Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
ihre Schultern. Als wäre sie sein persönliches Eigentum, dieser Aufschneider!
Lyons rauchgraue Augen bohrten sich wie Laser in die ihren. Am liebsten hätte sie laut aufgejault und protestiert: Nein, nein, Lyon, das hat alles nichts mit letzter Nacht zu tun. Glaub das bloß nicht!
»Ms. Malone macht auf mich den Eindruck, als könnte sie sehr gut auf sich selbst aufpassen.«
»Das kann sie«, bekräftigte Les grinsend. »Immerhin hat sie Sie und Ihren Vater davon überzeugt, dass sie ihr Interview bekommt. Das haben etliche versucht und sind gescheitert. Im Übrigen hab ich gute Nachrichten. Ein Sender hat Wind von dem Projekt bekommen und angeboten, unserem Kabelunternehmen die gesamte Reihe abzukaufen, mit allem Drum und Dran.«
Andy drehte sich verblüfft zu ihm um. »Du machst wohl Witze?«
»Nein.« Les lachte. Seine blauen Augen hinter den dicken Brillengläsern blitzten auf. »Natürlich möchte man zunächst die Interviews sehen, bevor ein verbindliches Angebot abgegeben wird, aber man ist sehr interessiert. Unser Management ist bereit zu dem Deal, sofern die Bedingungen stimmen.«
Und wieso führte sie dann nicht spontan einen Freudentanz auf, überlegte Andy ratlos. Es war immer ihr Traum gewesen, groß rauszukommen. Und jetzt sah es ganz so aus, als würde sich ihr Wunsch endlich erfüllen. Dafür hatte sie doch jahrelang geschuftet, gehofft und gezittert. Merkwürdig, dass sich ihre Begeisterung dermaßen in Grenzen hielt.
Les musterte sie forschend. Spiel deine Rolle, Andy. Lass dir bloß nichts anmerken. Sie warf die Arme um seinen Nacken und drückte ihn stürmisch. »Oh, Les, das ist genial!«, rief sie und hoffte, dass es für ihn überzeugender klang als für sie selbst.
»Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen«, warf Lyon mühsam kontrolliert ein. Hoch erhobenen Hauptes stapfte er durch die Küchentür zu Gracie. Andy war klar, dass Les sie unentwegt beobachtete. Folglich wähnte sie sich auf der sicheren Seite, wenn sie Lyon nicht betreten hinterherschaute. Zumal sie den starken Impuls niederkämpfen musste, ihm zu folgen. Später, wenn das hier vorbei ist, werde ich ihm alles erklären. Er wird meinen Standpunkt verstehen, garantiert.
Les schnippte mit den Fingern vor ihrer Nase herum. »Hey, schon vergessen, dass ich hier bin?«
Sie nötigte sich zu einem Lächeln und hatte dabei das Gefühl, als müsste ihr Gesicht jeden Augenblick zerspringen. »Wie wär’s mit einem Kaffee?«, sagte sie strahlend. Lyons Beispiel folgend, drehte sie sich in Richtung Küchentür um.
»Nicht so schnell.« Les packte sie am Arm und wirbelte sie herum. »Was ist hier los?«
»W… was soll hier los sein? Wie meinst du das?« Hoffentlich wirkte ihre perplexe Miene halbwegs überzeugend auf ihn.
»Irgendwas stimmt doch hier nicht. Ich möchte wissen, was Sache ist.«
»Mensch, Les, du bildest dir bloß was ein«, gab sie alarmiert zurück. Er durfte unter gar keinen Umständen etwas merken oder Mutmaßungen anstellen. »Was soll denn nicht stimmen?«
»Keine Ahnung«, meinte er gedehnt. Und fixierte sie mit Röntgenblick. »Aber ich habe mir fest vorgenommen, es herauszufinden. Als du die Treppe herunterkamst, beispielsweise. Wieso hast du da plötzlich ein Gesicht gemacht, als hättest du einen Geist gesehen, hm? So ein Verhalten ist völlig untypisch für dich. Ich find’s ja supertoll, wenn du sprachlos bist über unser unverhofftes Wiedersehen, aber irgendetwas ist da faul …«
»Les, also hör mal, das geht echt zu weit. Seit wir hier stehen, erzählst du mir einen vom Pferd. Und ziehst irgendwelche haltlosen Schlüsse.«
»Verdammt noch mal, alles bloß Zufälle, stimmt’s? Leide ich etwa unter Halluzinationen oder was?«
Die Antwort wurde ihr gottlob erspart, da Jeff sich durch die Küchentür schob. »He, Les! Gracie hat mir schon erzählt, dass du da bist. Muss echt ’ne Mordssache sein, wenn du dich von dem Müllhaufen abseilst, den du hochtrabend als Schreibtisch bezeichnest.«
Woraufhin Les ihm das Wie und Warum seines außerplanmäßigen Auftauchens darlegte. Andy war sonnenklar, dass er sich seine Argumentation aus den Fingern saugte. Er war nur aus einem einzigen Anlass hergekommen: um sie zu bespitzeln.
Sie war erleichtert, dass Lyon nicht mit ihnen zusammen frühstückte. Angeblich war er schon irgendwo auf der Ranch beschäftigt, als sie, Les und Jeff sich im Esszimmer zum Rest der Crew gesellten. Bei Gracies reichhaltigem Frühstück diskutierten sie ihr angepeiltes
Weitere Kostenlose Bücher