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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Gesicht zurück. Mir kam das alles fast wie ein Witz vor. Als ich nach der Tasse greifen wollte, verzog ich unwillkürlich das Gesicht.
    «Alles in Ordnung mit Ihnen?»
    «Ja, ich hab nur Rückenschmerzen.»
    «Oje, Rückenschmerzen sind grässlich. Eine ganz unangenehme Sache. Hatte ich auch mal.»
    «Echt? Und wie sind Sie sie wieder losgeworden?»
    «Keine Ahnung. Es hat einfach klick gemacht. Ich bin eines Morgens aufgewacht, und die Schmerzen waren weg. Das war wohl so eine Entscheidung, die mein Körper von ganz allein getroffen hat.»
    Wieder auf meinem Zimmer, ließ ich mir das noch einmal durch den Kopf gehen, was er gesagt hatte. Wann würde mein Körper von alleine beschließen, dass es nun genug war? Ich lebte in einer Diktatur, befand mich in derGewalt meines Körpers. Wie alle anderen auch. Aber was konnte man dagegen tun? Warten, bis er mich endlich wieder in Ruhe ließ? Nein. Ich war mir sicher, ich musste weiter nach den Ursachen der Misere forschen, die mich ans Bett fesselte und kein Ende zu nehmen schien.
    Ich verbrachte einige Stunden damit, mir mit meiner Tochter SMS zu schreiben. Es war schon eine Weile her, dass ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Ich hatte es zu verhindern gewusst, dass sie ins Krankenhaus kam und meinem Verfall beiwohnte. Als sie klein war, hatte sie mich immer heiraten wollen. Ich war ihr Märchenprinz gewesen. Doch mit den Jahren hatte die Realität den Mythos abgetragen. Man hatte mich von meinem hohen Ross heruntergeholt, und wenn ich schon nicht versuchte, mich zu verstellen, so wollte ich mich ihr doch wenigstens im besten Licht zeigen. Im Grunde hatte unsere Beziehung seit jeher auch etwas Krankhaftes gehabt, das konnte man allein daran erkennen, dass ich offensichtlich nicht in der Lage war, ihre neue Wohnung, den Ort, an dem sich ihr Leben als erwachsene Frau abspielte, aufzusuchen. Es würde Jahrhunderte dauern, bis ich mich damit abfinden würde, dass meine Kinder groß geworden waren. Man spricht oft davon, dass das Altern ein schwieriger Prozess ist. Ich dagegen hätte endlos altern können, wenn nur meine Kinder aufgehört hätten zu wachsen. Ich verstand nicht, warum dieser Übergang so schwierig für mich war. Wenn ich mir andere Leute anschaute, hatte ich nicht den Eindruck, dass sie die gleichen Probleme hatten. Im Gegenteil, andere Eltern waren oft froh, wenndie Kinder auszogen. Jetzt stehen sie endlich auf eigenen Beinen, hieß es. Es gab diesen Film,
Tanguy – Der Nesthocker
, in dem die Hauptfigur partout nicht von zu Hause ausziehen will und ewig studiert. Mein Sohn hatte es vorgezogen, mit achtzehn ans andere Ende der Welt zu flüchten. So war es irgendwie immer: Wollten die Eltern die Kinder loswerden, hingen die Kinder wie Kletten an den Eltern. Und die, die hingebungsvoll ihre Brut hüteten, hatten Kinder, die früh hinaus in die Freiheit drängten. Ich vermisste meinen Sohn so schrecklich. Und ich hielt es nicht mehr aus, immer nur zu skypen und E-Mails zu schreiben. Seine Nachrichten und diese Gespräche wurden im Übrigen auch immer kürzer. Wir hatten uns nicht viel zu sagen. Die Liebe zwischen einem Vater und seinem Kind drückt sich allerdings nicht in Worten und ausufernden Diskussionen aus. Ich wollte meinen Sohn einfach bei mir haben, ich wollte, dass er nach Hause kam. Es machte nichts, wenn wir den ganzen Tag nicht miteinander redeten, Hauptsache, er war da, das reichte. Hatte ich einen an der Waffel? Keine Ahnung. Ich versuchte nur, meine Gefühle in Worte zu fassen. Und mir wurde immer klarer, was ich eigentlich schon von Anfang an gewusst hatte: Die Trennung von meinen Kindern schmerzte mich sehr. Sie mochte ein ganz normaler, legitimer, menschlicher und biologisch bedingter Schritt sein, aber sie schmerzte mich trotzdem.
    Morgen, hoffte ich, würde es meinem Rücken bestimmt besser gehen, denn ich hatte mich mit meiner Tochter zum Essen verabredet. Ich würde sie in ihr Lieblingsrestaurant einladen,einen Inder, wo das Essen für meinen Geschmack etwas zu scharf war. Ich überlegte schon, ob ich ihr sagen sollte, dass sie ruhig ihren Verlobten mitbringen durfte, aber ich fühlte mich noch nicht dazu bereit. Eine ganze Weile ließ ich mir all die Dinge durch den Kopf gehen, die sie mir in den vergangenen Wochen vorgeworfen hatte. Ich hatte sie schwer enttäuscht, und doch hatte sie sich nie wirklich von mir abgewendet. Sie war immer so liebevoll. Ich schämte mich. Ich hatte ihre Beziehung zu diesem Michel verurteilt, obwohl ich

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