Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
lassen.«
»Tu ich aber nicht. Ich sterbe nämlich fast vor Hunger.«
Eng umschlungen, die Hüften aneinander geschmiegt, setzten sie die Stufen hinunter. Auf halber Treppe gewahrten sie, dass Gracie sich an der Küchentür mit jemandem unterhielt. Andys supergute Laune war wie weggewischt. Eben noch leichtfüßig, fühlte sie spontan eine bleierne Schwere in den Gliedern, die jeden Schritt zur Qual machte. Panik legte sich um ihr Herz, schnürte ihr die Kehle zu.
Sie konnte den Mann nicht sehen, da Gracies Leibesfülle ihn verdeckte, registrierte aber seinen Schopf. Andy kannte nur einen Menschen mit derart feuerrotem Haar: Les Trapper.
8. Kapitel
S ie stolperte gegen Lyon und umklammerte geistesgegenwärtig den Treppenlauf. Falls ihr Boss sie und Lyon in eindeutiger Pose erwischte, würde er schwer misstrauisch werden. Und für sich zu dem Schluss kommen, dass ihre journalistische Objektivität nicht mehr gewährleistet wäre. Das wäre zwar hirnrissig gewesen, aber wer hätte den guten, alten Les vom Gegenteil überzeugen können?
Grundgütiger, wie kam er dazu, sich dauernd in ihr Leben einzumischen? Über sie zu bestimmen, sie zu kritisieren. Was ging es Les an, wen sie liebte? Andererseits war ihre Liebesnacht mit Lyon eine heikle Angelegenheit. Sie würde Les Anlass geben, an ihrer Professionalität zu zweifeln. Schöner Mist! Um derartigen Mutmaßungen gar nicht erst Anlass zu bieten, blieb ihr mithin nichts anderes übrig, als die absolute Vollblutreporterin heraushängen zu lassen. Und zwar schleunigst. Lyon würde das sicherlich verstehen, auch ohne weitschweifige Erklärung.
Statt lange zu überlegen, schob sie seinen Arm weg und lief hastig die letzten Stufen hinunter. »Les!«, rief sie katzenfreundlich.
Er erspähte sie über Gracies fleischige Schulter
hinweg und trat einen Schritt neben die Haushälterin, um Andy zu begrüßen. Sie stürzte sich in seine ausgebreiteten Arme, woraufhin er sie kurzerhand auf den Mund küsste. Würde er Lyon dort schmecken, überlegte sie panisch.
»Andy-Maus, meine Güte, hab ich dich vermisst, Süße«, rief er. Er zog sie stürmisch in seine Arme.
»Ich dich auch.« In letzter Zeit schwindelte sie sich mehr oder weniger durchs Leben, seufzte sie insgeheim. Sie schälte sich aus seiner Umarmung. Hoffentlich stimmte ihn das nicht argwöhnisch! »Was machst du denn hier? Und schon so früh am Morgen?«
»Ich hab den letzten Flieger von Nashville genommen und bin heute Nacht in San Antonio gelandet. Von dort bin ich mit dem Wagen weitergefahren.«
»Und jetzt möchten Sie sicher alle Kaffee.« Gracie klang regelrecht patzig. Sie musterte Les unverhohlen abschätzig.
»Ja, bitte, Gracie«, drang von der Treppe her eine tiefe Stimme zu ihnen.
Les’ Rotschopf schnellte hoch. Sein Blick schoss zu den Stufen, wo er den jungen Rancher erst jetzt bemerkte. Schwer beeindruckt verfolgte Andy, wie Lyon geschmeidig und selbstbewusst die Stufen hinuntersetzte. Er verströmte das gesunde Selbstvertrauen eines erfolgreichen Mannes, auch ohne Businessanzug, Weste und Krawatte. Stattdessen trug er ausgeblichene Jeans, hatte die Ärmel seines Baumwollhemds
hochgekrempelt und entblößte seine starken Arme. Arme, die sie noch vor kurzem innig umschlungen hatten. Sein tiefdunkles Haar glänzte im Sonnenlicht, das durch die Fensterscheiben drang. Obschon frisch gebürstet, wellte es sich bereits wieder jungenhaft ungebändigt.
Andy hörte, wie Gracie in Richtung Kaffeemaschine schlurfte, ließ aber die beiden Männer nicht aus den Augen, die einander abwartend gegenüberstanden und sich gegenseitig mit feindseligen Blicken taxierten. Lyon war der Größere, sportlicher und trainierter, Les hingegen ein ausgebuffter, mit allen Wassern gewaschener Verbalstratege.
Sie waren sich auf Anhieb unsympathisch, stellte Andy fest. Zumal die Luft im Raum ob der Spannungen zu knistern schien. Sie räusperte sich unbehaglich, ehe sie anhob: »Ly… Mr. Ratliff, das ist Les Trapper, mein Producer. Les, Lyon Ratliff.«
Lyon stieg die letzte Stufe hinunter, gab dem Gast aber nicht die Hand. »Mr. Trapper«, meinte er statt einer förmlichen Begrüßung.
»Lyon.« Dass er seinen Gastgeber lässig locker mit dem Vornamen anredete, sollte ein Affront sein, und genau so fasste Lyon es auch auf. Andy sah, dass er innerlich tobte, jedoch mühsam versuchte, sich zu kontrollieren. »Danke, dass Sie auf meine Andy aufgepasst haben.« Les legte mit besitzergreifender Beschützergeste einen Arm um
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