es war mehr als großzügig von Paul, dass er mir bereits die Wohnungsschlüssel aushändigte.
„Danke Paul. Wann soll ich den Mietvertrag unterschreiben?“ Paul zuckte mit den Schultern.
„Das können wir machen, wenn du einziehst. Klingle einfach bei mir, ich bereite den Vertrag schon mal vor, so dass du nur noch unterschreiben musst.“ Ein einziger Kuss noch, wünschte ich bedauernd, drehte mich aber zum Gehen.
„Tschüss Paul, ich melde mich bei dir. Schönen Abend noch und grüß mir Kerstin und Annika.“ Ich verließ die Wohnung und hörte, wie Paul sich hinter mir ebenso in Bewegung setzte. Während ich die Stufen hinab lief, ging Paul wohl zurück in seine Wohnung. Ich riss die Haustür auf und sog die kalte Luft in meine Lungen. Immer noch spürte ich seine Küsse auf meinen Lippen. Wie aufregend wäre es gewesen, einfach weiter zu gehen, nur noch einen Schritt weiter. Ihn zu küssen fühlte sich an, wie nach Hause kommen. Bisher war genau dieses Gefühl in meinem Leben noch nie präsent gewesen, was mich nur noch ratloser und trauriger machte.
Nervös schloss ich mein Fahrrad ab und wagte noch einen Blick nach oben. Paul stand in der zweiten Etage am Fenster und blickte zu mir herunter. Ich hob leise die Hand zum Gruß, er nickte. Wie in Trance fuhr ich los. Einerseits euphorisch über die Tatsache, dass ich endlich eine Wohnung gefunden hatte, versuchte ich andererseits Pauls Küssen nicht so viel Bedeutung beizumessen. Beim Einzug würde ich unmissverständlich klarstellen, dass zwischen uns nie etwas laufen würde. Ich sympathisierte schließlich mit der Monogamie (nicht zu verwechseln mit Monotonie!).
Ich freute mich auf Steffi und wollte sofort von meinen Neuigkeiten berichten, die Wohnung betreffend, die Küsse sollten natürlich unerwähnt bleiben. Ich brauchte jetzt einerseits Ablenkung, andererseits auch Aufmunterung (und im Prinzip auch einen schwesterlichen Ratschlag, aber Vernünftige hatte Steffi noch nie in ihrem Repertoire).
Zeitgleich trafen Susi und ich bei Steffi ein. Susi hielt in je einer Hand eine Flasche Sekt. Da sie keine Schlangenlinien lief, nahm ich an, dass beide Flaschen noch ungeöffnet waren. Wir fielen uns am Gartenzaun in die Arme: „Stell dir vor Paula, ich habe den Job. Ich habe den verdammten Job!“, schrie Susi das halbe Zehlendorf zusammen. Sie sollte aufhören, die Flaschen zu schütteln, sonst gab es gleich eine riesige Sauerei!
„Dann gibt’s ja ordentlich was zu feiern“, rief ich genauso begeistert zurück. „Weil, ich habe endlich eine neue Wohnung!“ Susi und ich hüpften gemeinsam euphorisch durch Steffis Garten. Ich klingelte vorsichtshalber, bevor ich die Tür aufschloss, nur für den Fall, dass Steffi nicht allein war. Während wir in der Tür standen, kamen Bono und Antje hinter uns angetrabt. Zu viert betraten wir Steffis Haus
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