Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
einer Zwangsjacke gesteckt. Doch nachdem sie wieder in ihr Sommerkleid geschlüpft war, merkte sie, dass ihre Anspannung durchaus nicht mit ihrer Garderobe zusammenhing, sondern mit ihrer körperlichen Befindlichkeit. Sie spürte einen glühenden Schmerz, als würde ihr eine wilde Bestie sämtliche Organe aus dem Brustkorb herausreißen, ihr langsam, aber unaufhaltsam das Leben abpressen.
Sie stellte sich ans Fenster, von wo aus sie die atemberaubende Landschaft betrachtete. Und eigentümlicherweise keinerlei Ähnlichkeit mehr mit der Frau empfand, die vor ein paar Tagen hierher gekommen war und das erste Mal aus diesem Fenster geschaut hatte. Diese Frau existierte nicht mehr.
Die neue Andy Malone gab es erst seit wenigen
Stunden. Und die mochte nicht mehr in ihr früheres Leben zurück. In die Einsamkeit, die tristen Motelzimmer, in die leere Wohnung mit den hastigen, lieblos zubereiteten Mahlzeiten. Ihr Bild von der gefeierten Starmoderatorin, die sich zur besten Sendezeit im Rampenlicht der TV-Shows sonnte, verblasste gegen das glutvolle Feuer von Lyons Zärtlichkeiten. Zum ersten Mal in ihrer Karriere fand sie ihren beruflichen Ehrgeiz nicht beflügelnd, sondern maßlos störend. Eine bedrückende Last, die sie liebend gern abgeschüttelt hätte.
»Ich würd was dafür geben, wenn ich deine Gedanken wüsste.« Ohne vorheriges Klopfen betrat Les den Raum, steuerte auf das Fenster zu, fasste ihre Hand und führte sie zu dem breiten Bett. Sie setzte sich auf den Rand und sträubte sich nicht dagegen, als er ihr mit seinen feingliedrigen Fingern den Nacken massierte. »Also, was sind sie dir wert?«
»Eine ganze Menge.«
»Dann müssen sie positiv sein.«
»Nein, nicht unbedingt positiv.«
»Möchtest du darüber reden?«
»Vielleicht später. Jetzt noch nicht.«
»Es bricht mir das Herz, weißt du das?«
Sie drehte den Kopf zu ihm, musterte ihn skeptisch. Offen gestanden vermochte sie sich nicht vorzustellen, dass ihr unsensibler Boss jemals an einem gebrochenen Herzen leiden könnte. »Was bricht dir das Herz?«
»Dass du mir nicht mehr vertraust. Himmel, Andy, ich hab echt geglaubt, wir wären ein Team. Nach dem, was wir zusammen durchgemacht haben. Roberts tragischer Tod. Und das alles.« Er knetete ihr manipulativ den Nacken, und sie ließ das Kinn auf die Brust sinken und schloss die Augen. »Hat es mit Robert zu tun? Vermisst du ihn immer noch so sehr?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht, Les.« Unvermittelt stellte sie ihm die Frage, die ihr seit Jahren auf den Lippen brannte: »Wusstest du, dass er fremdgegangen ist?«
Für eine lange Weile blieben seine Hände reglos auf ihren Schultern liegen. Dann setzte er die Massage fort. »Ja. Allerdings hatte ich null Ahnung, dass du davon wusstest. Das war das Einzige, worüber Robert und ich uns jemals gefetzt haben. Ich hab ihn mächtig zusammengestaucht, als ich davon Wind bekam.«
»Besser, du hättest es auf sich beruhen lassen. Es lag sicher nicht nur an ihm. Es« – sie schluckte – »es war nie besonders toll für uns beide.«
»Vielleicht war er der Falsche für dich.« Wieder verharrten die Hände.
Andy hob die Lider und traf auf seinen hartnäckig forschenden Blick. Seine Augen stellten die hinlänglich bekannte Frage, und sie schüttelte den Kopf.
»Nein, Les.«
Er zuckte wegwerfend mit den Achseln und fuhr
fort, mit den Daumen ihre Halsmuskulatur zu kneten. »War ja bloß ein Versuch. Ich hatte schon immer eine Schwäche für dich, Süße. Na wenn schon, vielleicht bist du im Bett ja grottenschlecht.«
Sie lachte befreit. »Danke für das Kompliment, Kumpel.«
»Du würdest jedenfalls nicht enttäuscht. Nicht, wenn wir vorher die Wackelpudding-Nummer durchgezogen hätten.«
Sie giggelte los, heilfroh, dass sie wieder sicheres Terrain unter den Füßen hatte. Seine blöden Späße konnte sie parieren. Damit kam sie klar. Anders als mit ihren persönlichen Problemen, die sich eindeutig um Lyon drehten.
»Die Wackelpudding-Nummer?«
»Sag bloß nicht, dass du die noch nie ausprobiert hast!« Dabei umschlossen seine Hände warm ihre Schultern, und er beugte sich zu ihr hinunter, kitzelte mit seinem Atemhauch ihren Nacken. »Ich erklär dir gern, wie’s geht.«
»Das dachte ich mir«, versetzte sie trocken.
»Also, alles zieht sich nackt aus, okay? Dann füllst du die Badewanne mit glibbrig-geiler Götterspeise.« Sie prustete los, zum einen über sein Wortspiel, und zum anderen, weil er hingebungsvoll an ihrem
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