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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Haltestelle eine Menschenseele vorzufinden, schien den Busfahrer, ähnlich wie zuvor den Fahrradfahrer, reichlich zu überraschen. Der Bus war leer, außer mir gab es keinen weiteren Fahrgast. Eine Fahrt wie in einem überdimensionalen Taxi.
    «Haben Sie sich verlaufen?»
    «Nein, ich bin im Auftrag meiner Firma unterwegs. Ich muss mir ein Gelände anschauen, wo ein Parkplatz gebaut werden soll.»
    «Ein Parkplatz? Hier? … Aber wozu das denn? Die Leute stellen ihre Autos einfach irgendwo ab. Ist ja genug Platz.»
    «Ja, ich seh schon.»
    «Alles wegen dieser scheiß Micky Maus.»
    «Scheiß Micky Maus?»
    «Ja, wegen diesem Vergnügungspark … Disneyland Paris. Das ist total unfair. Alle fahren ins Nachbardepartement Seine-et-Marne … und hier ist nichts mehr los … das ist doch zum Kotzen, oder?»
    «Ja, schon …»
    «Und ausgerechnet Seine-et-Marne … es gibt doch kein blöderes Departement … finden Sie nicht?»
    «Öh, ich glaub, ich kann dazu nicht so viel sagen …»
    Ich war wirklich gern bereit zu versuchen, irgendwie am Weltgeschehen teilzunehmen, aber mir eine Meinung über das Departement Seine-et-Marne zu bilden, das ging nun doch zu weit. Während der gesamten Fahrt ergoss sich sein Redeschwall über mich. Er lästerte über alles und jeden und kam dabei vom Hundertsten ins Tausendste. ** Ich war ihm hilflos ausgeliefert. Aber ich konnte auch nicht zu ihm sagen, dass er damit aufhören sollte. Er war so in Rage, dass er mich bestimmt sofort zum Aussteigen aufgefordert hätte. Um mein Ziel zu erreichen, bemühte ich mich, ihm mithilfe meines Gesichtsausdrucks und gelegentlicher zustimmender Hm-hm-Lauten zu verstehen zu geben, dassich ganz seiner Meinung war. Meine Taktik zahlte sich aus. Bei unserer Ankunft schenkte er mir ein breites Lächeln: Er hatte die grauenvollsten Zähne, die man sich nur vorstellen konnte (er hätte sich mal über seinen Zahnarzt aufregen sollen).
    «Ah, das war schön, jemanden zum Reden zu haben.»
    «Aha …»
    «Schönen Tag noch», rief er und machte die Tür zu.
    Ich hatte ihn vielleicht falsch eingeschätzt. Er war gar nicht so böse. Hatte sich bloß gefreut, einen Gesprächspartner zu haben, über den er all das ausschütten konnte, was ihm die ganze Zeit schon auf der Zunge gelegen hatte.
     
       * Vielleicht war es auch umgekehrt: Kühe schauen einen gern an.
    ** Er erinnerte mich an diese Leute, die beim Radio anrufen und sich dort zu allen möglichen Themen äußern. Manche Leute rufen auch an, um sich zur Meinung des Hörers, der vor ihnen angerufen hat, zu äußern. Ein endloser Reigen.

32
    Intensität der Schmerzen: 6

Gemütslage: irgendwo im Nirgendwo

33
    Der Platz vor dem Gemeindeamt war menschenleer. Ein Filmset nach Abschluss der Dreharbeiten, hätte man denken können. Gegenüber dem Gemeindeamt befand sich ein kleines Anwesen, wo noch die Grundmauern des abgerissenenGebäudes zu erkennen waren. Mir leuchtete nicht ein, warum man ein Architekturbüro beauftragte, um diesen Parkplatz zu bauen. Einfach nur das Grundstück betonieren und die Stellplätze markieren, fertig. Am besten hielt ich mal nach den zuständigen Personen Ausschau. Ich begab mich in den Eingangsbereich der Behörde und fragte mich, an wen ich mich nun wohl wenden musste. Es gab keinen Informationsschalter, der Ort schien ganz verlassen zu sein. Ich stieg die Treppen hinauf und stand vor einer halbgeöffneten Tür. Dahinter bemerkte ich einen Mann.
    «Ist da jemand?»
    «Ich wollte den Bürgermeister sprechen», antwortete ich und trat ein.
    «Das bin ich.»
    «Ich komme wegen dem Parkplatz. Ich bin der Architekt. Also ich arbeite für das Büro, das diesen Parkplatz bauen soll.»
    «Sie? … Sie … arbeiten … für Max-Bacon?»
    «Ja genau.»
    «Oh … oh … danke, danke, vielen Dank, dass Sie sich hierherbemüht haben …»
    «Keine Ursache …»
    «War es recht schwer zu finden? Haben Sie ein Navi?»
    «Nein, ich bin mit dem Regionalexpress gefahren, und dann mit dem Bus …»
    «Bitte? Sie sind mit dem … nein, das ist nicht ihr Ernst. Sie machen wohl Witze? Ach, Sie arbeiten gar nicht für …»
    «Für Max-Bacon, doch.»
    Der Mann, den ich auf um die vierzig schätzte, wirkteganz konfus. Er erklärte mir, er sei ein großer Bewunderer von Max-Bacon. * Besonders beeindrucke ihn das Parkhaus, das wir an der Place de Bastille gebaut hätten.
    «Speziell das Niveau -2», stotterte er vor überschäumenden Gefühlen. «Aber das war ursprünglich nur so ein Scherz. Wir haben

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