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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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gesagt, wir schreiben einfach mal Max-Bacon an. Aber unser Bauprojekt ist ja eigentlich gar nicht der Rede wert …»
    «Es gibt keine Bauprojekte, die nicht der Rede wert sind …»
    «Und jetzt stehen Sie leibhaftig vor mir … ich kann es immer noch nicht fassen … das ist großartig …»
    «Aber ich bitte Sie …»
    «Und Sie kommen gerade richtig … die Gemeinderäte sind gleich da … heute ist nämlich unsere wöchentliche Sitzung …»
    Zehn Minuten später betraten zwei Männer den Raum.
    So saß ich drei Gemeindevertretern gegenüber, die vollkommen aus dem Häuschen waren, weil ich einen so weiten Weg auf mich genommen hatte. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, wann man mich das letzte Mal mit solchen Augen angesehen hatte, wann ich das letzte Mal so zuvorkommend behandelt worden war. Ich erläuterte meine Sicht der Dinge, und sie klebten an meinen Lippen. Ich war der König. Nach der Sitzung und dem kleinen Umtrunk zur Feierunserer Zusammenarbeit (der Enthusiasmus, mit dem die Herren die Gelegenheit ergriffen, eine Flasche aufzumachen, war mir nicht entgangen), war es Zeit zu gehen. Der Bürgermeister bot mir an, mich mit dem Auto nach Paris mitzunehmen, ein Vorschlag, den ich gerne annahm. Ausgeschlossen, jetzt wieder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzufahren. Patrick (er hatte zu mir gesagt: «Sie können Patrick zu mir sagen.») war es eine Freude, mich mitnehmen zu dürfen. Er nutzte den Anlass, um mir viele Fragen über meine Arbeit zu stellen. Die Tatsache, dass ich extra gekommen war, um mir das Grundstück anzusehen, bewertete er als äußerst professionell. Daran sehe man, dass man bei Max-Bacon nichts dem Zufall überlasse. Keine Sekunde zog er die Möglichkeit in Betracht, mein Kommen könne mit einem gewaltigen Karriereluftloch in Zusammenhang stehen. Für mich war es eine Wohltat, mit jemandem zu sprechen, der mir Achtung entgegenbrachte. Balsam für meine Seele, nicht für meinen Körper. Im Gegenteil, die Erschütterungen des Wagens bereiteten mir arge Schmerzen. Patrick bemerkte dies und machte sich gleich Sorgen. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte, und schlug vor, langsamer zu fahren, auf kleinere Straßen auszuweichen, Pause zu machen oder das Fenster zu öffnen oder zu schließen. Von alldem wurde mir ganz schwummerig. Dass man mir so unbedingt helfen wollte, war mir fast unheimlich. Seine Empathie erwies sich als kontraproduktiv. Ich wollte einfach nur schweigend dahinrollen, als wäre Schweigen das einzige Mittel, das mir zu helfen imstande war.
    Vielleicht hat der Arzt etwas übersehen, dachte ich wieder. Die Wissenschaft ist nicht unfehlbar. Fest stand: Ich war noch lange nicht aus dem Schneider. Deswegen hatte ich mir auch bei dem von Édouard empfohlenen Osteopathen einen Termin geben lassen. Patrick ließ mich vor der Praxis aussteigen. Die Ereignisse hatten eine etwas irritierende Wendung genommen. Erst der feierliche Augenblick, dann die lange, strapaziöse Fahrt. Ich bedankte mich herzlich bei ihm:
    «Gute Besserung», rief er mir voller Hoffnung zu.
    «Ach, das ist ja nicht so schlimm … bloß Rückenschmerzen … das geht vorbei …»
    «Sie brauchen etwas Ruhe. Ich glaube, Sie hätten heute mal lieber im Bett bleiben sollen. Das hätte Ihrem Rücken besser getan … andererseits hätten Sie uns dann ja gar nicht Ihre Aufwartung gemacht», versuchte er es mit ein bisschen Humor.
    «Ach …»
    «Für uns war das ein Glücksfall.»
    Ich nickte ihm freundlich zu, bevor ich mich leicht hinkend davonmachte. Ich an seiner Stelle hätte jemandem wie mir, der mitten unter der Woche mit dem Bus ins hinterste Kaff fuhr und am Ende kläglich an der Schwelle zum Osteopathen stand, ganz gewiss kein Projekt anvertraut.
     
       * Später sollte ich erfahren, dass der Vater dieses Mannes bis zu seinem frühen Tod ein renommierter Architekt gewesen war.

34
    Intensität der Schmerzen: 8,5

Gemütslage: auf Achterbahnfahrt

35
    Wieder einmal fand ich mich in einem Wartezimmer wieder. Krank sein heißt in erster Linie: warten. Warten bis der Arzt kommt. Es war das immer gleiche Spiel. Man tanzte den Walzer der prüfenden Blicke, die sich schließlich über die alten Zeitschriften senkten. * Um Haltung anzunehmen, tat ich immer so, als würde ich in einer dieser Illustrierten lesen, ohne dass mir dabei der Gedanke kam, dass ich mit meiner
Glamour
eventuell lächerlich wirken könnte. Während ich so herumblätterte, war ich in Gedanken ich weiß nicht wo. Mir kam

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